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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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König spendete zur Abhilfe des furchtbaren Elends, welches durch die Zerstö¬
rung beinahe aller Ortschaften herbeigeführt worden. 6000 Ducati -- eine
Summe, die von den Bewohnern des Bafilicats mit Protest zurückgeschickt
wurde. Man hätte bedenken sollen, daß der fromme Herr zu gleicher Zeit
20.000 Ducati für den Wiederaufbau der eingefallenen Kirchen der Provinz
geschickt hatte, eine Sorge für das geistliche Wohl seiner Unterthanen, bei der
ihm nur jener karge Nest für ihr sterblich Theil übrig blieb. Die Hauptstadt
des Basilicats ist Potenz", welches gegen 10,000 Einwohner hat. Dann sind
zu nennen Matera, der Sitz eines Erzbischofs. mit 11,000, Melfi mit 9000,
Montepeloso mit 6000, Benosa. der Geburtsort des Horaz, und Turst. in
dessen Nähe sich mehre Albanesencolonien befinden, welche die Tracht, die
Sprache und die Sitten ihres Mutterlandes beibehalten haben.

Das Capitanat ist der Theil des alten Apulien, welcher, vom Ge¬
birge Monte Gargano durchzogen, nördlich vom Meerbusen von Manfreds-
nia halbinselartig in das adriatische Meer hinaustritt und auf der Karte wie
"in Sporn über der Ferse des italienischen Stiefels erscheint. Das Land be¬
steht, wo es nicht von dem erwähnten Gebirgszug bedeckt ist, großentheils aus
sandigen Ebnen, die ohne Wald sind und nur von unbedeutenden Bächen be¬
wässert werden. Indeß ist der Boden nicht allenthalben unfruchtbar, und die
hiesigen Wcideländereien gelten für die besten in Unteritalien. Die Haupt¬
beschäftigung der 329,000 Einwohner besteht in Viehzucht. Der Hauptort
der Jntandentur ist Foggia, welches mit seinen 27,000 Einwohnern nach Ne¬
apel die bevölkertste Stadt des Königreichs ist. Es ist eine ziemlich gut ge¬
baute Stadt in einer ausgedehnten Ebne zwischen den Flüssen Cesvne und
Ccrvara, mit einem Bischofssitz, einem Handelsgericht und einer Handels¬
kammer, einem von den Patri Scolopii geleiteten Kollegium, einer guten
Bibliothek und einem schönen Theater. Der Handel ist lebhaft, indem in der
Stadt die Straßen von Neapel, Pescara, Mansredonia und Brindisi zusam¬
mentreffen. Daß grade hier der Aufstand Wurzel gefaßt hat, ist um so be¬
deutsamer, als nicht nur die Hauptstadt Foggia in jeder Hinsicht den ersten
Rang nach Neapel beansprucht, sondern die Provinz auch andere Orte von
beträchtlicher Größe besitzt und die Revolution unter allen Umständen mehr auf
die Städte als auf das platte Land zu rechnen hat. Zu jenen größern Or¬
ten gehört zunächst San Severo mit 19,000, dann Mansredonia mit blü¬
hendem Seehandel und 7000, endlich Lucera mit 8000 Einwohnern und
einem Kollegium, welches für die beste höhere Unterrichtsanstalt im ganzen
Königreiche gilt.

Betrachten wir nun die für die Kriegführung besonders wichtige Be¬
schaffenheit der Wege, so finden wir. daß durch den Übeln Zustand derselben
im Königreich die kriegerische Action sehr beeinträchtigt und auf bestimmte


52*

König spendete zur Abhilfe des furchtbaren Elends, welches durch die Zerstö¬
rung beinahe aller Ortschaften herbeigeführt worden. 6000 Ducati — eine
Summe, die von den Bewohnern des Bafilicats mit Protest zurückgeschickt
wurde. Man hätte bedenken sollen, daß der fromme Herr zu gleicher Zeit
20.000 Ducati für den Wiederaufbau der eingefallenen Kirchen der Provinz
geschickt hatte, eine Sorge für das geistliche Wohl seiner Unterthanen, bei der
ihm nur jener karge Nest für ihr sterblich Theil übrig blieb. Die Hauptstadt
des Basilicats ist Potenz«, welches gegen 10,000 Einwohner hat. Dann sind
zu nennen Matera, der Sitz eines Erzbischofs. mit 11,000, Melfi mit 9000,
Montepeloso mit 6000, Benosa. der Geburtsort des Horaz, und Turst. in
dessen Nähe sich mehre Albanesencolonien befinden, welche die Tracht, die
Sprache und die Sitten ihres Mutterlandes beibehalten haben.

Das Capitanat ist der Theil des alten Apulien, welcher, vom Ge¬
birge Monte Gargano durchzogen, nördlich vom Meerbusen von Manfreds-
nia halbinselartig in das adriatische Meer hinaustritt und auf der Karte wie
«in Sporn über der Ferse des italienischen Stiefels erscheint. Das Land be¬
steht, wo es nicht von dem erwähnten Gebirgszug bedeckt ist, großentheils aus
sandigen Ebnen, die ohne Wald sind und nur von unbedeutenden Bächen be¬
wässert werden. Indeß ist der Boden nicht allenthalben unfruchtbar, und die
hiesigen Wcideländereien gelten für die besten in Unteritalien. Die Haupt¬
beschäftigung der 329,000 Einwohner besteht in Viehzucht. Der Hauptort
der Jntandentur ist Foggia, welches mit seinen 27,000 Einwohnern nach Ne¬
apel die bevölkertste Stadt des Königreichs ist. Es ist eine ziemlich gut ge¬
baute Stadt in einer ausgedehnten Ebne zwischen den Flüssen Cesvne und
Ccrvara, mit einem Bischofssitz, einem Handelsgericht und einer Handels¬
kammer, einem von den Patri Scolopii geleiteten Kollegium, einer guten
Bibliothek und einem schönen Theater. Der Handel ist lebhaft, indem in der
Stadt die Straßen von Neapel, Pescara, Mansredonia und Brindisi zusam¬
mentreffen. Daß grade hier der Aufstand Wurzel gefaßt hat, ist um so be¬
deutsamer, als nicht nur die Hauptstadt Foggia in jeder Hinsicht den ersten
Rang nach Neapel beansprucht, sondern die Provinz auch andere Orte von
beträchtlicher Größe besitzt und die Revolution unter allen Umständen mehr auf
die Städte als auf das platte Land zu rechnen hat. Zu jenen größern Or¬
ten gehört zunächst San Severo mit 19,000, dann Mansredonia mit blü¬
hendem Seehandel und 7000, endlich Lucera mit 8000 Einwohnern und
einem Kollegium, welches für die beste höhere Unterrichtsanstalt im ganzen
Königreiche gilt.

Betrachten wir nun die für die Kriegführung besonders wichtige Be¬
schaffenheit der Wege, so finden wir. daß durch den Übeln Zustand derselben
im Königreich die kriegerische Action sehr beeinträchtigt und auf bestimmte


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[0423] König spendete zur Abhilfe des furchtbaren Elends, welches durch die Zerstö¬ rung beinahe aller Ortschaften herbeigeführt worden. 6000 Ducati — eine Summe, die von den Bewohnern des Bafilicats mit Protest zurückgeschickt wurde. Man hätte bedenken sollen, daß der fromme Herr zu gleicher Zeit 20.000 Ducati für den Wiederaufbau der eingefallenen Kirchen der Provinz geschickt hatte, eine Sorge für das geistliche Wohl seiner Unterthanen, bei der ihm nur jener karge Nest für ihr sterblich Theil übrig blieb. Die Hauptstadt des Basilicats ist Potenz«, welches gegen 10,000 Einwohner hat. Dann sind zu nennen Matera, der Sitz eines Erzbischofs. mit 11,000, Melfi mit 9000, Montepeloso mit 6000, Benosa. der Geburtsort des Horaz, und Turst. in dessen Nähe sich mehre Albanesencolonien befinden, welche die Tracht, die Sprache und die Sitten ihres Mutterlandes beibehalten haben. Das Capitanat ist der Theil des alten Apulien, welcher, vom Ge¬ birge Monte Gargano durchzogen, nördlich vom Meerbusen von Manfreds- nia halbinselartig in das adriatische Meer hinaustritt und auf der Karte wie «in Sporn über der Ferse des italienischen Stiefels erscheint. Das Land be¬ steht, wo es nicht von dem erwähnten Gebirgszug bedeckt ist, großentheils aus sandigen Ebnen, die ohne Wald sind und nur von unbedeutenden Bächen be¬ wässert werden. Indeß ist der Boden nicht allenthalben unfruchtbar, und die hiesigen Wcideländereien gelten für die besten in Unteritalien. Die Haupt¬ beschäftigung der 329,000 Einwohner besteht in Viehzucht. Der Hauptort der Jntandentur ist Foggia, welches mit seinen 27,000 Einwohnern nach Ne¬ apel die bevölkertste Stadt des Königreichs ist. Es ist eine ziemlich gut ge¬ baute Stadt in einer ausgedehnten Ebne zwischen den Flüssen Cesvne und Ccrvara, mit einem Bischofssitz, einem Handelsgericht und einer Handels¬ kammer, einem von den Patri Scolopii geleiteten Kollegium, einer guten Bibliothek und einem schönen Theater. Der Handel ist lebhaft, indem in der Stadt die Straßen von Neapel, Pescara, Mansredonia und Brindisi zusam¬ mentreffen. Daß grade hier der Aufstand Wurzel gefaßt hat, ist um so be¬ deutsamer, als nicht nur die Hauptstadt Foggia in jeder Hinsicht den ersten Rang nach Neapel beansprucht, sondern die Provinz auch andere Orte von beträchtlicher Größe besitzt und die Revolution unter allen Umständen mehr auf die Städte als auf das platte Land zu rechnen hat. Zu jenen größern Or¬ ten gehört zunächst San Severo mit 19,000, dann Mansredonia mit blü¬ hendem Seehandel und 7000, endlich Lucera mit 8000 Einwohnern und einem Kollegium, welches für die beste höhere Unterrichtsanstalt im ganzen Königreiche gilt. Betrachten wir nun die für die Kriegführung besonders wichtige Be¬ schaffenheit der Wege, so finden wir. daß durch den Übeln Zustand derselben im Königreich die kriegerische Action sehr beeinträchtigt und auf bestimmte 52*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/423>, abgerufen am 25.07.2024.