Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.dem Convent der republikanischen Partei zu Chicago auf den Senator Be¬ Aus einem Privatbriefe aus Nordamerika entnehmen wir folgende Mit¬ Auf dem Convent zu Baltimore hatte die demokratische Partei den Herrn Der gemeinsame Kampf gegen das Mutterland war für die ehemaligen Bei der Fortdauer dieser Agitation, ist es kaum zu bezweifeln, daß die dem Convent der republikanischen Partei zu Chicago auf den Senator Be¬ Aus einem Privatbriefe aus Nordamerika entnehmen wir folgende Mit¬ Auf dem Convent zu Baltimore hatte die demokratische Partei den Herrn Der gemeinsame Kampf gegen das Mutterland war für die ehemaligen Bei der Fortdauer dieser Agitation, ist es kaum zu bezweifeln, daß die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0441" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110247"/> <p xml:id="ID_1316" prev="#ID_1315"> dem Convent der republikanischen Partei zu Chicago auf den Senator Be¬<lb/> warb fallen werde; derselbe erhielt auch im ersten Scrutinwm 173 und im<lb/> zweiten 184 Stimmen, während Abraham Lincoln nur 102 und 181 Stimmen<lb/> zufielen. Bei beiden Abstimmungen hatte keiner die absolute Mehrheit erhalten.<lb/> Als indeß das dritte Scrutinium eröffnet wurde, schlug ein Dclegirter des Staats<lb/> Newyork vor. die Stimmen auf Herrn Lincoln zu vereinigen. Dieser Vorschlag<lb/> fand Anklang und „Lincoln" wurde einstimmig gewählt. In Washington<lb/> verursachte diese Wahl eine so große Aufregung, daß im Repräsentantenhnuse<lb/> die Geschäfte einige Minuten lang suspendirt wurden. Der Senator Douglas<lb/> und seine Freunde erklärten sie für den schwersten Schlag, den die demokratische<lb/> Partei bis jetzt erlitten habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1317"> Aus einem Privatbriefe aus Nordamerika entnehmen wir folgende Mit¬<lb/> theilungen über die Laufbahn des designirter Präsidentschaftscandidaten: „Abra¬<lb/> ham Lincoln, unser nächster republikanischer Präsidentschaftscanditat, war noch<lb/> mit dem zwanzigsten Jahre Farmersknecht, pflügte und spaltete Zaunspfähle,<lb/> später war er Nnderknecht auf einem Flatbvat, dann hatte er einen kleinen<lb/> Countrystore, befleißigte sich des Lesens und Schreibens bei einem Lehrer, kaufte<lb/> sich juristische Bücher, faßte sie mit seinem ausgezeichneten Gedächtniß gut und<lb/> richtig, trat als Advocat vor die Schranken, bekam durch sein Rednertalent<lb/> große Praxis, wurde in die Legislatur, als Senior gewählt, und jetzt mit 55<lb/> Jahren ist derselbe Mann in der Chicagonominativn einstimmig gewählt<lb/> als nächster republikanischer Präsidentschaftscandidat und wird es auch nach<lb/> allem Anschein werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_1318"> Auf dem Convent zu Baltimore hatte die demokratische Partei den Herrn<lb/> John Bell von Tennessee als Präsidentschaftscandidat und Herrn Edward Everett<lb/> von Massachusetts als Vicepräsident gewählt. Auf einem am 22. Mai in<lb/> Newyork stattgehabten, zahlreich besuchten, demokratischen Meeting wurden indeß<lb/> Resolutionen angenommen, welche sich für Senator Douglas als Präsident¬<lb/> schaftscandidaten aussprachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1319"> Der gemeinsame Kampf gegen das Mutterland war für die ehemaligen<lb/> dreizehn Provinzen, die sich bis dahin fern gestanden hatten, die Veranlassung<lb/> zum Bunde. Ein Hauptinteresse, nämlich das der Unabhängigkeit, ließ alle<lb/> Separatinteressen leicht übersehn. Seitdem ist das Gefühl der Sicherheit allen<lb/> Theilen zur Gewohnheit geworden, und der Süden fängt an. bei der Ungleich¬<lb/> heit selner fernern Entwicklung sich in dem Bunde in manchem Betracht un¬<lb/> behaglich zu fühlen. Die gegenseitige Erbitterung geht raschen Schritts<lb/> vor sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1320" next="#ID_1321"> Bei der Fortdauer dieser Agitation, ist es kaum zu bezweifeln, daß die<lb/> Union auf die Dauer nicht erhalten bleiben kann. Nach neuern Nachrichten<lb/> waren in Washington bereits Flüchtlinge aus dem Süden eingetroffen, man-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0441]
dem Convent der republikanischen Partei zu Chicago auf den Senator Be¬
warb fallen werde; derselbe erhielt auch im ersten Scrutinwm 173 und im
zweiten 184 Stimmen, während Abraham Lincoln nur 102 und 181 Stimmen
zufielen. Bei beiden Abstimmungen hatte keiner die absolute Mehrheit erhalten.
Als indeß das dritte Scrutinium eröffnet wurde, schlug ein Dclegirter des Staats
Newyork vor. die Stimmen auf Herrn Lincoln zu vereinigen. Dieser Vorschlag
fand Anklang und „Lincoln" wurde einstimmig gewählt. In Washington
verursachte diese Wahl eine so große Aufregung, daß im Repräsentantenhnuse
die Geschäfte einige Minuten lang suspendirt wurden. Der Senator Douglas
und seine Freunde erklärten sie für den schwersten Schlag, den die demokratische
Partei bis jetzt erlitten habe.
Aus einem Privatbriefe aus Nordamerika entnehmen wir folgende Mit¬
theilungen über die Laufbahn des designirter Präsidentschaftscandidaten: „Abra¬
ham Lincoln, unser nächster republikanischer Präsidentschaftscanditat, war noch
mit dem zwanzigsten Jahre Farmersknecht, pflügte und spaltete Zaunspfähle,
später war er Nnderknecht auf einem Flatbvat, dann hatte er einen kleinen
Countrystore, befleißigte sich des Lesens und Schreibens bei einem Lehrer, kaufte
sich juristische Bücher, faßte sie mit seinem ausgezeichneten Gedächtniß gut und
richtig, trat als Advocat vor die Schranken, bekam durch sein Rednertalent
große Praxis, wurde in die Legislatur, als Senior gewählt, und jetzt mit 55
Jahren ist derselbe Mann in der Chicagonominativn einstimmig gewählt
als nächster republikanischer Präsidentschaftscandidat und wird es auch nach
allem Anschein werden."
Auf dem Convent zu Baltimore hatte die demokratische Partei den Herrn
John Bell von Tennessee als Präsidentschaftscandidat und Herrn Edward Everett
von Massachusetts als Vicepräsident gewählt. Auf einem am 22. Mai in
Newyork stattgehabten, zahlreich besuchten, demokratischen Meeting wurden indeß
Resolutionen angenommen, welche sich für Senator Douglas als Präsident¬
schaftscandidaten aussprachen.
Der gemeinsame Kampf gegen das Mutterland war für die ehemaligen
dreizehn Provinzen, die sich bis dahin fern gestanden hatten, die Veranlassung
zum Bunde. Ein Hauptinteresse, nämlich das der Unabhängigkeit, ließ alle
Separatinteressen leicht übersehn. Seitdem ist das Gefühl der Sicherheit allen
Theilen zur Gewohnheit geworden, und der Süden fängt an. bei der Ungleich¬
heit selner fernern Entwicklung sich in dem Bunde in manchem Betracht un¬
behaglich zu fühlen. Die gegenseitige Erbitterung geht raschen Schritts
vor sich.
Bei der Fortdauer dieser Agitation, ist es kaum zu bezweifeln, daß die
Union auf die Dauer nicht erhalten bleiben kann. Nach neuern Nachrichten
waren in Washington bereits Flüchtlinge aus dem Süden eingetroffen, man-
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