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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Die vom Kriege her hocherregte öffentliche Meinung ließ sich übrigens
durch jenes Compromiß über den Sklavenhandel nicht so leicht zum Schweigen
bringen. In den größeren Städten des Nordens bildeten sich zuerst Aboli-
tionistengesellschaftcn. Der erste Präsident der in Philadelphia gegründeten
Gesellschaft war Benjamin Franklin. In Newyork war Jay Mitglied einer
solchen Gesellschaft und die hervorragendsten Männer des Landes betheiligten
sich dabei. Namentlich waren es auch die Theologen, welche das Interesse
und die Agitation gegen die Sklaverei warm erhielten und auf der Kanzel,
wie in Versammlungen dagegen sprachen. Im Jahr 1788 empfahl die Ge¬
neralversammlung der presbyterianischer Kirche in einem Hirtenbriefe: Ab¬
schaffung der Sklaverei und Unterricht der Schwarzen in der Religion; die
Methodisten-Eviscopalkirche verstieß die Sklavenhalter aus ihrer Gemeinde,
und die Quäker übertrafen, womöglich, noch beide an Erbitterung gegen
diesen "Fluch".

Die Quäker von Pennsylvanien, Delaware und Newyork waren es auch,
welche diese Frage im Februar 1790 beim Kongreß wieder anregten, indem
sie, von der pennsylvanischen Abolitionistengcscllschaft unter Franklin unter¬
stützt, mitten in die Debatte über die öffentliche Schuld der Vereinigten Staa¬
ten eine Petition um Abschaffung der Sklaverei schleuderten. Die südlichen
Mitglieder wandten sofort ein, daß dieser Antrag inconstitutionell sei, da der
Congreß sich vor 180S gar nicht in die Skicwenfmge zu mischen habe; die
nördlichen Abgeordneten forderten, daß die Petition einem Ausschuß zum Be¬
richte sollte überwiesen werden. "Geschieht das," -- rief Büke, -- "so wird durch
alle südlichen Staaten die Trompete des Aufstandes erschallen," -- "die bloße
Discussion dieses Gegenstandes" -- wandte Smith von Südcarolina ein --
"verursacht Alarm." "Rührt dieses an," trotzte Jackson von ebendaher, --
"so löst Ihr die Union auf." -- "So lange Eure Agitation gegen die Skla¬
verei blos speculativen Charakters war, ließen wir Euch gewähren," schrie
der Süden im Chor, "jetzt aber, wo die Gefahr einer legislativen Einmischung
vorhanden ist, stehen wir wie ein Mann für die Sklaverei ein."

Trotz dieses Aufwandes von Drohungen ging die Petition an das Spe-
cialcomit6, auf dessen Bericht der Congreß am 23. März 1790 in sein Jour¬
nal eintrug:

1. Daß er vor 1808 die Skiaveneinsuhr nicht verbieten könne.

2. Daß er kein Recht habe, in irgend einem Staate sich in die Behand¬
lung und Emancipation der Sklaven zu mischen, indem es den einzelnen
Staaten überlassen bliebe, in dieser Angelegenheit diejenigen Bestimmungen
zu treffen, welche die Menschlichkeit und wahre Politik erheischen.

3. Daß er das Recht habe, Bürger der Vereinigten Staaten vom Skla¬
venhandel mit Fremden abzuhalten und geeignete Bestimmungen für die


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Die vom Kriege her hocherregte öffentliche Meinung ließ sich übrigens
durch jenes Compromiß über den Sklavenhandel nicht so leicht zum Schweigen
bringen. In den größeren Städten des Nordens bildeten sich zuerst Aboli-
tionistengesellschaftcn. Der erste Präsident der in Philadelphia gegründeten
Gesellschaft war Benjamin Franklin. In Newyork war Jay Mitglied einer
solchen Gesellschaft und die hervorragendsten Männer des Landes betheiligten
sich dabei. Namentlich waren es auch die Theologen, welche das Interesse
und die Agitation gegen die Sklaverei warm erhielten und auf der Kanzel,
wie in Versammlungen dagegen sprachen. Im Jahr 1788 empfahl die Ge¬
neralversammlung der presbyterianischer Kirche in einem Hirtenbriefe: Ab¬
schaffung der Sklaverei und Unterricht der Schwarzen in der Religion; die
Methodisten-Eviscopalkirche verstieß die Sklavenhalter aus ihrer Gemeinde,
und die Quäker übertrafen, womöglich, noch beide an Erbitterung gegen
diesen „Fluch".

Die Quäker von Pennsylvanien, Delaware und Newyork waren es auch,
welche diese Frage im Februar 1790 beim Kongreß wieder anregten, indem
sie, von der pennsylvanischen Abolitionistengcscllschaft unter Franklin unter¬
stützt, mitten in die Debatte über die öffentliche Schuld der Vereinigten Staa¬
ten eine Petition um Abschaffung der Sklaverei schleuderten. Die südlichen
Mitglieder wandten sofort ein, daß dieser Antrag inconstitutionell sei, da der
Congreß sich vor 180S gar nicht in die Skicwenfmge zu mischen habe; die
nördlichen Abgeordneten forderten, daß die Petition einem Ausschuß zum Be¬
richte sollte überwiesen werden. „Geschieht das," — rief Büke, — „so wird durch
alle südlichen Staaten die Trompete des Aufstandes erschallen," — „die bloße
Discussion dieses Gegenstandes" — wandte Smith von Südcarolina ein —
„verursacht Alarm." „Rührt dieses an," trotzte Jackson von ebendaher, —
»so löst Ihr die Union auf." — „So lange Eure Agitation gegen die Skla¬
verei blos speculativen Charakters war, ließen wir Euch gewähren," schrie
der Süden im Chor, „jetzt aber, wo die Gefahr einer legislativen Einmischung
vorhanden ist, stehen wir wie ein Mann für die Sklaverei ein."

Trotz dieses Aufwandes von Drohungen ging die Petition an das Spe-
cialcomit6, auf dessen Bericht der Congreß am 23. März 1790 in sein Jour¬
nal eintrug:

1. Daß er vor 1808 die Skiaveneinsuhr nicht verbieten könne.

2. Daß er kein Recht habe, in irgend einem Staate sich in die Behand¬
lung und Emancipation der Sklaven zu mischen, indem es den einzelnen
Staaten überlassen bliebe, in dieser Angelegenheit diejenigen Bestimmungen
zu treffen, welche die Menschlichkeit und wahre Politik erheischen.

3. Daß er das Recht habe, Bürger der Vereinigten Staaten vom Skla¬
venhandel mit Fremden abzuhalten und geeignete Bestimmungen für die


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[0399] Die vom Kriege her hocherregte öffentliche Meinung ließ sich übrigens durch jenes Compromiß über den Sklavenhandel nicht so leicht zum Schweigen bringen. In den größeren Städten des Nordens bildeten sich zuerst Aboli- tionistengesellschaftcn. Der erste Präsident der in Philadelphia gegründeten Gesellschaft war Benjamin Franklin. In Newyork war Jay Mitglied einer solchen Gesellschaft und die hervorragendsten Männer des Landes betheiligten sich dabei. Namentlich waren es auch die Theologen, welche das Interesse und die Agitation gegen die Sklaverei warm erhielten und auf der Kanzel, wie in Versammlungen dagegen sprachen. Im Jahr 1788 empfahl die Ge¬ neralversammlung der presbyterianischer Kirche in einem Hirtenbriefe: Ab¬ schaffung der Sklaverei und Unterricht der Schwarzen in der Religion; die Methodisten-Eviscopalkirche verstieß die Sklavenhalter aus ihrer Gemeinde, und die Quäker übertrafen, womöglich, noch beide an Erbitterung gegen diesen „Fluch". Die Quäker von Pennsylvanien, Delaware und Newyork waren es auch, welche diese Frage im Februar 1790 beim Kongreß wieder anregten, indem sie, von der pennsylvanischen Abolitionistengcscllschaft unter Franklin unter¬ stützt, mitten in die Debatte über die öffentliche Schuld der Vereinigten Staa¬ ten eine Petition um Abschaffung der Sklaverei schleuderten. Die südlichen Mitglieder wandten sofort ein, daß dieser Antrag inconstitutionell sei, da der Congreß sich vor 180S gar nicht in die Skicwenfmge zu mischen habe; die nördlichen Abgeordneten forderten, daß die Petition einem Ausschuß zum Be¬ richte sollte überwiesen werden. „Geschieht das," — rief Büke, — „so wird durch alle südlichen Staaten die Trompete des Aufstandes erschallen," — „die bloße Discussion dieses Gegenstandes" — wandte Smith von Südcarolina ein — „verursacht Alarm." „Rührt dieses an," trotzte Jackson von ebendaher, — »so löst Ihr die Union auf." — „So lange Eure Agitation gegen die Skla¬ verei blos speculativen Charakters war, ließen wir Euch gewähren," schrie der Süden im Chor, „jetzt aber, wo die Gefahr einer legislativen Einmischung vorhanden ist, stehen wir wie ein Mann für die Sklaverei ein." Trotz dieses Aufwandes von Drohungen ging die Petition an das Spe- cialcomit6, auf dessen Bericht der Congreß am 23. März 1790 in sein Jour¬ nal eintrug: 1. Daß er vor 1808 die Skiaveneinsuhr nicht verbieten könne. 2. Daß er kein Recht habe, in irgend einem Staate sich in die Behand¬ lung und Emancipation der Sklaven zu mischen, indem es den einzelnen Staaten überlassen bliebe, in dieser Angelegenheit diejenigen Bestimmungen zu treffen, welche die Menschlichkeit und wahre Politik erheischen. 3. Daß er das Recht habe, Bürger der Vereinigten Staaten vom Skla¬ venhandel mit Fremden abzuhalten und geeignete Bestimmungen für die 49*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/399>, abgerufen am 25.07.2024.