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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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drücklich bestimmt, daß in seinem der Vereinigten Staaten Sklaven mehr eingeführt
werden dürsten, da dieser Handel unvereinbar mit den Grundsätzen der Revo¬
lution und der Verfassung sei. Während der Dauer des Krieges hatten be¬
greiflicherweise englische Schiffe sür genaue Befolgung dieser Bestimmung ge¬
sorgt. Gleich nach dem Frieden singen jedoch Südcarolina und Georgia den
einträglichen Sklavenhandel wieder an, und beide Staaten wollten sich weder
in ihm, noch im Halten von Sklaven selbst von der neuen Konstitution be¬
schränken lassen. Bei den darüber gepflogenen Verhandlungen zeigte sich zum
erstenmale in der Geschichte der Vereinigten Staaten der schroffe Gegensatz
zwischen Norden und Süden in seiner ganzen Schärfe. Die Erbitterung und
Beweisführung war schon damals aus beiden Seiten ganz dieselbe, wie später
und jetzt. Während ein Theil der Delegaten den schimpflichen Handel sofort
abgeschafft wissen wollte und Gouverneur Morris von Newyork die Sklaverei
für einen Fluch des Himmels erklärte, entgegnete ein anderer unter der Füh¬
rung Pinkneys von Südcarolina, daß sein Staat ohne die Bewilligung
des Sklavenhandels nicht in die Union eintreten würde, da Südcarolina und
Georgia ohne Sklaverei gar nicht bestehen könnten; die Abgeordneten andrer
Staaten endlich wollten diesen Handelszweig durch starke Auflagen sehr erschwe-
oder ganz unmöglich machen, wie namentlich Delaware, Virginia und Mary¬
land, deren Sklavencigenthum bei dem möglichst schnellen Verbote fernerer
Zufuhr nur gewinnen konnte.

Jener Streitpunkt verband sich eng mit der Debatte über die Frage: ob
die neu zu gründende Föderalrcgierung befugt sein solle, Schisfahrtsgesetze zu
erlassen und Ein- und Ausfuhrstcuern zu erheben.

Natürlich waren die südlichen Staaten, als die einzigen schon damals
nicht unbedeutenden Exporteure, heftige Feinde einer ihren Produkten aufzu¬
erlegenden Steuer, und ebenso fürchteten sie jede ihre Sklaveneinfuhren ver-
theucrude Auflage. Die nördlichen ackerbauenden Staaten aber, besonders
Pennsylvanien, betrachteten beide Steuern als eine gerechte und unerläßliche
Quelle des öffentlichen Einkommens, und die östlichen (Neuengland) Staaten
waren als Schiffseigenthümer dafür, daß zu ihrer Sicherheit und Begünstigung
dem Kongresse die Befugniß zur Erlassung von Schiffahrtsgesetzen eingeräumt
würde. War nun auch allen nördlich von Nordcarolina gelegenen Staaten
die Abneigung gegen die Sklaverei gemeinsam, so kreuzten sich doch wieder
ihre speciellen, näher liegenden Interessen, und ermangelten so der durch¬
greifenden Einheit, welche die beiden Staaten Carolina und Georgia beseelte.
Diese sahen sehr wohl ein. daß sie dem Norden nicht gewachsen waren, und
legten sich daher gleichzeitig aufs Drohen, Nachgeben und Entgegenkommen,
oder thaten, als ob sie sich vor der gegen sie verbündeten Uebermacht fürchteten.
"Das Verbot der Sklaveneinfuhr wird uns ruiniren," rief Pinkney. der ener-


Grenzbotm III. 1660. 49

drücklich bestimmt, daß in seinem der Vereinigten Staaten Sklaven mehr eingeführt
werden dürsten, da dieser Handel unvereinbar mit den Grundsätzen der Revo¬
lution und der Verfassung sei. Während der Dauer des Krieges hatten be¬
greiflicherweise englische Schiffe sür genaue Befolgung dieser Bestimmung ge¬
sorgt. Gleich nach dem Frieden singen jedoch Südcarolina und Georgia den
einträglichen Sklavenhandel wieder an, und beide Staaten wollten sich weder
in ihm, noch im Halten von Sklaven selbst von der neuen Konstitution be¬
schränken lassen. Bei den darüber gepflogenen Verhandlungen zeigte sich zum
erstenmale in der Geschichte der Vereinigten Staaten der schroffe Gegensatz
zwischen Norden und Süden in seiner ganzen Schärfe. Die Erbitterung und
Beweisführung war schon damals aus beiden Seiten ganz dieselbe, wie später
und jetzt. Während ein Theil der Delegaten den schimpflichen Handel sofort
abgeschafft wissen wollte und Gouverneur Morris von Newyork die Sklaverei
für einen Fluch des Himmels erklärte, entgegnete ein anderer unter der Füh¬
rung Pinkneys von Südcarolina, daß sein Staat ohne die Bewilligung
des Sklavenhandels nicht in die Union eintreten würde, da Südcarolina und
Georgia ohne Sklaverei gar nicht bestehen könnten; die Abgeordneten andrer
Staaten endlich wollten diesen Handelszweig durch starke Auflagen sehr erschwe-
oder ganz unmöglich machen, wie namentlich Delaware, Virginia und Mary¬
land, deren Sklavencigenthum bei dem möglichst schnellen Verbote fernerer
Zufuhr nur gewinnen konnte.

Jener Streitpunkt verband sich eng mit der Debatte über die Frage: ob
die neu zu gründende Föderalrcgierung befugt sein solle, Schisfahrtsgesetze zu
erlassen und Ein- und Ausfuhrstcuern zu erheben.

Natürlich waren die südlichen Staaten, als die einzigen schon damals
nicht unbedeutenden Exporteure, heftige Feinde einer ihren Produkten aufzu¬
erlegenden Steuer, und ebenso fürchteten sie jede ihre Sklaveneinfuhren ver-
theucrude Auflage. Die nördlichen ackerbauenden Staaten aber, besonders
Pennsylvanien, betrachteten beide Steuern als eine gerechte und unerläßliche
Quelle des öffentlichen Einkommens, und die östlichen (Neuengland) Staaten
waren als Schiffseigenthümer dafür, daß zu ihrer Sicherheit und Begünstigung
dem Kongresse die Befugniß zur Erlassung von Schiffahrtsgesetzen eingeräumt
würde. War nun auch allen nördlich von Nordcarolina gelegenen Staaten
die Abneigung gegen die Sklaverei gemeinsam, so kreuzten sich doch wieder
ihre speciellen, näher liegenden Interessen, und ermangelten so der durch¬
greifenden Einheit, welche die beiden Staaten Carolina und Georgia beseelte.
Diese sahen sehr wohl ein. daß sie dem Norden nicht gewachsen waren, und
legten sich daher gleichzeitig aufs Drohen, Nachgeben und Entgegenkommen,
oder thaten, als ob sie sich vor der gegen sie verbündeten Uebermacht fürchteten.
„Das Verbot der Sklaveneinfuhr wird uns ruiniren," rief Pinkney. der ener-


Grenzbotm III. 1660. 49
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[0397] drücklich bestimmt, daß in seinem der Vereinigten Staaten Sklaven mehr eingeführt werden dürsten, da dieser Handel unvereinbar mit den Grundsätzen der Revo¬ lution und der Verfassung sei. Während der Dauer des Krieges hatten be¬ greiflicherweise englische Schiffe sür genaue Befolgung dieser Bestimmung ge¬ sorgt. Gleich nach dem Frieden singen jedoch Südcarolina und Georgia den einträglichen Sklavenhandel wieder an, und beide Staaten wollten sich weder in ihm, noch im Halten von Sklaven selbst von der neuen Konstitution be¬ schränken lassen. Bei den darüber gepflogenen Verhandlungen zeigte sich zum erstenmale in der Geschichte der Vereinigten Staaten der schroffe Gegensatz zwischen Norden und Süden in seiner ganzen Schärfe. Die Erbitterung und Beweisführung war schon damals aus beiden Seiten ganz dieselbe, wie später und jetzt. Während ein Theil der Delegaten den schimpflichen Handel sofort abgeschafft wissen wollte und Gouverneur Morris von Newyork die Sklaverei für einen Fluch des Himmels erklärte, entgegnete ein anderer unter der Füh¬ rung Pinkneys von Südcarolina, daß sein Staat ohne die Bewilligung des Sklavenhandels nicht in die Union eintreten würde, da Südcarolina und Georgia ohne Sklaverei gar nicht bestehen könnten; die Abgeordneten andrer Staaten endlich wollten diesen Handelszweig durch starke Auflagen sehr erschwe- oder ganz unmöglich machen, wie namentlich Delaware, Virginia und Mary¬ land, deren Sklavencigenthum bei dem möglichst schnellen Verbote fernerer Zufuhr nur gewinnen konnte. Jener Streitpunkt verband sich eng mit der Debatte über die Frage: ob die neu zu gründende Föderalrcgierung befugt sein solle, Schisfahrtsgesetze zu erlassen und Ein- und Ausfuhrstcuern zu erheben. Natürlich waren die südlichen Staaten, als die einzigen schon damals nicht unbedeutenden Exporteure, heftige Feinde einer ihren Produkten aufzu¬ erlegenden Steuer, und ebenso fürchteten sie jede ihre Sklaveneinfuhren ver- theucrude Auflage. Die nördlichen ackerbauenden Staaten aber, besonders Pennsylvanien, betrachteten beide Steuern als eine gerechte und unerläßliche Quelle des öffentlichen Einkommens, und die östlichen (Neuengland) Staaten waren als Schiffseigenthümer dafür, daß zu ihrer Sicherheit und Begünstigung dem Kongresse die Befugniß zur Erlassung von Schiffahrtsgesetzen eingeräumt würde. War nun auch allen nördlich von Nordcarolina gelegenen Staaten die Abneigung gegen die Sklaverei gemeinsam, so kreuzten sich doch wieder ihre speciellen, näher liegenden Interessen, und ermangelten so der durch¬ greifenden Einheit, welche die beiden Staaten Carolina und Georgia beseelte. Diese sahen sehr wohl ein. daß sie dem Norden nicht gewachsen waren, und legten sich daher gleichzeitig aufs Drohen, Nachgeben und Entgegenkommen, oder thaten, als ob sie sich vor der gegen sie verbündeten Uebermacht fürchteten. „Das Verbot der Sklaveneinfuhr wird uns ruiniren," rief Pinkney. der ener- Grenzbotm III. 1660. 49

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/397>, abgerufen am 25.07.2024.