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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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und Besteuerung. Betrifft die Gesetzgebung allein die Domänen, so ist stän¬
dische Berathung nicht erforderlich; betrifft sie Gerechtsame und Freiheiten der
gesummten Stände oder eines einzelnen Standes, so ist ständische Zustimmung
unbedingt erforderlich; betrifft sie nicht ständische Gerechtsame, sondern außer
diesen liegende Gegenstünde, so dürfen die Landstände ein rathsamcs Beden¬
ken abgeben, welchem die Landesherren alle billige Beachtung wollen zu Theil
werden lassen, ohne durch dasselbe bei der Ausführung gebunden zu sein.
Steuern für das ganze Land dürfen ohne ständische Bewilligung nicht aus¬
geschrieben, einmal vereinbarte aber nicht verweigert werden.

Die Stände können bei wichtigen und eilige" Angelegenheiten zu außer¬
ordentlichen Zusammenkünften (den Convocationstagen) gerufen werden. Diese
Berufung hängt ganz vom Belieben des Landesherrn ab. erstreckt sich ent¬
weder auf beide oder auf einen Stand oder auch auf einzelne Vertrauens-Per-
sonen. kann zu jeder Zeit und an jedem Orte, gemeinschaftlich oder für einen
Staat geschehen, findet jedoch selten statt.

Die einzelnen Korporationen halten jährliche regelmäßige Zusammenkünfte,
welche den Zweck haben. daß Jeder mit den laufenden Angelegenheiten ver¬
traut bleibe, durch gegenseitige Besprechung ein gemeinsames Interesse er¬
weckt und einmüthiges Handeln erzielt werde. Solche Zusammenkünfte sind.:

1. Die beiden Landesconvente zu Rostock, deren erster im Mai oder
v>uni stattfindet und nur dann ausfällt, wenn ein Frühlingslandtag abgehal¬
ten wurde, und deren zweiter jedem ordentlichen Landtage vorausgeht (der
Antccomitialconvent). Die Berufung geschieht durch den im Rostock do"
wicilirenden engeren Ausschuß, außer welchem die Theilnahme zusteht: dem
Landtagsdircctorium, einem Deputirten jedes ritterschaftlichen Amtes, einem
solche" des stargardschen Kreises, je einem Kreisdeputirten für die Landschaft,
welcher aus der betreffenden Vorderstadt (Parchim, Güstrow oder Neubranden¬
burg) gesandt wird, und zwei Deputaten der Landschaft mecklenburgischen
und wendischen Kreises, nicht jedoch der stargardschen Landschaft*) Auf dem
Frühlingsconvente beuchtet der engere Ausschuß über die ihm vom vorigen
Landtage ertheilten Aufträge, auf dem Antecomitialconvente werden die
vorlagen zum nächsten Landtage, namentlich die Geldbewilligungen, vorläufig
besprochen.

2. Die Kreisconvcnte zu Neubrandenburg, auf welchen unter dem Vor-



") Beide mecklenburgische Staaten bilden ein tvuäum soliäuw et iväivisum, zerfallen
aber in folgende Theile: ",. den mecklenburgischen Kreis oder das Herzogthum Schwerin; b.
°in wendischen Kreis, welcher enthält: ". das Herzogthum Güstrow (das Fürstenthum Wen-
den) und /?. die Herrschaft Stargard (Strelitz) oder den stargardschen Kreis; o, Stadt und
District Rostock; ä. Die Landesklöster mit ihren Besipungen; e. Das Fürstenthum Schwerin;
k- Die Herrschaft Wismor; g. Das Fürstenthum Ratzeburg.
Grenzten III. 1860, 34

und Besteuerung. Betrifft die Gesetzgebung allein die Domänen, so ist stän¬
dische Berathung nicht erforderlich; betrifft sie Gerechtsame und Freiheiten der
gesummten Stände oder eines einzelnen Standes, so ist ständische Zustimmung
unbedingt erforderlich; betrifft sie nicht ständische Gerechtsame, sondern außer
diesen liegende Gegenstünde, so dürfen die Landstände ein rathsamcs Beden¬
ken abgeben, welchem die Landesherren alle billige Beachtung wollen zu Theil
werden lassen, ohne durch dasselbe bei der Ausführung gebunden zu sein.
Steuern für das ganze Land dürfen ohne ständische Bewilligung nicht aus¬
geschrieben, einmal vereinbarte aber nicht verweigert werden.

Die Stände können bei wichtigen und eilige» Angelegenheiten zu außer¬
ordentlichen Zusammenkünften (den Convocationstagen) gerufen werden. Diese
Berufung hängt ganz vom Belieben des Landesherrn ab. erstreckt sich ent¬
weder auf beide oder auf einen Stand oder auch auf einzelne Vertrauens-Per-
sonen. kann zu jeder Zeit und an jedem Orte, gemeinschaftlich oder für einen
Staat geschehen, findet jedoch selten statt.

Die einzelnen Korporationen halten jährliche regelmäßige Zusammenkünfte,
welche den Zweck haben. daß Jeder mit den laufenden Angelegenheiten ver¬
traut bleibe, durch gegenseitige Besprechung ein gemeinsames Interesse er¬
weckt und einmüthiges Handeln erzielt werde. Solche Zusammenkünfte sind.:

1. Die beiden Landesconvente zu Rostock, deren erster im Mai oder
v>uni stattfindet und nur dann ausfällt, wenn ein Frühlingslandtag abgehal¬
ten wurde, und deren zweiter jedem ordentlichen Landtage vorausgeht (der
Antccomitialconvent). Die Berufung geschieht durch den im Rostock do«
wicilirenden engeren Ausschuß, außer welchem die Theilnahme zusteht: dem
Landtagsdircctorium, einem Deputirten jedes ritterschaftlichen Amtes, einem
solche» des stargardschen Kreises, je einem Kreisdeputirten für die Landschaft,
welcher aus der betreffenden Vorderstadt (Parchim, Güstrow oder Neubranden¬
burg) gesandt wird, und zwei Deputaten der Landschaft mecklenburgischen
und wendischen Kreises, nicht jedoch der stargardschen Landschaft*) Auf dem
Frühlingsconvente beuchtet der engere Ausschuß über die ihm vom vorigen
Landtage ertheilten Aufträge, auf dem Antecomitialconvente werden die
vorlagen zum nächsten Landtage, namentlich die Geldbewilligungen, vorläufig
besprochen.

2. Die Kreisconvcnte zu Neubrandenburg, auf welchen unter dem Vor-



") Beide mecklenburgische Staaten bilden ein tvuäum soliäuw et iväivisum, zerfallen
aber in folgende Theile: »,. den mecklenburgischen Kreis oder das Herzogthum Schwerin; b.
°in wendischen Kreis, welcher enthält: «. das Herzogthum Güstrow (das Fürstenthum Wen-
den) und /?. die Herrschaft Stargard (Strelitz) oder den stargardschen Kreis; o, Stadt und
District Rostock; ä. Die Landesklöster mit ihren Besipungen; e. Das Fürstenthum Schwerin;
k- Die Herrschaft Wismor; g. Das Fürstenthum Ratzeburg.
Grenzten III. 1860, 34
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[0277] und Besteuerung. Betrifft die Gesetzgebung allein die Domänen, so ist stän¬ dische Berathung nicht erforderlich; betrifft sie Gerechtsame und Freiheiten der gesummten Stände oder eines einzelnen Standes, so ist ständische Zustimmung unbedingt erforderlich; betrifft sie nicht ständische Gerechtsame, sondern außer diesen liegende Gegenstünde, so dürfen die Landstände ein rathsamcs Beden¬ ken abgeben, welchem die Landesherren alle billige Beachtung wollen zu Theil werden lassen, ohne durch dasselbe bei der Ausführung gebunden zu sein. Steuern für das ganze Land dürfen ohne ständische Bewilligung nicht aus¬ geschrieben, einmal vereinbarte aber nicht verweigert werden. Die Stände können bei wichtigen und eilige» Angelegenheiten zu außer¬ ordentlichen Zusammenkünften (den Convocationstagen) gerufen werden. Diese Berufung hängt ganz vom Belieben des Landesherrn ab. erstreckt sich ent¬ weder auf beide oder auf einen Stand oder auch auf einzelne Vertrauens-Per- sonen. kann zu jeder Zeit und an jedem Orte, gemeinschaftlich oder für einen Staat geschehen, findet jedoch selten statt. Die einzelnen Korporationen halten jährliche regelmäßige Zusammenkünfte, welche den Zweck haben. daß Jeder mit den laufenden Angelegenheiten ver¬ traut bleibe, durch gegenseitige Besprechung ein gemeinsames Interesse er¬ weckt und einmüthiges Handeln erzielt werde. Solche Zusammenkünfte sind.: 1. Die beiden Landesconvente zu Rostock, deren erster im Mai oder v>uni stattfindet und nur dann ausfällt, wenn ein Frühlingslandtag abgehal¬ ten wurde, und deren zweiter jedem ordentlichen Landtage vorausgeht (der Antccomitialconvent). Die Berufung geschieht durch den im Rostock do« wicilirenden engeren Ausschuß, außer welchem die Theilnahme zusteht: dem Landtagsdircctorium, einem Deputirten jedes ritterschaftlichen Amtes, einem solche» des stargardschen Kreises, je einem Kreisdeputirten für die Landschaft, welcher aus der betreffenden Vorderstadt (Parchim, Güstrow oder Neubranden¬ burg) gesandt wird, und zwei Deputaten der Landschaft mecklenburgischen und wendischen Kreises, nicht jedoch der stargardschen Landschaft*) Auf dem Frühlingsconvente beuchtet der engere Ausschuß über die ihm vom vorigen Landtage ertheilten Aufträge, auf dem Antecomitialconvente werden die vorlagen zum nächsten Landtage, namentlich die Geldbewilligungen, vorläufig besprochen. 2. Die Kreisconvcnte zu Neubrandenburg, auf welchen unter dem Vor- ") Beide mecklenburgische Staaten bilden ein tvuäum soliäuw et iväivisum, zerfallen aber in folgende Theile: »,. den mecklenburgischen Kreis oder das Herzogthum Schwerin; b. °in wendischen Kreis, welcher enthält: «. das Herzogthum Güstrow (das Fürstenthum Wen- den) und /?. die Herrschaft Stargard (Strelitz) oder den stargardschen Kreis; o, Stadt und District Rostock; ä. Die Landesklöster mit ihren Besipungen; e. Das Fürstenthum Schwerin; k- Die Herrschaft Wismor; g. Das Fürstenthum Ratzeburg. Grenzten III. 1860, 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/277>, abgerufen am 25.07.2024.