Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ich noch hinzugesetzt, daß unsere Husaren schwerlich so viel würden verlohren
haben in der Desilee v. Rentrisch, wenn der Feind wirklich im Rücken ge¬
nommen sei.

Brumpt, ein Ort der Darmstädtisch ist, wurde vor wenig Tagen von
den Oesterreichern bloquirt und aufgefordert, die Franzosen ergaben sich;
und nachdem die Oestreicher mit einer Besatzung von 300 Mann ein-
marschirt waren, lebten diese im größten Ueberfluß: allein kaum that der
Rausch seine Wirkung bei den Leuten, als die Bürger alle versteckten Fran¬
zosen herausließen, die nun nathürlich mit aller möglicher Wuth über die
Oesterreicher herfielen und beinahe alles niedermachten: G> Wurmser rückte aber
den folgenden Tag vor die Stadt, ließ sie einäschern und alles niederhaue".

Von unsern rechten Flügel, oder vielmehr von unsern äußersten Posten
rechter Hand welcher in Neuhaus und Alt-Peterhäuschen steht haben wir
2 Stunden bis zu den ersten kaiserlichen Posten: diese Gegend wird zwar flei¬
ßig patrouillirt; allein da das Kellerthal so sehr schwach besetzt ist, so glaube
ich, daß wenn die Franzosen irgend etwas unternehmen wollten; sie dort am
besten durchkommen könnten, sie würden ohne Frage uns und die Oesterreicher
zum Rückzug nöthigen und könnten tief ins Land Streifereien machen. Ein
Corps von ohngefähr 0--7000 Mann deckt von hier aus Trier, den Hunds-
rück und Luxemburg, auf der andern Seite steht eben ein solches Corps, daß
viel schwächer ist und dennoch die Position bei Arlvns besetzt hat. Ueberhaupt
stehen die Oesterreicher so weitläuftig, daß es ein Wunder ist, daß sie weder
cittaquirt noch auch die Dreistigkeit haben, ihre Leute so zu avanturiren. Leben
Sie wohl und sein stets von meiner Liebe Freundschaft und Hochachtung
,
Wilhelm Pr. v. Braunschweig. versichert

Im Lager bei Doudwciler d. 10. Nov. 1793.

12. Mit wahrer Freude kann ich Ihnen heute schreiben, da mein
Vater, ohne daß ich mich bei ihm entschuldigt, erfahren hat, daß die Sache
worüber ich Arrest beladen ihm falsch berichtet war: am ?. d. M. erhielt ich
Befehl nach Schweigen ins Haupt-Quartier zu kommen, allein meine Auf¬
nahme hielt mich gänzlich schadlos für die unangenehme Zeit, die ich im Ar¬
rest zugebracht, und in sehr vieler Rücksicht wahr der Befehl zu meinem Vater
zu kommen mir angenehm, besonders um durch'Unterredung jeden Mi߬
verstand oder jede meiner Handlungen zu erklähren. Allein lieber Freund
ich würde ganz die Freundschaft des Herzogs gewonnen haben, hätte ich über
einen Gegenstand in seinen Plan gewilligt, Sie werden leicht errathen, was
es betraff und doch that ich es hauptsächlich deswegen nicht, da der Schritt,
welcher von mir verlangt wurde, meinem ganzen Schicksaal eine andere Richtung
geben würde und ich überhaupt noch zu jung bin irgend einen Schritt zu thun,
dessen Folgen unabsehbar sind. Jetzt erst kenne ich, was der Herzog in der


ich noch hinzugesetzt, daß unsere Husaren schwerlich so viel würden verlohren
haben in der Desilee v. Rentrisch, wenn der Feind wirklich im Rücken ge¬
nommen sei.

Brumpt, ein Ort der Darmstädtisch ist, wurde vor wenig Tagen von
den Oesterreichern bloquirt und aufgefordert, die Franzosen ergaben sich;
und nachdem die Oestreicher mit einer Besatzung von 300 Mann ein-
marschirt waren, lebten diese im größten Ueberfluß: allein kaum that der
Rausch seine Wirkung bei den Leuten, als die Bürger alle versteckten Fran¬
zosen herausließen, die nun nathürlich mit aller möglicher Wuth über die
Oesterreicher herfielen und beinahe alles niedermachten: G> Wurmser rückte aber
den folgenden Tag vor die Stadt, ließ sie einäschern und alles niederhaue».

Von unsern rechten Flügel, oder vielmehr von unsern äußersten Posten
rechter Hand welcher in Neuhaus und Alt-Peterhäuschen steht haben wir
2 Stunden bis zu den ersten kaiserlichen Posten: diese Gegend wird zwar flei¬
ßig patrouillirt; allein da das Kellerthal so sehr schwach besetzt ist, so glaube
ich, daß wenn die Franzosen irgend etwas unternehmen wollten; sie dort am
besten durchkommen könnten, sie würden ohne Frage uns und die Oesterreicher
zum Rückzug nöthigen und könnten tief ins Land Streifereien machen. Ein
Corps von ohngefähr 0—7000 Mann deckt von hier aus Trier, den Hunds-
rück und Luxemburg, auf der andern Seite steht eben ein solches Corps, daß
viel schwächer ist und dennoch die Position bei Arlvns besetzt hat. Ueberhaupt
stehen die Oesterreicher so weitläuftig, daß es ein Wunder ist, daß sie weder
cittaquirt noch auch die Dreistigkeit haben, ihre Leute so zu avanturiren. Leben
Sie wohl und sein stets von meiner Liebe Freundschaft und Hochachtung
,
Wilhelm Pr. v. Braunschweig. versichert

Im Lager bei Doudwciler d. 10. Nov. 1793.

12. Mit wahrer Freude kann ich Ihnen heute schreiben, da mein
Vater, ohne daß ich mich bei ihm entschuldigt, erfahren hat, daß die Sache
worüber ich Arrest beladen ihm falsch berichtet war: am ?. d. M. erhielt ich
Befehl nach Schweigen ins Haupt-Quartier zu kommen, allein meine Auf¬
nahme hielt mich gänzlich schadlos für die unangenehme Zeit, die ich im Ar¬
rest zugebracht, und in sehr vieler Rücksicht wahr der Befehl zu meinem Vater
zu kommen mir angenehm, besonders um durch'Unterredung jeden Mi߬
verstand oder jede meiner Handlungen zu erklähren. Allein lieber Freund
ich würde ganz die Freundschaft des Herzogs gewonnen haben, hätte ich über
einen Gegenstand in seinen Plan gewilligt, Sie werden leicht errathen, was
es betraff und doch that ich es hauptsächlich deswegen nicht, da der Schritt,
welcher von mir verlangt wurde, meinem ganzen Schicksaal eine andere Richtung
geben würde und ich überhaupt noch zu jung bin irgend einen Schritt zu thun,
dessen Folgen unabsehbar sind. Jetzt erst kenne ich, was der Herzog in der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0075" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108797"/>
          <p xml:id="ID_218" prev="#ID_217"> ich noch hinzugesetzt, daß unsere Husaren schwerlich so viel würden verlohren<lb/>
haben in der Desilee v. Rentrisch, wenn der Feind wirklich im Rücken ge¬<lb/>
nommen sei.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_219"> Brumpt, ein Ort der Darmstädtisch ist, wurde vor wenig Tagen von<lb/>
den Oesterreichern bloquirt und aufgefordert, die Franzosen ergaben sich;<lb/>
und nachdem die Oestreicher mit einer Besatzung von 300 Mann ein-<lb/>
marschirt waren, lebten diese im größten Ueberfluß: allein kaum that der<lb/>
Rausch seine Wirkung bei den Leuten, als die Bürger alle versteckten Fran¬<lb/>
zosen herausließen, die nun nathürlich mit aller möglicher Wuth über die<lb/>
Oesterreicher herfielen und beinahe alles niedermachten: G&gt; Wurmser rückte aber<lb/>
den folgenden Tag vor die Stadt, ließ sie einäschern und alles niederhaue».</p><lb/>
          <p xml:id="ID_220"> Von unsern rechten Flügel, oder vielmehr von unsern äußersten Posten<lb/>
rechter Hand welcher in Neuhaus und Alt-Peterhäuschen steht haben wir<lb/>
2 Stunden bis zu den ersten kaiserlichen Posten: diese Gegend wird zwar flei¬<lb/>
ßig patrouillirt; allein da das Kellerthal so sehr schwach besetzt ist, so glaube<lb/>
ich, daß wenn die Franzosen irgend etwas unternehmen wollten; sie dort am<lb/>
besten durchkommen könnten, sie würden ohne Frage uns und die Oesterreicher<lb/>
zum Rückzug nöthigen und könnten tief ins Land Streifereien machen. Ein<lb/>
Corps von ohngefähr 0&#x2014;7000 Mann deckt von hier aus Trier, den Hunds-<lb/>
rück und Luxemburg, auf der andern Seite steht eben ein solches Corps, daß<lb/>
viel schwächer ist und dennoch die Position bei Arlvns besetzt hat. Ueberhaupt<lb/>
stehen die Oesterreicher so weitläuftig, daß es ein Wunder ist, daß sie weder<lb/>
cittaquirt noch auch die Dreistigkeit haben, ihre Leute so zu avanturiren. Leben<lb/>
Sie wohl und sein stets von meiner Liebe Freundschaft und Hochachtung<lb/><note type="bibl"> ,<lb/>
Wilhelm Pr. v. Braunschweig.</note> versichert </p><lb/>
          <p xml:id="ID_221"> Im Lager bei Doudwciler d. 10. Nov. 1793.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_222" next="#ID_223"> 12. Mit wahrer Freude kann ich Ihnen heute schreiben, da mein<lb/>
Vater, ohne daß ich mich bei ihm entschuldigt, erfahren hat, daß die Sache<lb/>
worüber ich Arrest beladen ihm falsch berichtet war: am ?. d. M. erhielt ich<lb/>
Befehl nach Schweigen ins Haupt-Quartier zu kommen, allein meine Auf¬<lb/>
nahme hielt mich gänzlich schadlos für die unangenehme Zeit, die ich im Ar¬<lb/>
rest zugebracht, und in sehr vieler Rücksicht wahr der Befehl zu meinem Vater<lb/>
zu kommen mir angenehm, besonders um durch'Unterredung jeden Mi߬<lb/>
verstand oder jede meiner Handlungen zu erklähren. Allein lieber Freund<lb/>
ich würde ganz die Freundschaft des Herzogs gewonnen haben, hätte ich über<lb/>
einen Gegenstand in seinen Plan gewilligt, Sie werden leicht errathen, was<lb/>
es betraff und doch that ich es hauptsächlich deswegen nicht, da der Schritt,<lb/>
welcher von mir verlangt wurde, meinem ganzen Schicksaal eine andere Richtung<lb/>
geben würde und ich überhaupt noch zu jung bin irgend einen Schritt zu thun,<lb/>
dessen Folgen unabsehbar sind.  Jetzt erst kenne ich, was der Herzog in der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0075] ich noch hinzugesetzt, daß unsere Husaren schwerlich so viel würden verlohren haben in der Desilee v. Rentrisch, wenn der Feind wirklich im Rücken ge¬ nommen sei. Brumpt, ein Ort der Darmstädtisch ist, wurde vor wenig Tagen von den Oesterreichern bloquirt und aufgefordert, die Franzosen ergaben sich; und nachdem die Oestreicher mit einer Besatzung von 300 Mann ein- marschirt waren, lebten diese im größten Ueberfluß: allein kaum that der Rausch seine Wirkung bei den Leuten, als die Bürger alle versteckten Fran¬ zosen herausließen, die nun nathürlich mit aller möglicher Wuth über die Oesterreicher herfielen und beinahe alles niedermachten: G> Wurmser rückte aber den folgenden Tag vor die Stadt, ließ sie einäschern und alles niederhaue». Von unsern rechten Flügel, oder vielmehr von unsern äußersten Posten rechter Hand welcher in Neuhaus und Alt-Peterhäuschen steht haben wir 2 Stunden bis zu den ersten kaiserlichen Posten: diese Gegend wird zwar flei¬ ßig patrouillirt; allein da das Kellerthal so sehr schwach besetzt ist, so glaube ich, daß wenn die Franzosen irgend etwas unternehmen wollten; sie dort am besten durchkommen könnten, sie würden ohne Frage uns und die Oesterreicher zum Rückzug nöthigen und könnten tief ins Land Streifereien machen. Ein Corps von ohngefähr 0—7000 Mann deckt von hier aus Trier, den Hunds- rück und Luxemburg, auf der andern Seite steht eben ein solches Corps, daß viel schwächer ist und dennoch die Position bei Arlvns besetzt hat. Ueberhaupt stehen die Oesterreicher so weitläuftig, daß es ein Wunder ist, daß sie weder cittaquirt noch auch die Dreistigkeit haben, ihre Leute so zu avanturiren. Leben Sie wohl und sein stets von meiner Liebe Freundschaft und Hochachtung , Wilhelm Pr. v. Braunschweig. versichert Im Lager bei Doudwciler d. 10. Nov. 1793. 12. Mit wahrer Freude kann ich Ihnen heute schreiben, da mein Vater, ohne daß ich mich bei ihm entschuldigt, erfahren hat, daß die Sache worüber ich Arrest beladen ihm falsch berichtet war: am ?. d. M. erhielt ich Befehl nach Schweigen ins Haupt-Quartier zu kommen, allein meine Auf¬ nahme hielt mich gänzlich schadlos für die unangenehme Zeit, die ich im Ar¬ rest zugebracht, und in sehr vieler Rücksicht wahr der Befehl zu meinem Vater zu kommen mir angenehm, besonders um durch'Unterredung jeden Mi߬ verstand oder jede meiner Handlungen zu erklähren. Allein lieber Freund ich würde ganz die Freundschaft des Herzogs gewonnen haben, hätte ich über einen Gegenstand in seinen Plan gewilligt, Sie werden leicht errathen, was es betraff und doch that ich es hauptsächlich deswegen nicht, da der Schritt, welcher von mir verlangt wurde, meinem ganzen Schicksaal eine andere Richtung geben würde und ich überhaupt noch zu jung bin irgend einen Schritt zu thun, dessen Folgen unabsehbar sind. Jetzt erst kenne ich, was der Herzog in der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/75
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/75>, abgerufen am 23.07.2024.