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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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menschliche Behandlung der Sklaven auf ihrer Reise zu treffen, wenn sie von
solchen Bürgern in die derartige Jmportationen gestaltenden Staaten ein¬
geführt würden.

4. Daß er endlich das Recht habe, Fremden die Ausrüstung von Skla¬
venschiffen in irgend einem der Häfen der Vereinigten Staaten zu ver¬
bieten.

Der Congreß vermied es übrigens von nun an sorgfältig, die kitzliche
Sklavenfrage zu berühren. Washingtons Cabinet und die Oppositionspartei'
fürchteten sich gleichmäßig davor. Die verschiedenen Petitionen der Aboli-
tionistengcsellschasten blieben unbeachtet auf dem Tische des Hauses liegen.

Doch schon im Jahr 1793 erkämpfte der Süden wieder einen wichtigen
Triumph durch das vom Congreß erlassene Gesetz über die Auslieferung der
ardens- und dienstpflichtigen Personen. Dieses Gesetz ist der erste Schritt
zu seiner später so glänzend errungenen Allgewalt und der Bater des berüch¬
tigten Compromisses von 1850. Als es sich nämlich um gesetzliche Bestim¬
mungen über die Auslieferung flüchtiger Verbrecher handelte, erweiterte der
Senat diesen noch jetzt geltenden Act dahin, daß in jedem Staate, wo
der Schuldige, oder der flüchtige Sklave gefunden würde, sein Herr oder
dessen Anwalt ihn ergreifen und vor einen Staatenrichter oder Stadt¬
beamten schleppen könne, welcher dann, auf den vom Besitzer gehörig
geführten Beweis hin, diesen ein Certificat auszustellen habe, wonach sie den
Flüchtigen in den Staat zurückbringen dürfen, aus dem er entflohen. Die
Personen, welche einer solchen Ergreifung in den Weg treten würden, sollten
mit 500 Dollar Strafe belegt werden. Das Haus passirte dieses Gesetz ohne
jede Debatte. Das amerikanische Volk verhielt sich ganz gleichgiltig dagegen
und fühlte wol deshalb seine Bedeutung nicht, weil die meisten freien Staa¬
ten ihren Beamten bei schwerer Strafe verboten, ein Gesetz auszuführen, wel¬
ches die Befugnisse des Congresses überschritt, da dieser, nach einer Entschei¬
dung des obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten, den Beamten der
Einzelstaaten keine Befehle vorschreiben durste. So blieb das Gesetz zwar
factisch ein todter Buchstabe, aber es statuirte einen der wichtigsten Präeedenz-
fälle in der amerikanischen Verfassungsgeschichte.

Aus dem bis jetzt Gesagten ergibt sich, wie die Sklavenhalter aus einer
blos geduldeten Fraction sich bald zu einer ungestüm fordernden politischen
Partei empor zu arbeiten wußten. Wenn sie auch in einzelnen Nebenpunkten
unterlagen, so siegten sie doch immer in der Hauptsache, und diese Triumphe
verdanken sie mehr noch ihrer unermüdlichen Energie und talentvollen Füh¬
rung als der Zerfahrenheit und Sorglosigkeit ihrer Gegner. Je mehr diese
zurückwichen, desto entschiedener drangen sie vor. und bald fanden sie selbst
in ihrem Auftreten die Beschönigung ganz überflüssig, mit der sie die ersten


menschliche Behandlung der Sklaven auf ihrer Reise zu treffen, wenn sie von
solchen Bürgern in die derartige Jmportationen gestaltenden Staaten ein¬
geführt würden.

4. Daß er endlich das Recht habe, Fremden die Ausrüstung von Skla¬
venschiffen in irgend einem der Häfen der Vereinigten Staaten zu ver¬
bieten.

Der Congreß vermied es übrigens von nun an sorgfältig, die kitzliche
Sklavenfrage zu berühren. Washingtons Cabinet und die Oppositionspartei'
fürchteten sich gleichmäßig davor. Die verschiedenen Petitionen der Aboli-
tionistengcsellschasten blieben unbeachtet auf dem Tische des Hauses liegen.

Doch schon im Jahr 1793 erkämpfte der Süden wieder einen wichtigen
Triumph durch das vom Congreß erlassene Gesetz über die Auslieferung der
ardens- und dienstpflichtigen Personen. Dieses Gesetz ist der erste Schritt
zu seiner später so glänzend errungenen Allgewalt und der Bater des berüch¬
tigten Compromisses von 1850. Als es sich nämlich um gesetzliche Bestim¬
mungen über die Auslieferung flüchtiger Verbrecher handelte, erweiterte der
Senat diesen noch jetzt geltenden Act dahin, daß in jedem Staate, wo
der Schuldige, oder der flüchtige Sklave gefunden würde, sein Herr oder
dessen Anwalt ihn ergreifen und vor einen Staatenrichter oder Stadt¬
beamten schleppen könne, welcher dann, auf den vom Besitzer gehörig
geführten Beweis hin, diesen ein Certificat auszustellen habe, wonach sie den
Flüchtigen in den Staat zurückbringen dürfen, aus dem er entflohen. Die
Personen, welche einer solchen Ergreifung in den Weg treten würden, sollten
mit 500 Dollar Strafe belegt werden. Das Haus passirte dieses Gesetz ohne
jede Debatte. Das amerikanische Volk verhielt sich ganz gleichgiltig dagegen
und fühlte wol deshalb seine Bedeutung nicht, weil die meisten freien Staa¬
ten ihren Beamten bei schwerer Strafe verboten, ein Gesetz auszuführen, wel¬
ches die Befugnisse des Congresses überschritt, da dieser, nach einer Entschei¬
dung des obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten, den Beamten der
Einzelstaaten keine Befehle vorschreiben durste. So blieb das Gesetz zwar
factisch ein todter Buchstabe, aber es statuirte einen der wichtigsten Präeedenz-
fälle in der amerikanischen Verfassungsgeschichte.

Aus dem bis jetzt Gesagten ergibt sich, wie die Sklavenhalter aus einer
blos geduldeten Fraction sich bald zu einer ungestüm fordernden politischen
Partei empor zu arbeiten wußten. Wenn sie auch in einzelnen Nebenpunkten
unterlagen, so siegten sie doch immer in der Hauptsache, und diese Triumphe
verdanken sie mehr noch ihrer unermüdlichen Energie und talentvollen Füh¬
rung als der Zerfahrenheit und Sorglosigkeit ihrer Gegner. Je mehr diese
zurückwichen, desto entschiedener drangen sie vor. und bald fanden sie selbst
in ihrem Auftreten die Beschönigung ganz überflüssig, mit der sie die ersten


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[0400] menschliche Behandlung der Sklaven auf ihrer Reise zu treffen, wenn sie von solchen Bürgern in die derartige Jmportationen gestaltenden Staaten ein¬ geführt würden. 4. Daß er endlich das Recht habe, Fremden die Ausrüstung von Skla¬ venschiffen in irgend einem der Häfen der Vereinigten Staaten zu ver¬ bieten. Der Congreß vermied es übrigens von nun an sorgfältig, die kitzliche Sklavenfrage zu berühren. Washingtons Cabinet und die Oppositionspartei' fürchteten sich gleichmäßig davor. Die verschiedenen Petitionen der Aboli- tionistengcsellschasten blieben unbeachtet auf dem Tische des Hauses liegen. Doch schon im Jahr 1793 erkämpfte der Süden wieder einen wichtigen Triumph durch das vom Congreß erlassene Gesetz über die Auslieferung der ardens- und dienstpflichtigen Personen. Dieses Gesetz ist der erste Schritt zu seiner später so glänzend errungenen Allgewalt und der Bater des berüch¬ tigten Compromisses von 1850. Als es sich nämlich um gesetzliche Bestim¬ mungen über die Auslieferung flüchtiger Verbrecher handelte, erweiterte der Senat diesen noch jetzt geltenden Act dahin, daß in jedem Staate, wo der Schuldige, oder der flüchtige Sklave gefunden würde, sein Herr oder dessen Anwalt ihn ergreifen und vor einen Staatenrichter oder Stadt¬ beamten schleppen könne, welcher dann, auf den vom Besitzer gehörig geführten Beweis hin, diesen ein Certificat auszustellen habe, wonach sie den Flüchtigen in den Staat zurückbringen dürfen, aus dem er entflohen. Die Personen, welche einer solchen Ergreifung in den Weg treten würden, sollten mit 500 Dollar Strafe belegt werden. Das Haus passirte dieses Gesetz ohne jede Debatte. Das amerikanische Volk verhielt sich ganz gleichgiltig dagegen und fühlte wol deshalb seine Bedeutung nicht, weil die meisten freien Staa¬ ten ihren Beamten bei schwerer Strafe verboten, ein Gesetz auszuführen, wel¬ ches die Befugnisse des Congresses überschritt, da dieser, nach einer Entschei¬ dung des obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten, den Beamten der Einzelstaaten keine Befehle vorschreiben durste. So blieb das Gesetz zwar factisch ein todter Buchstabe, aber es statuirte einen der wichtigsten Präeedenz- fälle in der amerikanischen Verfassungsgeschichte. Aus dem bis jetzt Gesagten ergibt sich, wie die Sklavenhalter aus einer blos geduldeten Fraction sich bald zu einer ungestüm fordernden politischen Partei empor zu arbeiten wußten. Wenn sie auch in einzelnen Nebenpunkten unterlagen, so siegten sie doch immer in der Hauptsache, und diese Triumphe verdanken sie mehr noch ihrer unermüdlichen Energie und talentvollen Füh¬ rung als der Zerfahrenheit und Sorglosigkeit ihrer Gegner. Je mehr diese zurückwichen, desto entschiedener drangen sie vor. und bald fanden sie selbst in ihrem Auftreten die Beschönigung ganz überflüssig, mit der sie die ersten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/400>, abgerufen am 25.07.2024.