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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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gezogen oder die Communalländereien solcher Städte, welche eine härtere Be¬
handlung verschuldet sollen. Diese Güter wurden zerschlage" und die Par¬
zellen theils an Römer theils an Provinzialen auf längere Zeit, z. B. 100
Jahre verpachtet oder gradezu in Erbpacht gegeben. Das eingezogene Weide¬
land dagegen benutzte der Staat in unmittelbarer Weise und ließ es wie den
Zehnten durch die Censoren verpachten. Die Beamten der Societäten führ¬
ten dann die strengste Aufsicht über die Triften, katastrirten überall den Vieh¬
bestand und ließen sich für jedes Stück ein Triftgeld zahlen. Wollten die
Besitzer mehr Vieh halten, als sie hatten einschreiben lassen, so hatten die
Pächter das Recht der Confiscation. Später bekamen die kleinen Landwirthe
das Recht, 10 Stück großes und 50 Stück kleines Vieh aus den Staatstrif¬
ten weiden zu dürfen. Die Einnahmen von den Tristen wurden dadurch ge¬
ringer und in der Kaiserzeit weideten in den Provinzen die kaiserlichen Heerden
auf den öffentlichen Weideplätze"; in Italien führten kaiserliche Prokuratoren
die Aussicht über den Bestand der. wie noch heute, während des Sommers
in den Apenninen weidenden Heerden und die Bestimmungen über das Ein-
schreibegcld waren noch in der ostgothischen Zeit beinahe dieselben.

Die anfänglichen Einkünfte des römischen Staats aus den Bergwerken
waren gering, weil er während der Republik nicht ausschließlich das Recht des
Bergbaus beanspruchte und weil es Maxime war, den Metallreichthum Ita¬
liens zu schonen. (So durften z. B. in den Goldgruben bei Vercelli nur
5000 Arbeiter gehalten werden!) Der Ertrag der Gruben stieg jedoch unge¬
heuer, nachdem die spanischen und macedonischen zu Staatseigenthum erklärt
worden waren. Ihr Betrieb wurde ebenfalls Aktiengesellschaften überlassen,
und wenn auch der ältere Plinius von staunenswerthen Seifenarbciten in
den spanischen Bergwerken erzählt, so wird der Grubenbetrieb im allgemeinen
durch das Verpachtungssystem gar nicht gewonnen haben, sondern nur zu
häufig in Raubbau ausgeartet sein. Auch die Verfälschung des Metalls von
Seiten der Pächter blieb natürlich nicht aus. So durfte z. B. der Zinnober
aus den Gruben des südwestlichen Spaniens an Ort und Stelle nicht fertig
zubereitet werden, sondern es wurden davon jährlich gegen 2000 Pfund unter
Aufsicht nach Rom geschafft und in den Offizinen der Kompagnie geschlemmt,
wobei das Pfund dann nicht über 3V2 Thlr. zu stehen kommen durste. Trotz¬
dem hatten die Pächter nach Plinius ihren größten Prosit dabei durch die
Versetzung. Die einträglichsten Gruben waren die Silbergruben bei Neukar¬
thago in Spanien, welche 40000 Menschen beschäftigten und täglich 25000
Denare (jährlich beinahe 2 Millionen Thlr.) einbrachten. Von den spanischen
Bleibergwerken nennt Plinius als jährliche Pachtsummen 15000 und 30000
Thlr. Mit welchem Eiser auch die Privatbergwerke in Spanien ausgebeutet
wurden, zeigt sich daran, daß die Abgaben derselben dem Staate noch mehr


Grenzboten I. 1860. 50

gezogen oder die Communalländereien solcher Städte, welche eine härtere Be¬
handlung verschuldet sollen. Diese Güter wurden zerschlage» und die Par¬
zellen theils an Römer theils an Provinzialen auf längere Zeit, z. B. 100
Jahre verpachtet oder gradezu in Erbpacht gegeben. Das eingezogene Weide¬
land dagegen benutzte der Staat in unmittelbarer Weise und ließ es wie den
Zehnten durch die Censoren verpachten. Die Beamten der Societäten führ¬
ten dann die strengste Aufsicht über die Triften, katastrirten überall den Vieh¬
bestand und ließen sich für jedes Stück ein Triftgeld zahlen. Wollten die
Besitzer mehr Vieh halten, als sie hatten einschreiben lassen, so hatten die
Pächter das Recht der Confiscation. Später bekamen die kleinen Landwirthe
das Recht, 10 Stück großes und 50 Stück kleines Vieh aus den Staatstrif¬
ten weiden zu dürfen. Die Einnahmen von den Tristen wurden dadurch ge¬
ringer und in der Kaiserzeit weideten in den Provinzen die kaiserlichen Heerden
auf den öffentlichen Weideplätze»; in Italien führten kaiserliche Prokuratoren
die Aussicht über den Bestand der. wie noch heute, während des Sommers
in den Apenninen weidenden Heerden und die Bestimmungen über das Ein-
schreibegcld waren noch in der ostgothischen Zeit beinahe dieselben.

Die anfänglichen Einkünfte des römischen Staats aus den Bergwerken
waren gering, weil er während der Republik nicht ausschließlich das Recht des
Bergbaus beanspruchte und weil es Maxime war, den Metallreichthum Ita¬
liens zu schonen. (So durften z. B. in den Goldgruben bei Vercelli nur
5000 Arbeiter gehalten werden!) Der Ertrag der Gruben stieg jedoch unge¬
heuer, nachdem die spanischen und macedonischen zu Staatseigenthum erklärt
worden waren. Ihr Betrieb wurde ebenfalls Aktiengesellschaften überlassen,
und wenn auch der ältere Plinius von staunenswerthen Seifenarbciten in
den spanischen Bergwerken erzählt, so wird der Grubenbetrieb im allgemeinen
durch das Verpachtungssystem gar nicht gewonnen haben, sondern nur zu
häufig in Raubbau ausgeartet sein. Auch die Verfälschung des Metalls von
Seiten der Pächter blieb natürlich nicht aus. So durfte z. B. der Zinnober
aus den Gruben des südwestlichen Spaniens an Ort und Stelle nicht fertig
zubereitet werden, sondern es wurden davon jährlich gegen 2000 Pfund unter
Aufsicht nach Rom geschafft und in den Offizinen der Kompagnie geschlemmt,
wobei das Pfund dann nicht über 3V2 Thlr. zu stehen kommen durste. Trotz¬
dem hatten die Pächter nach Plinius ihren größten Prosit dabei durch die
Versetzung. Die einträglichsten Gruben waren die Silbergruben bei Neukar¬
thago in Spanien, welche 40000 Menschen beschäftigten und täglich 25000
Denare (jährlich beinahe 2 Millionen Thlr.) einbrachten. Von den spanischen
Bleibergwerken nennt Plinius als jährliche Pachtsummen 15000 und 30000
Thlr. Mit welchem Eiser auch die Privatbergwerke in Spanien ausgebeutet
wurden, zeigt sich daran, daß die Abgaben derselben dem Staate noch mehr


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[0405] gezogen oder die Communalländereien solcher Städte, welche eine härtere Be¬ handlung verschuldet sollen. Diese Güter wurden zerschlage» und die Par¬ zellen theils an Römer theils an Provinzialen auf längere Zeit, z. B. 100 Jahre verpachtet oder gradezu in Erbpacht gegeben. Das eingezogene Weide¬ land dagegen benutzte der Staat in unmittelbarer Weise und ließ es wie den Zehnten durch die Censoren verpachten. Die Beamten der Societäten führ¬ ten dann die strengste Aufsicht über die Triften, katastrirten überall den Vieh¬ bestand und ließen sich für jedes Stück ein Triftgeld zahlen. Wollten die Besitzer mehr Vieh halten, als sie hatten einschreiben lassen, so hatten die Pächter das Recht der Confiscation. Später bekamen die kleinen Landwirthe das Recht, 10 Stück großes und 50 Stück kleines Vieh aus den Staatstrif¬ ten weiden zu dürfen. Die Einnahmen von den Tristen wurden dadurch ge¬ ringer und in der Kaiserzeit weideten in den Provinzen die kaiserlichen Heerden auf den öffentlichen Weideplätze»; in Italien führten kaiserliche Prokuratoren die Aussicht über den Bestand der. wie noch heute, während des Sommers in den Apenninen weidenden Heerden und die Bestimmungen über das Ein- schreibegcld waren noch in der ostgothischen Zeit beinahe dieselben. Die anfänglichen Einkünfte des römischen Staats aus den Bergwerken waren gering, weil er während der Republik nicht ausschließlich das Recht des Bergbaus beanspruchte und weil es Maxime war, den Metallreichthum Ita¬ liens zu schonen. (So durften z. B. in den Goldgruben bei Vercelli nur 5000 Arbeiter gehalten werden!) Der Ertrag der Gruben stieg jedoch unge¬ heuer, nachdem die spanischen und macedonischen zu Staatseigenthum erklärt worden waren. Ihr Betrieb wurde ebenfalls Aktiengesellschaften überlassen, und wenn auch der ältere Plinius von staunenswerthen Seifenarbciten in den spanischen Bergwerken erzählt, so wird der Grubenbetrieb im allgemeinen durch das Verpachtungssystem gar nicht gewonnen haben, sondern nur zu häufig in Raubbau ausgeartet sein. Auch die Verfälschung des Metalls von Seiten der Pächter blieb natürlich nicht aus. So durfte z. B. der Zinnober aus den Gruben des südwestlichen Spaniens an Ort und Stelle nicht fertig zubereitet werden, sondern es wurden davon jährlich gegen 2000 Pfund unter Aufsicht nach Rom geschafft und in den Offizinen der Kompagnie geschlemmt, wobei das Pfund dann nicht über 3V2 Thlr. zu stehen kommen durste. Trotz¬ dem hatten die Pächter nach Plinius ihren größten Prosit dabei durch die Versetzung. Die einträglichsten Gruben waren die Silbergruben bei Neukar¬ thago in Spanien, welche 40000 Menschen beschäftigten und täglich 25000 Denare (jährlich beinahe 2 Millionen Thlr.) einbrachten. Von den spanischen Bleibergwerken nennt Plinius als jährliche Pachtsummen 15000 und 30000 Thlr. Mit welchem Eiser auch die Privatbergwerke in Spanien ausgebeutet wurden, zeigt sich daran, daß die Abgaben derselben dem Staate noch mehr Grenzboten I. 1860. 50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/405>, abgerufen am 23.07.2024.