Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.die wohl eingerichtete Hochschule bot in ihrem Alumnate eine so ausgezeichnete Der sehr beträchtliche Grundgütercomplex des griechischen Patriarchats in die wohl eingerichtete Hochschule bot in ihrem Alumnate eine so ausgezeichnete Der sehr beträchtliche Grundgütercomplex des griechischen Patriarchats in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0260" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110066"/> <p xml:id="ID_744" prev="#ID_743"> die wohl eingerichtete Hochschule bot in ihrem Alumnate eine so ausgezeichnete<lb/> Gelegenheit unentgeltlicher Erziehung, daß die national-griechische Geistlichkeit<lb/> Jerusalems die Stellen für ihre eignen Verwandten aus Cypern, Rhodus<lb/> u. s. w. in Beschlag nahm, und für die Söhne der Landeseingebornen (grie¬<lb/> chisch-katholische Araber) kein Raum übrig blieb. Doch hatte die Synode die<lb/> Genugthuung, das Patriarchat zur Nachgiebigkeit gezwungen zu haben. Dadurch<lb/> ermuthigt, ging sie zu einer andern Forderung über, mit welcher sie aber an<lb/> der Zähigkeit der Griechen scheiterte.</p><lb/> <p xml:id="ID_745"> Der sehr beträchtliche Grundgütercomplex des griechischen Patriarchats in<lb/> und außerhalb Jerusalems rührt zu großem Theile von dem ehemaligen Eigen¬<lb/> thum der georgischen Kirche her, welches bei dem Verfall des georgischen Rei¬<lb/> ches verlassen und aufgegeben, in die Hände der. Griechen gekommen war.<lb/> Seit dieser Besitznahme hatte Nußland die transkaukasische Monarchie subsum-<lb/> mirt und vertrat dieselbe in allen ihren Rechten; auch war zu den in neuern<lb/> Zeiten durch Ankauf und Bestechung der türkischen Lokalbehörden bewerkstelligten<lb/> Erweiterungen des griechischen Besitzes von Rußland größtentheils das Geld<lb/> hergegeben worden, es ist also begreiflich, daß man in Petersburg der national¬<lb/> griechischen Geistlichkeit kein ausschließliches Besitzrecht an dem Grundcvmvlexe<lb/> zugestand. Da nun trotz aller Vorstellungen das Patriarchat fortfuhr, die<lb/> russischen Pilger nicht viel besser als das Vieh und viel schlechter als die Na-<lb/> jahgriechen zu beherbergen, so verlangte Rußland in den unmittelbaren Besitz<lb/> eines Theils des orthodoxen Kirchengutcs — zweier ehemals georgischen Klöster<lb/> — gesetzt zu werden. Diesen Anspruch betrachtete der griechische Klerus als<lb/> einen ersten Schritt der russischen Synode, ihn aus seiner dominirenden Stel¬<lb/> lung in Jerusalem ebenso zu verdrängen, wie er selber früher das national<lb/> arabische und das georgische Element nusgestoßen hatte, weshalb er auch ent¬<lb/> schiedenen Widerstand leistete'. Nicht das Patriarchat, hieß es, sondern die<lb/> gesammte rechtgläubige Christenheit sei Eigenthümern des jerusalemer Kir¬<lb/> chengutes. Der Patriarch könne demnach weder zu Gunsten Rußlands noch<lb/> Jemandes sonst darüber verfügen; er verwalte es nur im Namen der Chri¬<lb/> stenheit zu Gunsten des Dienstes an den heiligen Stätten. Um diese Stätten<lb/> drehe sich das Ganze, und ihnen sei das georgische Kircheneigenthum heim¬<lb/> gefallen, ebenso wie der georgische Staat der oströmischen Kaiserkrone, da seine<lb/> Könige es nicht mehr gegen die Ungläubigen zu vertheidigen vermochten.<lb/> Dem frühern Eigenthum stehe aber das später erworbene völlig gleich; es sei<lb/> eine Fiction, anzunehmen, dasselbe sei mit russischen Mitteln angeschafft. Viel¬<lb/> mehr habe den Kaufschilling der Almosenschatz Christi geliefert, in welchem<lb/> keine Nationalität mehr gelte, weder für den Pfennig der Wittwe, noch für<lb/> das Goldstück des Reichen. Auf die Forderung Rußlands könne daher nicht<lb/> eingegangen werden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0260]
die wohl eingerichtete Hochschule bot in ihrem Alumnate eine so ausgezeichnete
Gelegenheit unentgeltlicher Erziehung, daß die national-griechische Geistlichkeit
Jerusalems die Stellen für ihre eignen Verwandten aus Cypern, Rhodus
u. s. w. in Beschlag nahm, und für die Söhne der Landeseingebornen (grie¬
chisch-katholische Araber) kein Raum übrig blieb. Doch hatte die Synode die
Genugthuung, das Patriarchat zur Nachgiebigkeit gezwungen zu haben. Dadurch
ermuthigt, ging sie zu einer andern Forderung über, mit welcher sie aber an
der Zähigkeit der Griechen scheiterte.
Der sehr beträchtliche Grundgütercomplex des griechischen Patriarchats in
und außerhalb Jerusalems rührt zu großem Theile von dem ehemaligen Eigen¬
thum der georgischen Kirche her, welches bei dem Verfall des georgischen Rei¬
ches verlassen und aufgegeben, in die Hände der. Griechen gekommen war.
Seit dieser Besitznahme hatte Nußland die transkaukasische Monarchie subsum-
mirt und vertrat dieselbe in allen ihren Rechten; auch war zu den in neuern
Zeiten durch Ankauf und Bestechung der türkischen Lokalbehörden bewerkstelligten
Erweiterungen des griechischen Besitzes von Rußland größtentheils das Geld
hergegeben worden, es ist also begreiflich, daß man in Petersburg der national¬
griechischen Geistlichkeit kein ausschließliches Besitzrecht an dem Grundcvmvlexe
zugestand. Da nun trotz aller Vorstellungen das Patriarchat fortfuhr, die
russischen Pilger nicht viel besser als das Vieh und viel schlechter als die Na-
jahgriechen zu beherbergen, so verlangte Rußland in den unmittelbaren Besitz
eines Theils des orthodoxen Kirchengutcs — zweier ehemals georgischen Klöster
— gesetzt zu werden. Diesen Anspruch betrachtete der griechische Klerus als
einen ersten Schritt der russischen Synode, ihn aus seiner dominirenden Stel¬
lung in Jerusalem ebenso zu verdrängen, wie er selber früher das national
arabische und das georgische Element nusgestoßen hatte, weshalb er auch ent¬
schiedenen Widerstand leistete'. Nicht das Patriarchat, hieß es, sondern die
gesammte rechtgläubige Christenheit sei Eigenthümern des jerusalemer Kir¬
chengutes. Der Patriarch könne demnach weder zu Gunsten Rußlands noch
Jemandes sonst darüber verfügen; er verwalte es nur im Namen der Chri¬
stenheit zu Gunsten des Dienstes an den heiligen Stätten. Um diese Stätten
drehe sich das Ganze, und ihnen sei das georgische Kircheneigenthum heim¬
gefallen, ebenso wie der georgische Staat der oströmischen Kaiserkrone, da seine
Könige es nicht mehr gegen die Ungläubigen zu vertheidigen vermochten.
Dem frühern Eigenthum stehe aber das später erworbene völlig gleich; es sei
eine Fiction, anzunehmen, dasselbe sei mit russischen Mitteln angeschafft. Viel¬
mehr habe den Kaufschilling der Almosenschatz Christi geliefert, in welchem
keine Nationalität mehr gelte, weder für den Pfennig der Wittwe, noch für
das Goldstück des Reichen. Auf die Forderung Rußlands könne daher nicht
eingegangen werden.
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