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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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sitze des stargardschen Landmarschalls und Landraths von der Ritter- und
Landschaft dieses Kreises die sxöeiÄiisLlms, 8eg.i-MrclienLig, berathen werden.

3. Ritterschaftliche Amtsconvente, zu denen sich unter dem Vorsitze eines
Amtsdcputirten die Ritterschaft jedes Amtes allein versammelt, um ihre nähe¬
ren Angelegenheiten zu verhandeln. Die stargardsche Ritterschaft hält gemein¬
same Convente ab.

4. Landschaftliche Convente, zu welchen sich die gesammte Landschaft aller
drei Kreise jährlich zweimal versammelt, besonders zur Besprechung von Asse-
curanzangelegenhetten.

Zu den Unterhaltungskosten des ständischen Etats (den "ordentlichen Ne"
cessarien") tragen die Domänen, die Ritter- und die Landschaft je 7000, Ro¬
stock 2000 Thlr. bei. Davon zahlen die strelitzschen Domänen und Städte
je 1000 Thlr., die Klöster und der Rostocker District -- diese zur ritterschaft¬
lichen Quote -- ebenfalls 1000 Thlr.

Ueber den Werth der hier geschilderten Einrichtungen wollen wir nicht
weiter urtheilen; es ist klar, daß durch sie eine Vertretung des gesammten
Landes nicht erreicht werden kann, wie sie denn auch nicht einmal bezweckt
worden ist. Uns genügt es hier darauf aufmerksam zu machen, welch' eine
wichtige Stellung der Grundbesitz im Staate einnimmt und von jeher besessen
hat. Diese Stellung wurde ihm durch die auf den pariser Frieden folgenden
Verhandlungen aufs Neue und wiederholt garantirt. Es ist bekannt, wie
sehr sich die Verhandlungen über die Einführung einer gleichmäßigeren Volks¬
vertretung in die Länge zogen und man dennoch nicht weiter gelangte, als
daß um 8. Juni 1815 beschlossen wurde: "In allen Bundesstaaten wird eine
landständische Verfassung stattfinden." Man dachte hierbei an die ursprünglich
ständischen Verfassungen; Preußen allein brachte einen weiter gehenden Ent¬
wurf ein, indem es aussprach, daß sich die Organisation der Stände auf alle
Classen der Staatsbürger erstrecken solle. Dem schloß sich aber kein anderer
Staat an, wol jedoch erklärten beide Mecklenburg, Kurhessen und Sachsen -
Weimar (wiederholt noch bei den Schlußverhandlungen), sich für "Erhaltung
oder Einführung auf die ursprüngliche Einrichtung begründeter Verfass¬
ungen." Man faßte immer das Volk in seiner thatsächlichen historischen
Gliederung auf, wie es auch die auf 1815 folgende Zeit beweist, die sich durch
das Streben charakterisirt, nicht historisch berechtigte Theilnehmer an der
Landesvertretung, zumal Vertreter des Bauernstandes (wo sich solche fanden)
zu beseitigen und reine ständische Verfassungen wieder herzustellen. In Meck¬
lenburg war ein solches Streben nicht nöthig, die rein ständische Vertretung
blieb ungestört, es machte sich sogar der Wunsch nach einer Aenderung damals
nur in wenigen einzelnen Persönlichkeiten geltend, bis die Neuzeit auch hier
das Streben nach Verfassungsänderung in weitere Kreise eindringen ließ.


sitze des stargardschen Landmarschalls und Landraths von der Ritter- und
Landschaft dieses Kreises die sxöeiÄiisLlms, 8eg.i-MrclienLig, berathen werden.

3. Ritterschaftliche Amtsconvente, zu denen sich unter dem Vorsitze eines
Amtsdcputirten die Ritterschaft jedes Amtes allein versammelt, um ihre nähe¬
ren Angelegenheiten zu verhandeln. Die stargardsche Ritterschaft hält gemein¬
same Convente ab.

4. Landschaftliche Convente, zu welchen sich die gesammte Landschaft aller
drei Kreise jährlich zweimal versammelt, besonders zur Besprechung von Asse-
curanzangelegenhetten.

Zu den Unterhaltungskosten des ständischen Etats (den „ordentlichen Ne»
cessarien") tragen die Domänen, die Ritter- und die Landschaft je 7000, Ro¬
stock 2000 Thlr. bei. Davon zahlen die strelitzschen Domänen und Städte
je 1000 Thlr., die Klöster und der Rostocker District — diese zur ritterschaft¬
lichen Quote — ebenfalls 1000 Thlr.

Ueber den Werth der hier geschilderten Einrichtungen wollen wir nicht
weiter urtheilen; es ist klar, daß durch sie eine Vertretung des gesammten
Landes nicht erreicht werden kann, wie sie denn auch nicht einmal bezweckt
worden ist. Uns genügt es hier darauf aufmerksam zu machen, welch' eine
wichtige Stellung der Grundbesitz im Staate einnimmt und von jeher besessen
hat. Diese Stellung wurde ihm durch die auf den pariser Frieden folgenden
Verhandlungen aufs Neue und wiederholt garantirt. Es ist bekannt, wie
sehr sich die Verhandlungen über die Einführung einer gleichmäßigeren Volks¬
vertretung in die Länge zogen und man dennoch nicht weiter gelangte, als
daß um 8. Juni 1815 beschlossen wurde: „In allen Bundesstaaten wird eine
landständische Verfassung stattfinden." Man dachte hierbei an die ursprünglich
ständischen Verfassungen; Preußen allein brachte einen weiter gehenden Ent¬
wurf ein, indem es aussprach, daß sich die Organisation der Stände auf alle
Classen der Staatsbürger erstrecken solle. Dem schloß sich aber kein anderer
Staat an, wol jedoch erklärten beide Mecklenburg, Kurhessen und Sachsen -
Weimar (wiederholt noch bei den Schlußverhandlungen), sich für „Erhaltung
oder Einführung auf die ursprüngliche Einrichtung begründeter Verfass¬
ungen." Man faßte immer das Volk in seiner thatsächlichen historischen
Gliederung auf, wie es auch die auf 1815 folgende Zeit beweist, die sich durch
das Streben charakterisirt, nicht historisch berechtigte Theilnehmer an der
Landesvertretung, zumal Vertreter des Bauernstandes (wo sich solche fanden)
zu beseitigen und reine ständische Verfassungen wieder herzustellen. In Meck¬
lenburg war ein solches Streben nicht nöthig, die rein ständische Vertretung
blieb ungestört, es machte sich sogar der Wunsch nach einer Aenderung damals
nur in wenigen einzelnen Persönlichkeiten geltend, bis die Neuzeit auch hier
das Streben nach Verfassungsänderung in weitere Kreise eindringen ließ.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/278>, abgerufen am 25.07.2024.