Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.oder minder unvollständig sein, und nur dem Glücklichen, welchen umfassende Es kann deshalb keine segensreichere Aufgabe für ein Museum gedacht Die neun Stanzen des zweiten Gestockes, die, von außen nicht sichtbar, Der Anblick der Sammlung ist ein überraschend wohlthuender und der Die Anordnung des Ganzen ist mit großer Umsicht und eingehendem oder minder unvollständig sein, und nur dem Glücklichen, welchen umfassende Es kann deshalb keine segensreichere Aufgabe für ein Museum gedacht Die neun Stanzen des zweiten Gestockes, die, von außen nicht sichtbar, Der Anblick der Sammlung ist ein überraschend wohlthuender und der Die Anordnung des Ganzen ist mit großer Umsicht und eingehendem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0286" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110092"/> <p xml:id="ID_830" prev="#ID_829"> oder minder unvollständig sein, und nur dem Glücklichen, welchen umfassende<lb/> und mühevolle Reisen an die Hauptstntten der Kunstentwicklung führen, ist<lb/> es vergönnt, zum geistigen Zusammenhange zu vereinigen, was einzeln nur<lb/> die Hälfte seiner Bedeutung auszusprechen vermag. Man hat an dem Pu¬<lb/> blikum unserer Gemäldesammlungen Gelegenheit genug zu traurigen Beobach¬<lb/> tungen, wie wenig Verständniß sür die geschichtliche Entwicklung der Kunst<lb/> vorhanden! „Alt" heißt das Zauberwort, das für die Einen die Grundbe¬<lb/> dingung der Schönheit, für Andere die Veranlassung zu sofortigen Abwenden<lb/> und Nichtverstehen bietet. Daß die Kunst in den Jahrhunderten ihrer Ent¬<lb/> wicklung, getragen vom Geiste der Nationalitäten, ein Glied des geistigen<lb/> Volkslebens ist und nur als solches recht verstanden werden kann — das em¬<lb/> pfindet unter den kunstbeschauenden Tausenden nur der geringste Theil.</p><lb/> <p xml:id="ID_831"> Es kann deshalb keine segensreichere Aufgabe für ein Museum gedacht<lb/> werden, als seinen Besuchern eine Anleitung zum Verständniß dieser kunstge¬<lb/> schichtlichen Entwicklung zu gewähren und diese ist in der Lampe'schen Samm¬<lb/> lung auf dem Wege geboten, der allein die Nebeneinanderstellung des räum¬<lb/> lich getrennten ermöglicht, in einer zusammenhängenden Aufstellung von Nach¬<lb/> bildungen der bezeichnendsten Kunstdenkmale der Malerei.</p><lb/> <p xml:id="ID_832"> Die neun Stanzen des zweiten Gestockes, die, von außen nicht sichtbar,<lb/> sich über den Gemäldesülen der Nordseite hinziehen und mit Oberlicht erhellt<lb/> sind, haben an ihren Wänden die 56 großen Nahmen aufgenommen, welche<lb/> die einzelnen Blätter der Sammlung zu ebensovielen Gruppen von innerem<lb/> Zusammenhange vereinigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_833"> Der Anblick der Sammlung ist ein überraschend wohlthuender und der<lb/> Genuß der Betrachtung wird unwillkürlich zum eingehenden und anziehendsten<lb/> Studium. Dieselben vielmals in Mappen oder einzeln gesehenen Blätter<lb/> erscheinen hier in Vereinigung mit den gleichzeitigen Kunstwerken, als sprechende<lb/> Bilder ihrer Entstehungszeiteu, gehoben durch die ansprechende Umgebung<lb/> der geschnuickoollen ebcnholzschwarzen Rahmen mit innerer Goldleistenein¬<lb/> theilung, unter den glänzende» Glasflüchen wie von einer neuen Schönheit<lb/> und Bedeutung belebt, und weit entfernt davon, den Blick zu beunruhigen,<lb/> erhalten sie dem Beschauer eine Frische der Anschauung, die bekanntlich beim<lb/> Durchblättern von Mappen nur zu bald ermüdender Abspannung weicht.<lb/> Die Größe der Gruppen-Rahmen ist je nach Maßgabe des Raumes und In¬<lb/> haltes verschieden von 8, 14 und 26 Fuß Breite aus 6^8 Fuß Höhe; ein¬<lb/> zelne Rahmen über und in den Thüröffnungen treten noch aushelfend hinzu,<lb/> um die über 1600 Nummern starke Sammlung aufzunehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_834" next="#ID_835"> Die Anordnung des Ganzen ist mit großer Umsicht und eingehendem<lb/> Verständniß für das ganze Gebiet der Kunstgeschichte, soweit es die Samm¬<lb/> lung umfaßt, getroffen, und der von Herrn Lampe verfaßte Katalog gibt<lb/> ^</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0286]
oder minder unvollständig sein, und nur dem Glücklichen, welchen umfassende
und mühevolle Reisen an die Hauptstntten der Kunstentwicklung führen, ist
es vergönnt, zum geistigen Zusammenhange zu vereinigen, was einzeln nur
die Hälfte seiner Bedeutung auszusprechen vermag. Man hat an dem Pu¬
blikum unserer Gemäldesammlungen Gelegenheit genug zu traurigen Beobach¬
tungen, wie wenig Verständniß sür die geschichtliche Entwicklung der Kunst
vorhanden! „Alt" heißt das Zauberwort, das für die Einen die Grundbe¬
dingung der Schönheit, für Andere die Veranlassung zu sofortigen Abwenden
und Nichtverstehen bietet. Daß die Kunst in den Jahrhunderten ihrer Ent¬
wicklung, getragen vom Geiste der Nationalitäten, ein Glied des geistigen
Volkslebens ist und nur als solches recht verstanden werden kann — das em¬
pfindet unter den kunstbeschauenden Tausenden nur der geringste Theil.
Es kann deshalb keine segensreichere Aufgabe für ein Museum gedacht
werden, als seinen Besuchern eine Anleitung zum Verständniß dieser kunstge¬
schichtlichen Entwicklung zu gewähren und diese ist in der Lampe'schen Samm¬
lung auf dem Wege geboten, der allein die Nebeneinanderstellung des räum¬
lich getrennten ermöglicht, in einer zusammenhängenden Aufstellung von Nach¬
bildungen der bezeichnendsten Kunstdenkmale der Malerei.
Die neun Stanzen des zweiten Gestockes, die, von außen nicht sichtbar,
sich über den Gemäldesülen der Nordseite hinziehen und mit Oberlicht erhellt
sind, haben an ihren Wänden die 56 großen Nahmen aufgenommen, welche
die einzelnen Blätter der Sammlung zu ebensovielen Gruppen von innerem
Zusammenhange vereinigen.
Der Anblick der Sammlung ist ein überraschend wohlthuender und der
Genuß der Betrachtung wird unwillkürlich zum eingehenden und anziehendsten
Studium. Dieselben vielmals in Mappen oder einzeln gesehenen Blätter
erscheinen hier in Vereinigung mit den gleichzeitigen Kunstwerken, als sprechende
Bilder ihrer Entstehungszeiteu, gehoben durch die ansprechende Umgebung
der geschnuickoollen ebcnholzschwarzen Rahmen mit innerer Goldleistenein¬
theilung, unter den glänzende» Glasflüchen wie von einer neuen Schönheit
und Bedeutung belebt, und weit entfernt davon, den Blick zu beunruhigen,
erhalten sie dem Beschauer eine Frische der Anschauung, die bekanntlich beim
Durchblättern von Mappen nur zu bald ermüdender Abspannung weicht.
Die Größe der Gruppen-Rahmen ist je nach Maßgabe des Raumes und In¬
haltes verschieden von 8, 14 und 26 Fuß Breite aus 6^8 Fuß Höhe; ein¬
zelne Rahmen über und in den Thüröffnungen treten noch aushelfend hinzu,
um die über 1600 Nummern starke Sammlung aufzunehmen.
Die Anordnung des Ganzen ist mit großer Umsicht und eingehendem
Verständniß für das ganze Gebiet der Kunstgeschichte, soweit es die Samm¬
lung umfaßt, getroffen, und der von Herrn Lampe verfaßte Katalog gibt
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