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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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Rückzüge bestimmt, doch' sollte noch vorhero in eben dieser Nacht Bieses
mit Sturm weggenommen werden; in der That sollen alle Aussichten zu
einem glücklichen Erfolg da gewesen seyn, obgleich der Herzog nie zu dieser
Unternehmung sein Wort hat geben wollen, und stets öffentlich gesagt, er
überließe dieses ganz dem Prinzen von Hohenlohe. Ein junger Mensch ein
Emigrirter so bei uns Ingenieur ist, machte den Plahn des Angriffs un.d der
Sohn des Bürgermeisters aus eben dem Orte war der Führer; in der Nacht
gelang es unsern Leuten die Thore zu sprengen allein als sie vor das vierte
lahmen, war solches so mit Eisen zugemacht, daß alle Bregstangen die man
im Ueberfluß hatte theils abbrachen andern Theils wurden die Arbeiter von
den Steinen und großen Balken so von der Mauer geworfen wurden alle
thodt geschmißen. Der Feind hatte seine vertheidigungs Anstalten so gut ge¬
macht, daß gewißlich es uns aber so viel Menschen gekostet haben würde
wäre der Führer nicht todt geschossen worden. Die besten und ausgesuchtesten
Leute und Officiere waren bei diesem Angriff gewesen, und die ganze Armee
bedauert deren Verlust.

Doch nun muß ich auch auf uns zurückkommen die wir unter dessen un¬
sere Rctraite bis Le. lindert gemacht hatten. Der Feind ließ uns ruhig ste¬
hen und wir glaubten allgemein, daß unser Looß das glücklichste sey: allein
wir bemerkten gegen Morgen die gewöhnlichen'Blanker wieder uns, und nach¬
dem wir solche zurückgeworfen, und an (>0 gefangene gemacht glaubten wir,
der Feind würde sich damit begnügen, allein kaum waren wir zurück, so be-
ladenen wir einen solchen Regen von Kanonen-Kugeln, daß wir deutlich merk¬
ten der Feind habe noch etwas starkes hinter sich, in der That wurde auch
das kleine Gewehr-Feuer immer heftiger und es setzte unser zweites Bataillon
doppelt in Verlegenheit da Knobelsdorf durchaus keine secours schicken
wollte: unsere Leute hielten dennoch dieses Feuer bis gegen Abend aus, und
dann zogen sich die Compagnien en6etre<inen ab, bis hinter Le. lindert auf
einer sehr dominirenden Anhöhe wo über dieß das ganze Oorxs stand, bis
aufs Grenadier Bataillon so auf unserer rechten Flanke überSultzbach nehm¬
lich aus der Bilstockcr Höhe standen. Der Zurückzug dieses Bataillons war
vorher schon sobald es nicht hinlänglich unterstützt war und es ist nun Schade
um die vielen Leute und braven Officiere die es uns kostet. Kalkreuth
wurde auch schon sehr ernsthaft angegriffen, wobei das Regiment Krousatz
sich vorzüglich ausgezeichnet, indem die (ÄvaUeris einhaute und das 2. Glied
von selber kehrt machte und den Feind mit dem bajonett niederstieß.

Von 17. --18. in der Nacht machte ich die Arriergarde mit einem Ba¬
taillon und marschierte dann nach Altstadt wo wir ciantoniren sollen; allein
kaum waren wir eingerückt so mußten unsere 3 Bataillons die Höhen von
Altstadt besetzen: die folgenden Tage bis zum 27. haben wis täglich mit klei-


Grcnzbotm I. 1800. 9

Rückzüge bestimmt, doch' sollte noch vorhero in eben dieser Nacht Bieses
mit Sturm weggenommen werden; in der That sollen alle Aussichten zu
einem glücklichen Erfolg da gewesen seyn, obgleich der Herzog nie zu dieser
Unternehmung sein Wort hat geben wollen, und stets öffentlich gesagt, er
überließe dieses ganz dem Prinzen von Hohenlohe. Ein junger Mensch ein
Emigrirter so bei uns Ingenieur ist, machte den Plahn des Angriffs un.d der
Sohn des Bürgermeisters aus eben dem Orte war der Führer; in der Nacht
gelang es unsern Leuten die Thore zu sprengen allein als sie vor das vierte
lahmen, war solches so mit Eisen zugemacht, daß alle Bregstangen die man
im Ueberfluß hatte theils abbrachen andern Theils wurden die Arbeiter von
den Steinen und großen Balken so von der Mauer geworfen wurden alle
thodt geschmißen. Der Feind hatte seine vertheidigungs Anstalten so gut ge¬
macht, daß gewißlich es uns aber so viel Menschen gekostet haben würde
wäre der Führer nicht todt geschossen worden. Die besten und ausgesuchtesten
Leute und Officiere waren bei diesem Angriff gewesen, und die ganze Armee
bedauert deren Verlust.

Doch nun muß ich auch auf uns zurückkommen die wir unter dessen un¬
sere Rctraite bis Le. lindert gemacht hatten. Der Feind ließ uns ruhig ste¬
hen und wir glaubten allgemein, daß unser Looß das glücklichste sey: allein
wir bemerkten gegen Morgen die gewöhnlichen'Blanker wieder uns, und nach¬
dem wir solche zurückgeworfen, und an (>0 gefangene gemacht glaubten wir,
der Feind würde sich damit begnügen, allein kaum waren wir zurück, so be-
ladenen wir einen solchen Regen von Kanonen-Kugeln, daß wir deutlich merk¬
ten der Feind habe noch etwas starkes hinter sich, in der That wurde auch
das kleine Gewehr-Feuer immer heftiger und es setzte unser zweites Bataillon
doppelt in Verlegenheit da Knobelsdorf durchaus keine secours schicken
wollte: unsere Leute hielten dennoch dieses Feuer bis gegen Abend aus, und
dann zogen sich die Compagnien en6etre<inen ab, bis hinter Le. lindert auf
einer sehr dominirenden Anhöhe wo über dieß das ganze Oorxs stand, bis
aufs Grenadier Bataillon so auf unserer rechten Flanke überSultzbach nehm¬
lich aus der Bilstockcr Höhe standen. Der Zurückzug dieses Bataillons war
vorher schon sobald es nicht hinlänglich unterstützt war und es ist nun Schade
um die vielen Leute und braven Officiere die es uns kostet. Kalkreuth
wurde auch schon sehr ernsthaft angegriffen, wobei das Regiment Krousatz
sich vorzüglich ausgezeichnet, indem die (ÄvaUeris einhaute und das 2. Glied
von selber kehrt machte und den Feind mit dem bajonett niederstieß.

Von 17. —18. in der Nacht machte ich die Arriergarde mit einem Ba¬
taillon und marschierte dann nach Altstadt wo wir ciantoniren sollen; allein
kaum waren wir eingerückt so mußten unsere 3 Bataillons die Höhen von
Altstadt besetzen: die folgenden Tage bis zum 27. haben wis täglich mit klei-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/77>, abgerufen am 23.07.2024.