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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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der Kaiser Franz Joseph mit den Erzherzogen eine sichere Majorität habe. Die
englische Negierung kommt also zum Schlüsse, daß, wenn überhaupt ein ita¬
lienischer Bund geschaffen werden solle, Oestreich nicht Mitglied desselben sein
dürfe, so könne wenigstens das übrige Italien unabhängig werden.

Aber Graf Rechberg zerstört außerdem noch vollkommen die Hoffnungen
auf die Zugeständnisse, welche Gras Walcwski selbst als nothwendig erklären
muß, er wiederholt Lord Lostus, daß sein Gebieter sich zu nichts verpflichtet hat
und niemals sich girier fremden Macht gegenüber hinsichtlich der innern Negie¬
rung irgend eines Theiles seines Reiches binden wird. Wenn der Kaiser Napo¬
leon in seinem Briefe an den König von Sardinien vom 20. October schreibe:

Mus äeimmäercms Mb l'^utrielre se äÜMg'e tiÄnelremeut, ä'une eiw3o
ineessante ä'emoarras xour 1'g.veiür et Hu'elle coul-ente K eemxleter ig, UÄ-
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aetMinistration L^parce, mais eneers une armes It^kleine, -- nous äemaii-
äerens <^ne les korteressei- ac Nanwue et ac keselriera, soient reeomrues
terteresses ksäeralöL. --

so sei das ein Wunsch Frankreichs, dem Oestreich aber in keiner Weise ent¬
gegenzukommen verpflichtet sei. Er kenne nur die Stipulationen von Villa-
franca und in denselben stehe nichts davon. Lord Lostus drückt seine Ver¬
wunderung aus, daß Oestreich dann nicht wenigstens freiwillig Venedig eine
Verfassung gegeben habe, welche die Animosität gegen die östreichische Herr¬
schaft beseitigen würde. Graf Nechberg erwidert, Venetien besitze schon eine
musterhafte Verfassung und Negierung. Das Wahlprincip sei dort weiter an¬
gewendet, als in irgend einem Theil'Italiens, es bestehe das liberalste Self-
government, die Municipalitäten, Provinzialstände und Consulta würden ge¬
wählt. Auch gebe es nur 87 Beamte, die nicht Italiener seien. Lord Loftus
fragt darauf, woher denn die Unzufriedenheit komme, die doch in Venetien
herrsche. Der Grund sei sehr einfach, sagt Graf Nechberg, wie könne ein Staat
ruhig und zufrieden sein, wenn ein unruhiger Nachbar fortwährend arbeite
ihn zu revolutioniren, die Wühlereien der sardinischen Emissäre seien an allem
Schuld. Auf Befragen erklärt der englische Gesandte in Turin Sir I. Hud¬
son diese Anschuldigung für ganz unbegründet.

Man sieht, die Gesichtspunkte gehen so weit auseinander, daß keine Verstän¬
digung möglich ist. Noch mehr ist das aber bei dem Hauptpunkte der Fall,
der Wiedereinsetzung der vertriebenen Fürsten. Die Präliminarien von Villa-
franca sagten einfach: I^e (?iAnä Duo ac loseaire et 1e vue ac Noäeus rentrent
äiws leui-8 l^kath eil äormlmt une a,rrmistie g^u^rale.

Lord John Russell fragt- sogleich, wie soll das ausgeführt werden, sollen
französische, östreichische oder picmontesische Truppen gebraucht werden, etwaigen
Widerstand in Florenz, Modena oder Bologna zu brechen?


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der Kaiser Franz Joseph mit den Erzherzogen eine sichere Majorität habe. Die
englische Negierung kommt also zum Schlüsse, daß, wenn überhaupt ein ita¬
lienischer Bund geschaffen werden solle, Oestreich nicht Mitglied desselben sein
dürfe, so könne wenigstens das übrige Italien unabhängig werden.

Aber Graf Rechberg zerstört außerdem noch vollkommen die Hoffnungen
auf die Zugeständnisse, welche Gras Walcwski selbst als nothwendig erklären
muß, er wiederholt Lord Lostus, daß sein Gebieter sich zu nichts verpflichtet hat
und niemals sich girier fremden Macht gegenüber hinsichtlich der innern Negie¬
rung irgend eines Theiles seines Reiches binden wird. Wenn der Kaiser Napo¬
leon in seinem Briefe an den König von Sardinien vom 20. October schreibe:

Mus äeimmäercms Mb l'^utrielre se äÜMg'e tiÄnelremeut, ä'une eiw3o
ineessante ä'emoarras xour 1'g.veiür et Hu'elle coul-ente K eemxleter ig, UÄ-
tioniäite" ac 1a. Venetie, neu Leulemeut en ereairt une rexrÜLöutatioir et uns
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äerens <^ne les korteressei- ac Nanwue et ac keselriera, soient reeomrues
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so sei das ein Wunsch Frankreichs, dem Oestreich aber in keiner Weise ent¬
gegenzukommen verpflichtet sei. Er kenne nur die Stipulationen von Villa-
franca und in denselben stehe nichts davon. Lord Lostus drückt seine Ver¬
wunderung aus, daß Oestreich dann nicht wenigstens freiwillig Venedig eine
Verfassung gegeben habe, welche die Animosität gegen die östreichische Herr¬
schaft beseitigen würde. Graf Nechberg erwidert, Venetien besitze schon eine
musterhafte Verfassung und Negierung. Das Wahlprincip sei dort weiter an¬
gewendet, als in irgend einem Theil'Italiens, es bestehe das liberalste Self-
government, die Municipalitäten, Provinzialstände und Consulta würden ge¬
wählt. Auch gebe es nur 87 Beamte, die nicht Italiener seien. Lord Loftus
fragt darauf, woher denn die Unzufriedenheit komme, die doch in Venetien
herrsche. Der Grund sei sehr einfach, sagt Graf Nechberg, wie könne ein Staat
ruhig und zufrieden sein, wenn ein unruhiger Nachbar fortwährend arbeite
ihn zu revolutioniren, die Wühlereien der sardinischen Emissäre seien an allem
Schuld. Auf Befragen erklärt der englische Gesandte in Turin Sir I. Hud¬
son diese Anschuldigung für ganz unbegründet.

Man sieht, die Gesichtspunkte gehen so weit auseinander, daß keine Verstän¬
digung möglich ist. Noch mehr ist das aber bei dem Hauptpunkte der Fall,
der Wiedereinsetzung der vertriebenen Fürsten. Die Präliminarien von Villa-
franca sagten einfach: I^e (?iAnä Duo ac loseaire et 1e vue ac Noäeus rentrent
äiws leui-8 l^kath eil äormlmt une a,rrmistie g^u^rale.

Lord John Russell fragt- sogleich, wie soll das ausgeführt werden, sollen
französische, östreichische oder picmontesische Truppen gebraucht werden, etwaigen
Widerstand in Florenz, Modena oder Bologna zu brechen?


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[0415] der Kaiser Franz Joseph mit den Erzherzogen eine sichere Majorität habe. Die englische Negierung kommt also zum Schlüsse, daß, wenn überhaupt ein ita¬ lienischer Bund geschaffen werden solle, Oestreich nicht Mitglied desselben sein dürfe, so könne wenigstens das übrige Italien unabhängig werden. Aber Graf Rechberg zerstört außerdem noch vollkommen die Hoffnungen auf die Zugeständnisse, welche Gras Walcwski selbst als nothwendig erklären muß, er wiederholt Lord Lostus, daß sein Gebieter sich zu nichts verpflichtet hat und niemals sich girier fremden Macht gegenüber hinsichtlich der innern Negie¬ rung irgend eines Theiles seines Reiches binden wird. Wenn der Kaiser Napo¬ leon in seinem Briefe an den König von Sardinien vom 20. October schreibe: Mus äeimmäercms Mb l'^utrielre se äÜMg'e tiÄnelremeut, ä'une eiw3o ineessante ä'emoarras xour 1'g.veiür et Hu'elle coul-ente K eemxleter ig, UÄ- tioniäite" ac 1a. Venetie, neu Leulemeut en ereairt une rexrÜLöutatioir et uns aetMinistration L^parce, mais eneers une armes It^kleine, — nous äemaii- äerens <^ne les korteressei- ac Nanwue et ac keselriera, soient reeomrues terteresses ksäeralöL. — so sei das ein Wunsch Frankreichs, dem Oestreich aber in keiner Weise ent¬ gegenzukommen verpflichtet sei. Er kenne nur die Stipulationen von Villa- franca und in denselben stehe nichts davon. Lord Lostus drückt seine Ver¬ wunderung aus, daß Oestreich dann nicht wenigstens freiwillig Venedig eine Verfassung gegeben habe, welche die Animosität gegen die östreichische Herr¬ schaft beseitigen würde. Graf Nechberg erwidert, Venetien besitze schon eine musterhafte Verfassung und Negierung. Das Wahlprincip sei dort weiter an¬ gewendet, als in irgend einem Theil'Italiens, es bestehe das liberalste Self- government, die Municipalitäten, Provinzialstände und Consulta würden ge¬ wählt. Auch gebe es nur 87 Beamte, die nicht Italiener seien. Lord Loftus fragt darauf, woher denn die Unzufriedenheit komme, die doch in Venetien herrsche. Der Grund sei sehr einfach, sagt Graf Nechberg, wie könne ein Staat ruhig und zufrieden sein, wenn ein unruhiger Nachbar fortwährend arbeite ihn zu revolutioniren, die Wühlereien der sardinischen Emissäre seien an allem Schuld. Auf Befragen erklärt der englische Gesandte in Turin Sir I. Hud¬ son diese Anschuldigung für ganz unbegründet. Man sieht, die Gesichtspunkte gehen so weit auseinander, daß keine Verstän¬ digung möglich ist. Noch mehr ist das aber bei dem Hauptpunkte der Fall, der Wiedereinsetzung der vertriebenen Fürsten. Die Präliminarien von Villa- franca sagten einfach: I^e (?iAnä Duo ac loseaire et 1e vue ac Noäeus rentrent äiws leui-8 l^kath eil äormlmt une a,rrmistie g^u^rale. Lord John Russell fragt- sogleich, wie soll das ausgeführt werden, sollen französische, östreichische oder picmontesische Truppen gebraucht werden, etwaigen Widerstand in Florenz, Modena oder Bologna zu brechen? 51*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/415>, abgerufen am 23.07.2024.