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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Connnissionshüuser und indirect durch sie fast alle Zweige kaufmännischer
Thätigkeit sind in gleichem Maße an der Prosperität des Baumwollenmarktes
betheiligt. Diese haben aber alte ihre directen mannigfachen Beziehungen zum
Süden, und wagen wegen ihres wirklichen, oft auch eingebildeten Vortheils nicht
in Collision mit den Bewohnern desselben zu gerathen. Der Großhandel,
seiner Natur nach schon conservativ, thut im vorliegenden Falle Alles, um
jede Reibung mit den Sklavenhaltern zu vermeiden, und da er bei ihnen telum
Anstoß erregen will, so muß er ihnen einfach nachgeben. Für die Gegner
der Sklavenhalter ist dies Verhältniß von doppeltem Nachtheil, denn es wird
den großen Handelsplätzen des Ostens und den von ihnen abhängigen Theilen
des Binnenlandes der Einfluß entzogen, den Reichthum und politische Macht
erzeugen, und den Sklavenhaltern zugebracht.

Einen letzten Sieg von besonderer Wichtigkeit brachte den Sklavenhaltern
eine Entscheidung des obersten Gerichtshofs des Bundes vom 6. März 1857,
welche in der Sache des Negers Dred Scott gefällt wurde. Dieser Neger
war von seinem Herrn vor langen Jahren in den Staat Illinois mitgenom¬
men worden, wo die Sklaverei verboten ist, und hielt sich deshalb für frei.
Das Obergericht entschied aber anders und sprach dem Herrn ein Eigenthums¬
recht an dem armen Menschen zu: "weil die Heiligkeit des Eigenthums vom
Bunde gewährleistet sei, so daß die Sklaverei in keinem Bundesgebiet verboten
werden dürfe und jeder Bürger eines südlichen Staats, der sich im Norden
mit Sklaven niederlasse, in seinem Eigenthum geschützt werden müsse."

Die Gegner der Sklavenhalter, die Republikaner, ließen sich indeß in den
letztern Jahren durch diese Niederlagen, die ihnen in der Gesetzgebung und
durch die Justiz bereitet wurden, nicht entmuthigen. In Newyork bildete sich
eine Gesellschaft mit zwei Millionen Dollars Capital zu dem Zwecke, in Vir-
ginien aufgegebene Ländereien zu besiedeln und mit freien Arbeitern zu be¬
setzen. Durch solche Niederlassungen in Sklavenstaaten wollte man dahin
gelangen, den Sklavenhaltern in ihren festen Burgen die Herrschaft zu ent¬
reißen und von den einzelnen Gesetzgebungen der südlichen Gebiete die Ab¬
schaffung der Sklaverei beschließen zu lassen. Man suchte ferner ein Bünd-
niß zu schließen mit den in den Sklavenstaaten lebenden ärmeren Weißen,
welche gegen die sie beherrschenden Sklavenhalter im Allgemeinen nicht günstig
gestimmt sind, um so ihren Gegnern, den verbündeten Sklavenhaltern und
Demokraten, durch eine neue Bewegung gegen die Sklaverei den Besitz der
Macht zu entreißen.

Nach der letzten Präsidentenwahl, dnrch welche der Demokrat und Freund
der Sklavenhalter Buchanan gewählt ward, schrieb Hindon R. Helper, der
Enkel eines eingewanderten Deutschen und in Nordcarolina geboren, ein Buch:
"Die drohende Krisis des Südens," worin er den Beweis führt, daß der


Connnissionshüuser und indirect durch sie fast alle Zweige kaufmännischer
Thätigkeit sind in gleichem Maße an der Prosperität des Baumwollenmarktes
betheiligt. Diese haben aber alte ihre directen mannigfachen Beziehungen zum
Süden, und wagen wegen ihres wirklichen, oft auch eingebildeten Vortheils nicht
in Collision mit den Bewohnern desselben zu gerathen. Der Großhandel,
seiner Natur nach schon conservativ, thut im vorliegenden Falle Alles, um
jede Reibung mit den Sklavenhaltern zu vermeiden, und da er bei ihnen telum
Anstoß erregen will, so muß er ihnen einfach nachgeben. Für die Gegner
der Sklavenhalter ist dies Verhältniß von doppeltem Nachtheil, denn es wird
den großen Handelsplätzen des Ostens und den von ihnen abhängigen Theilen
des Binnenlandes der Einfluß entzogen, den Reichthum und politische Macht
erzeugen, und den Sklavenhaltern zugebracht.

Einen letzten Sieg von besonderer Wichtigkeit brachte den Sklavenhaltern
eine Entscheidung des obersten Gerichtshofs des Bundes vom 6. März 1857,
welche in der Sache des Negers Dred Scott gefällt wurde. Dieser Neger
war von seinem Herrn vor langen Jahren in den Staat Illinois mitgenom¬
men worden, wo die Sklaverei verboten ist, und hielt sich deshalb für frei.
Das Obergericht entschied aber anders und sprach dem Herrn ein Eigenthums¬
recht an dem armen Menschen zu: „weil die Heiligkeit des Eigenthums vom
Bunde gewährleistet sei, so daß die Sklaverei in keinem Bundesgebiet verboten
werden dürfe und jeder Bürger eines südlichen Staats, der sich im Norden
mit Sklaven niederlasse, in seinem Eigenthum geschützt werden müsse."

Die Gegner der Sklavenhalter, die Republikaner, ließen sich indeß in den
letztern Jahren durch diese Niederlagen, die ihnen in der Gesetzgebung und
durch die Justiz bereitet wurden, nicht entmuthigen. In Newyork bildete sich
eine Gesellschaft mit zwei Millionen Dollars Capital zu dem Zwecke, in Vir-
ginien aufgegebene Ländereien zu besiedeln und mit freien Arbeitern zu be¬
setzen. Durch solche Niederlassungen in Sklavenstaaten wollte man dahin
gelangen, den Sklavenhaltern in ihren festen Burgen die Herrschaft zu ent¬
reißen und von den einzelnen Gesetzgebungen der südlichen Gebiete die Ab¬
schaffung der Sklaverei beschließen zu lassen. Man suchte ferner ein Bünd-
niß zu schließen mit den in den Sklavenstaaten lebenden ärmeren Weißen,
welche gegen die sie beherrschenden Sklavenhalter im Allgemeinen nicht günstig
gestimmt sind, um so ihren Gegnern, den verbündeten Sklavenhaltern und
Demokraten, durch eine neue Bewegung gegen die Sklaverei den Besitz der
Macht zu entreißen.

Nach der letzten Präsidentenwahl, dnrch welche der Demokrat und Freund
der Sklavenhalter Buchanan gewählt ward, schrieb Hindon R. Helper, der
Enkel eines eingewanderten Deutschen und in Nordcarolina geboren, ein Buch:
»Die drohende Krisis des Südens," worin er den Beweis führt, daß der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/435>, abgerufen am 25.07.2024.