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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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antwortet die Executive mit einer neuen Verfolgung, als wenn ihr die über
die ganzen Vereinigten Staaten ausgestreute Zwietracht und Corruption nicht
genügt Hütte.

Die Zeit, welche unmittelbar auf das Kompromiß von 1850 folgte, war
arm an hervorstechenden Ereignissen. Der Grund für diese scheinbare Ruhe
lag theilweise in der Ermüdung der Parteien, theilweise in den Vorbereitungen
zur Präsidentenwahl von 1852, welche bald alle Thätigkeit der Politiker in
Anspruch nahm. Pierce. eine bisher den meisten Wählern, selbst dem Namen
nach, unbekannte Größe, war das Product dieser Wahl. Er wurde mit einer
seit Jacksons Zeiten nicht erlebten Majorität, von den Sklavenhaltern des
Südens in Verbindung mit den Demokraten des Nordens, zum 14. Präsi¬
denten der Vereinigten Staaten gewählt. In seine Zeit füllt die Eröffnung des
33. Congresses vom 5. December 1853. Es lagen demselben verschiedene wich¬
tige Fragen zur Entscheidung vor. welche aufs Engste mit den Interessen und
der Entwicklung der Union verknüpft waren. Dahin gehörte vor Allem die
Pacificeisenbcchn und die Heimstätte-Bill. Der Kongreß aber war weit ent¬
fernt eine einzige dieser offenen Fragen näher zu berühren; er hat sich zu
nichts Zeit genommen, als die Sklaverei wieder in den Vordergrund zu drängen.
Der alte Streit wurde durch die Nebrascabill wieder begonnen und das
ganze Land in neue Aufregung versetzt. Denn die Nebrascabill hatte keinen
andern Zweck als Aufhebung des Missouricompromisses, nämlich die Ein¬
führung der Sklaverei in die gesetzlich freien, nordwestlichen
Gebiete.

Durch die neuen Erwerbungen aus dem mexicanischen Kriege, durch die
Organisation der Gebiete Oregon und Minnesota besaßen die freien Staaten
seit 1850 mehr Land und mehr Aussicht auf Stimmen im CongreH, als die
Sklaven haltenden Staaten, desto erbitterter kümpften also deren Vertreter für
das alte Gleichgewicht oder vielmehr für ihr Uebergewicht in der Gesammt-
rcgierung. Der achte Paragraph des Missouricompromisses verbot für immer
die Sklaverei in allen Theilen von Louisiana, welche nördlich vom 36. 30.
Breitengrade liegen. Wie früher Illinois, Jndiana, Wisconsin und Iowa, so
füllt auch Nebrasca in diese Kategorie. Die Nebrascabill verlangte nun aber
die Aushebung dieses Paragraphen, weil er durch die leitenden Principien der
Gesetzgebung von 1850 unwirksam geworden sei; sie wollte mit anderen Wor¬
ten und auf Umwegen der Sklaverei den Weg nach Nebrasca bahnen.

Douglas sagte: das Missouricompromiß müßte für unwirksam und nichtig
erklürt werden, weil es mit dem seit dem Compromiß von 1850 anerkannten
Principe der Nichtintervention des Congresses in die Sklavenangelegenheiten
der Territorien und Staaten unverträglich sei. Es handelte sich nun darum,
das für Neumexico und Utah in der Sklavenfrage 1850 erlassene Gesetz auch


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antwortet die Executive mit einer neuen Verfolgung, als wenn ihr die über
die ganzen Vereinigten Staaten ausgestreute Zwietracht und Corruption nicht
genügt Hütte.

Die Zeit, welche unmittelbar auf das Kompromiß von 1850 folgte, war
arm an hervorstechenden Ereignissen. Der Grund für diese scheinbare Ruhe
lag theilweise in der Ermüdung der Parteien, theilweise in den Vorbereitungen
zur Präsidentenwahl von 1852, welche bald alle Thätigkeit der Politiker in
Anspruch nahm. Pierce. eine bisher den meisten Wählern, selbst dem Namen
nach, unbekannte Größe, war das Product dieser Wahl. Er wurde mit einer
seit Jacksons Zeiten nicht erlebten Majorität, von den Sklavenhaltern des
Südens in Verbindung mit den Demokraten des Nordens, zum 14. Präsi¬
denten der Vereinigten Staaten gewählt. In seine Zeit füllt die Eröffnung des
33. Congresses vom 5. December 1853. Es lagen demselben verschiedene wich¬
tige Fragen zur Entscheidung vor. welche aufs Engste mit den Interessen und
der Entwicklung der Union verknüpft waren. Dahin gehörte vor Allem die
Pacificeisenbcchn und die Heimstätte-Bill. Der Kongreß aber war weit ent¬
fernt eine einzige dieser offenen Fragen näher zu berühren; er hat sich zu
nichts Zeit genommen, als die Sklaverei wieder in den Vordergrund zu drängen.
Der alte Streit wurde durch die Nebrascabill wieder begonnen und das
ganze Land in neue Aufregung versetzt. Denn die Nebrascabill hatte keinen
andern Zweck als Aufhebung des Missouricompromisses, nämlich die Ein¬
führung der Sklaverei in die gesetzlich freien, nordwestlichen
Gebiete.

Durch die neuen Erwerbungen aus dem mexicanischen Kriege, durch die
Organisation der Gebiete Oregon und Minnesota besaßen die freien Staaten
seit 1850 mehr Land und mehr Aussicht auf Stimmen im CongreH, als die
Sklaven haltenden Staaten, desto erbitterter kümpften also deren Vertreter für
das alte Gleichgewicht oder vielmehr für ihr Uebergewicht in der Gesammt-
rcgierung. Der achte Paragraph des Missouricompromisses verbot für immer
die Sklaverei in allen Theilen von Louisiana, welche nördlich vom 36. 30.
Breitengrade liegen. Wie früher Illinois, Jndiana, Wisconsin und Iowa, so
füllt auch Nebrasca in diese Kategorie. Die Nebrascabill verlangte nun aber
die Aushebung dieses Paragraphen, weil er durch die leitenden Principien der
Gesetzgebung von 1850 unwirksam geworden sei; sie wollte mit anderen Wor¬
ten und auf Umwegen der Sklaverei den Weg nach Nebrasca bahnen.

Douglas sagte: das Missouricompromiß müßte für unwirksam und nichtig
erklürt werden, weil es mit dem seit dem Compromiß von 1850 anerkannten
Principe der Nichtintervention des Congresses in die Sklavenangelegenheiten
der Territorien und Staaten unverträglich sei. Es handelte sich nun darum,
das für Neumexico und Utah in der Sklavenfrage 1850 erlassene Gesetz auch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/431>, abgerufen am 25.07.2024.