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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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ungspunkte zu benutzen, um das Land an das Königreich zu fesseln, es mit
ihm zu amalgnmiren und so die für gelegenere Zeiten ausgehöhlte formelle
Einverleibung durch eine factische vorzubereiten. Man hält Schleswig im
Bann der Gesammtstaatsverfassung fest, nachdem man Holstein -- von Seiten
der Eiderdänen nicht ungern--aus demselben entlassen. Man versucht es mit
der Lockspeise von fern gezeigter dänischer Freiheit aus seiner oppositionellen
Stellung heraus zu ködern. Man octroyirt ihm die dänische Sprache in Kirche,
Schule, Gericht und Medicin. Man sendet in Gestalt von Beamten. Pasto¬
ren und Aerzten Apostel des Dänenthums ins Land, zu verheißen, zu drohen,
zu strafen. Man zwingt seiner studirenden Jugend dänische Lehrer, eine
dänische Universität auf. Nur die Herzen konnte man bis jetzt noch nicht
dänisch machen, nur die deutsche Zähigkeit und Ausdauer noch nicht ermüden.

steter Tropf hostel den Stein! hoffen die Dänen. steter Tropf hostel
den Stein! schallt es aus den Reichen der Deutschen zurück.

"Es sind jetzt sieben Jahre verflossen." sagt eine vor Kurzem erschienene
Flugschrift des jetzigen Ministers für Holstein von der Sprachsache und das¬
selbe gilt von dem ganzen Danistrungswerk in Schleswig, "seit die sprach¬
lichen Verfügungen erschienen. Der Beamtenstand ist nicht, wie damals (in
der Zeit vor der Erhebung von 1843) gegen, sondern für die Neuerung ge¬
wesen, hat jiogar zum großen Theil aus allen Kräften für dieselbe gearbeitet.
Die Regierung hat sich trotz Petitionen und ständischer Majorität nicht beirren
lassen, sondern ist, wie damals, aus dem einmal betretenen Wege fortgeschrit¬
ten. Die politischen Agitationen sind, wenn sie allerdings auch stattgefunden
haben, doch mehr und mehr in Abnahme gewesen und können um so weniger
als alleiniges oder auch nur als Haupthinderniß der gehofften Verbesserung
gelten, als die an der Spitze der antidänischen Bewegung stehenden Männer
zum Theil zu Sr. Majestät treuesten Dienern zählen. Dennoch aber stehn
jetzt die Sachen so, daß das ganze in den verflossenen sieben Jahren so müh¬
sam und mit soviel Aufwand von Energie (soll heißen tyrannischer Gewalt),
Thätigkeit und Consequenz aufgeführte Sprachgebäude höchst wahrscheinlich in
sieben Tagen spurlos verschwunden sein würde, sobald der Zwang aufhörte."

Ein dänischer Minister, der in dieser Weise über Schleswig urtheilt, ist
jedenfalls ein sicherer und unverfänglicher Gewährsmann. Gewiß, nicht blos
das Sprachgebände, sondern das ganze System, von dem es einen Theil
bildet, würde zusammenbrechen, wenn der Zwang aufhörte. An uns aber ist
es, ihn aufhören zu machen.




ungspunkte zu benutzen, um das Land an das Königreich zu fesseln, es mit
ihm zu amalgnmiren und so die für gelegenere Zeiten ausgehöhlte formelle
Einverleibung durch eine factische vorzubereiten. Man hält Schleswig im
Bann der Gesammtstaatsverfassung fest, nachdem man Holstein — von Seiten
der Eiderdänen nicht ungern—aus demselben entlassen. Man versucht es mit
der Lockspeise von fern gezeigter dänischer Freiheit aus seiner oppositionellen
Stellung heraus zu ködern. Man octroyirt ihm die dänische Sprache in Kirche,
Schule, Gericht und Medicin. Man sendet in Gestalt von Beamten. Pasto¬
ren und Aerzten Apostel des Dänenthums ins Land, zu verheißen, zu drohen,
zu strafen. Man zwingt seiner studirenden Jugend dänische Lehrer, eine
dänische Universität auf. Nur die Herzen konnte man bis jetzt noch nicht
dänisch machen, nur die deutsche Zähigkeit und Ausdauer noch nicht ermüden.

steter Tropf hostel den Stein! hoffen die Dänen. steter Tropf hostel
den Stein! schallt es aus den Reichen der Deutschen zurück.

„Es sind jetzt sieben Jahre verflossen." sagt eine vor Kurzem erschienene
Flugschrift des jetzigen Ministers für Holstein von der Sprachsache und das¬
selbe gilt von dem ganzen Danistrungswerk in Schleswig, „seit die sprach¬
lichen Verfügungen erschienen. Der Beamtenstand ist nicht, wie damals (in
der Zeit vor der Erhebung von 1843) gegen, sondern für die Neuerung ge¬
wesen, hat jiogar zum großen Theil aus allen Kräften für dieselbe gearbeitet.
Die Regierung hat sich trotz Petitionen und ständischer Majorität nicht beirren
lassen, sondern ist, wie damals, aus dem einmal betretenen Wege fortgeschrit¬
ten. Die politischen Agitationen sind, wenn sie allerdings auch stattgefunden
haben, doch mehr und mehr in Abnahme gewesen und können um so weniger
als alleiniges oder auch nur als Haupthinderniß der gehofften Verbesserung
gelten, als die an der Spitze der antidänischen Bewegung stehenden Männer
zum Theil zu Sr. Majestät treuesten Dienern zählen. Dennoch aber stehn
jetzt die Sachen so, daß das ganze in den verflossenen sieben Jahren so müh¬
sam und mit soviel Aufwand von Energie (soll heißen tyrannischer Gewalt),
Thätigkeit und Consequenz aufgeführte Sprachgebäude höchst wahrscheinlich in
sieben Tagen spurlos verschwunden sein würde, sobald der Zwang aufhörte."

Ein dänischer Minister, der in dieser Weise über Schleswig urtheilt, ist
jedenfalls ein sicherer und unverfänglicher Gewährsmann. Gewiß, nicht blos
das Sprachgebände, sondern das ganze System, von dem es einen Theil
bildet, würde zusammenbrechen, wenn der Zwang aufhörte. An uns aber ist
es, ihn aufhören zu machen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/470>, abgerufen am 04.07.2024.