Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.suchten Vortrag diese allerhochwichtigste Sache verächtlich gemacht, daß dem Auf dieses Gutachten gestützt, trug Moser seine Bedenken in einem Brief "Im Frühjahr 1746 entstand unter den ledigen Personen beiderlei Ge¬ ") In demselben Jahr wurde er von Münchhausen zur kurbraunschwcigschen Wahlbot¬
schaft nach Frankfurt geschickt, und arbeitete im Auftrag desselben die Denkschrift aus: "wie des neuen Kaisers Majestät (Franz der Erste) es anzugreifen haben möchte, wenn Sie Sich eine vergnügte und für Deutschland glückliche Regierung versprechen wollte?" -- Gleichzeitig ver¬ öffentlichte er einen "Dreifachen Entwurf einer Historie des Reichs Jesu Christi auf Erden, be¬ sonders von Dr. Speners Zeit an bis jetzt." suchten Vortrag diese allerhochwichtigste Sache verächtlich gemacht, daß dem Auf dieses Gutachten gestützt, trug Moser seine Bedenken in einem Brief „Im Frühjahr 1746 entstand unter den ledigen Personen beiderlei Ge¬ ") In demselben Jahr wurde er von Münchhausen zur kurbraunschwcigschen Wahlbot¬
schaft nach Frankfurt geschickt, und arbeitete im Auftrag desselben die Denkschrift aus: „wie des neuen Kaisers Majestät (Franz der Erste) es anzugreifen haben möchte, wenn Sie Sich eine vergnügte und für Deutschland glückliche Regierung versprechen wollte?" — Gleichzeitig ver¬ öffentlichte er einen „Dreifachen Entwurf einer Historie des Reichs Jesu Christi auf Erden, be¬ sonders von Dr. Speners Zeit an bis jetzt." <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0194" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110000"/> <p xml:id="ID_538" prev="#ID_537"> suchten Vortrag diese allerhochwichtigste Sache verächtlich gemacht, daß dem<lb/> falschen Propheten, der auf der Bahn ist, alles haufenweise zufallen wird . . .<lb/> Wenn sie aber dazu meinen, sie wollen das Panier tragen, zu welchem sich<lb/> alles, was noch rechtschaffen ist, finden und halten solle, so wird die Sache<lb/> übertrieben ... Es muß noch gar viel bösen unnützen Zeuges von dem Erd¬<lb/> boden weggeräumt werden, bis das übrige zeitig wird, eine solche Gemeine<lb/> zu Präsentiren, wie sie eine abgeben oder zuwegebringen wollen. Indessen<lb/> verhält sich ihre Beschäftigung wie ein Gartenwerk im Gewächshause, da<lb/> etwas vor der Zeit zuwege gebracht wird, aber die rechte Saison hernach viel<lb/> schmackhaftere Früchte in Menge träget: und bei den vielen Missionen möchte<lb/> zu bedenken sein, ob sie nicht frühzeitig wären, und dem Reich Gottes auf<lb/> die rechte Zeit zu einer Hinderniß werden möchten."</p><lb/> <p xml:id="ID_539"> Auf dieses Gutachten gestützt, trug Moser seine Bedenken in einem Brief<lb/> dem Grafen Zinzendorf vor; statt der Antwort wurden ihm aber (Januar 1745)<lb/> von der Gemeinde Herrnhut die größten Scheltworte zu Theil. Der Conflict<lb/> sollte ihn bald näher berühren.*) — Aus Marienborn, einem herrnhutischen<lb/> Ort. zurückgekehrt, legte Steinhofer 1745 das Pret'geant nieder, wollte aber<lb/> doch Lehrer der Gemeinde bleiben; er änderte seinen Lehrvortrag und richtete<lb/> ihn nach dem herrnhutischen Geschmack ein. Schon damals war Moser nahe<lb/> daran, aus der Gemeinschaft aufzutreten. doch bewog man ihn zu bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_540" next="#ID_541"> „Im Frühjahr 1746 entstand unter den ledigen Personen beiderlei Ge¬<lb/> schlechts eine starke Gemüthsbewegung, welche sich bald durch die ganze Ge¬<lb/> meinde ausbreitete. Es wurde von Vielen gerühmt, wie sie das Blut Jesu,<lb/> von welchem damals in der Gemeinde sast einzig und allein geredet und ge¬<lb/> predigt wurde, an ihren Herzen erfuhren, und es wurde aus dieser Erfahrung<lb/> des Blutes Jesu an dem Herzen ein eigenes neues Stück und Vorrecht derer<lb/> Lammesgeschwister gemacht, welches nicht alle hätten, wenn sie gleich Kinder<lb/> Gottes wären, auch Versicherung der Vergebung ihrer Sünden und ihres<lb/> Gnadenstandes hätten. Man theilte die ganze Gemeinde nach dieser Probe<lb/> in drei Classen ein: als diese Liste öffentlich verlesen wurde, befand ich mich<lb/> in der zweiten Classe ganz am Ende. . . Indessen fragte ich fleißig nach,<lb/> worin denn diese Erfahrung des Blutes Jesu an dem Herzen bestehe, und<lb/> von dem Frieden Gottes, darin ich stünde, und den mir Jesus mit seinem<lb/> Blut erworben hätte, wie auch von der Besprengung seines Bluts, welche ich<lb/> bei erhaltener Versicherung der Vergebung aller meiner Sünden erfahren</p><lb/> <note xml:id="FID_19" place="foot"> ") In demselben Jahr wurde er von Münchhausen zur kurbraunschwcigschen Wahlbot¬<lb/> schaft nach Frankfurt geschickt, und arbeitete im Auftrag desselben die Denkschrift aus: „wie<lb/> des neuen Kaisers Majestät (Franz der Erste) es anzugreifen haben möchte, wenn Sie Sich eine<lb/> vergnügte und für Deutschland glückliche Regierung versprechen wollte?" — Gleichzeitig ver¬<lb/> öffentlichte er einen „Dreifachen Entwurf einer Historie des Reichs Jesu Christi auf Erden, be¬<lb/> sonders von Dr. Speners Zeit an bis jetzt."</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0194]
suchten Vortrag diese allerhochwichtigste Sache verächtlich gemacht, daß dem
falschen Propheten, der auf der Bahn ist, alles haufenweise zufallen wird . . .
Wenn sie aber dazu meinen, sie wollen das Panier tragen, zu welchem sich
alles, was noch rechtschaffen ist, finden und halten solle, so wird die Sache
übertrieben ... Es muß noch gar viel bösen unnützen Zeuges von dem Erd¬
boden weggeräumt werden, bis das übrige zeitig wird, eine solche Gemeine
zu Präsentiren, wie sie eine abgeben oder zuwegebringen wollen. Indessen
verhält sich ihre Beschäftigung wie ein Gartenwerk im Gewächshause, da
etwas vor der Zeit zuwege gebracht wird, aber die rechte Saison hernach viel
schmackhaftere Früchte in Menge träget: und bei den vielen Missionen möchte
zu bedenken sein, ob sie nicht frühzeitig wären, und dem Reich Gottes auf
die rechte Zeit zu einer Hinderniß werden möchten."
Auf dieses Gutachten gestützt, trug Moser seine Bedenken in einem Brief
dem Grafen Zinzendorf vor; statt der Antwort wurden ihm aber (Januar 1745)
von der Gemeinde Herrnhut die größten Scheltworte zu Theil. Der Conflict
sollte ihn bald näher berühren.*) — Aus Marienborn, einem herrnhutischen
Ort. zurückgekehrt, legte Steinhofer 1745 das Pret'geant nieder, wollte aber
doch Lehrer der Gemeinde bleiben; er änderte seinen Lehrvortrag und richtete
ihn nach dem herrnhutischen Geschmack ein. Schon damals war Moser nahe
daran, aus der Gemeinschaft aufzutreten. doch bewog man ihn zu bleiben.
„Im Frühjahr 1746 entstand unter den ledigen Personen beiderlei Ge¬
schlechts eine starke Gemüthsbewegung, welche sich bald durch die ganze Ge¬
meinde ausbreitete. Es wurde von Vielen gerühmt, wie sie das Blut Jesu,
von welchem damals in der Gemeinde sast einzig und allein geredet und ge¬
predigt wurde, an ihren Herzen erfuhren, und es wurde aus dieser Erfahrung
des Blutes Jesu an dem Herzen ein eigenes neues Stück und Vorrecht derer
Lammesgeschwister gemacht, welches nicht alle hätten, wenn sie gleich Kinder
Gottes wären, auch Versicherung der Vergebung ihrer Sünden und ihres
Gnadenstandes hätten. Man theilte die ganze Gemeinde nach dieser Probe
in drei Classen ein: als diese Liste öffentlich verlesen wurde, befand ich mich
in der zweiten Classe ganz am Ende. . . Indessen fragte ich fleißig nach,
worin denn diese Erfahrung des Blutes Jesu an dem Herzen bestehe, und
von dem Frieden Gottes, darin ich stünde, und den mir Jesus mit seinem
Blut erworben hätte, wie auch von der Besprengung seines Bluts, welche ich
bei erhaltener Versicherung der Vergebung aller meiner Sünden erfahren
") In demselben Jahr wurde er von Münchhausen zur kurbraunschwcigschen Wahlbot¬
schaft nach Frankfurt geschickt, und arbeitete im Auftrag desselben die Denkschrift aus: „wie
des neuen Kaisers Majestät (Franz der Erste) es anzugreifen haben möchte, wenn Sie Sich eine
vergnügte und für Deutschland glückliche Regierung versprechen wollte?" — Gleichzeitig ver¬
öffentlichte er einen „Dreifachen Entwurf einer Historie des Reichs Jesu Christi auf Erden, be¬
sonders von Dr. Speners Zeit an bis jetzt."
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