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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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werden können''). Man füllte daher die Freiwilligen vor Allem im Gebrauch
der Schießwaffe .üben, und so sind Scheiben und Schießhänscr nächst den
Leuten und den Waffen das nothwendigste, dessen man bedarf. Die Exerzicr-
übungcn kommen erst in zweiter, die Form der Wafsenröcke, die Zeichnung
des Bortcnbcsatzes, die Farbe der Aufschlüge, Vorstöße und Federbüsche in
dritter Reihe. Ein Mann, der mit einem Holzfuß hcrumhinkt, aber ein tüch¬
tiger Schütz ist, kann dem Feinde als defensiver Soldat mehr Schaden thun,
als drei der gewandtesten, raschesten Freiwilligen, die jenen wesentlichsten Zweig
ihrer Ausbildung vernachlässigt haben. Massen von Truppen können gebrochen
werden und sich dann für geschlagen ansehen, der Scharfschütz, dessen Haupt¬
gedanke sich auf den Vorzug richtet, den srin Name angibt, ist nicht eher ge¬
schlagen , als bis er entweder von einer Kugel getroffen oder zum Gefangnen
gemacht wird.

Gutes Schießen aber lernt sich nicht so leicht, als Mancher sich vorstellt.
Es muß mit Methode betrieben werden. Ein Rekrut kann es im Laufe eines
Sommers zu erträglicher Geschicklichkeit bringen; ist er aber sich selbst über¬
lassen, so wird er nicht leicht über die Mittelmäßigkeit herauskommen. Es
müssen Preis- und Wcttschießen eingerichtet, der Eifer und die Ausdauer
durch die Gelegenheit, Ehre und Auszeichnung zu erwerben, angefeuert
werden. Man darf nicht mit Pulver und Blei, man darf viel eher mit dem
Bortcnbcsatz auf den Waffenröcken und den goldenen Streifen an den Hosen
krausem. Wir sollten solche Nationalschießfcste haben, wie die Schweiz, die
Regierung müßte dieß, wo nicht in die Hand nehmen, doch nach allen Kräften
befördern. Das Nationalvergnügen des Engländers sind die Pferderennen;
aber dieselben sind jetzt so ausgeartet, daß die Beschränkung derselben aus
zwei bis drei große Hauptrcnnen kein Verlust, sondern ein Vortheil für das
Land sein würde. Statt der wegfallenden Wettrennen könnte man Wctt¬
schießen einführen. Eine mäßige Summe zu Preisen ausgesetzt würde den¬
selben Wetteifer wecken, den man jetzt in Epsom, Doncastcr und Newmarket
sieht. Nehmen wir an, daß jeder Freiwillige jährlich seine 500 Schüsse er¬
hielte. Das ist nicht eine einzige Patrone zu viel. Im ersten Jahre sollte
er davon lieber tausend bekommen und verschießen, aber sagen wir nur fünf¬
hundert. Diese würden etwa zwei Pfd. Se. kosten. Wahrscheinlich würde
die Hälfte der Freiwilligen ihre Munition sich selbst kaufen. Aber sehen wir
davon av. betrachten wir das Ganze als Nationalausgabe. Hunderttausend
Freiwillige würden somit jährlich 200,000 Pfd. Sterling für Munition kosten.



') Vorausgesetzt, daß ein so thörichter Starrkopf wie damals Packcnham die Soldaten
führt. Kein anderer als ein Engländer oder ein Russe hätte seine Leute gegen Jacksons baum¬
wollene Schanze Sturm laufen lassen, schwerlich ein Offizier unsrer Zeit, am wenigsten ein
D. Red. Franzose, und so fällt ein guter Theil des obigen Arguments zu Boden.

werden können''). Man füllte daher die Freiwilligen vor Allem im Gebrauch
der Schießwaffe .üben, und so sind Scheiben und Schießhänscr nächst den
Leuten und den Waffen das nothwendigste, dessen man bedarf. Die Exerzicr-
übungcn kommen erst in zweiter, die Form der Wafsenröcke, die Zeichnung
des Bortcnbcsatzes, die Farbe der Aufschlüge, Vorstöße und Federbüsche in
dritter Reihe. Ein Mann, der mit einem Holzfuß hcrumhinkt, aber ein tüch¬
tiger Schütz ist, kann dem Feinde als defensiver Soldat mehr Schaden thun,
als drei der gewandtesten, raschesten Freiwilligen, die jenen wesentlichsten Zweig
ihrer Ausbildung vernachlässigt haben. Massen von Truppen können gebrochen
werden und sich dann für geschlagen ansehen, der Scharfschütz, dessen Haupt¬
gedanke sich auf den Vorzug richtet, den srin Name angibt, ist nicht eher ge¬
schlagen , als bis er entweder von einer Kugel getroffen oder zum Gefangnen
gemacht wird.

Gutes Schießen aber lernt sich nicht so leicht, als Mancher sich vorstellt.
Es muß mit Methode betrieben werden. Ein Rekrut kann es im Laufe eines
Sommers zu erträglicher Geschicklichkeit bringen; ist er aber sich selbst über¬
lassen, so wird er nicht leicht über die Mittelmäßigkeit herauskommen. Es
müssen Preis- und Wcttschießen eingerichtet, der Eifer und die Ausdauer
durch die Gelegenheit, Ehre und Auszeichnung zu erwerben, angefeuert
werden. Man darf nicht mit Pulver und Blei, man darf viel eher mit dem
Bortcnbcsatz auf den Waffenröcken und den goldenen Streifen an den Hosen
krausem. Wir sollten solche Nationalschießfcste haben, wie die Schweiz, die
Regierung müßte dieß, wo nicht in die Hand nehmen, doch nach allen Kräften
befördern. Das Nationalvergnügen des Engländers sind die Pferderennen;
aber dieselben sind jetzt so ausgeartet, daß die Beschränkung derselben aus
zwei bis drei große Hauptrcnnen kein Verlust, sondern ein Vortheil für das
Land sein würde. Statt der wegfallenden Wettrennen könnte man Wctt¬
schießen einführen. Eine mäßige Summe zu Preisen ausgesetzt würde den¬
selben Wetteifer wecken, den man jetzt in Epsom, Doncastcr und Newmarket
sieht. Nehmen wir an, daß jeder Freiwillige jährlich seine 500 Schüsse er¬
hielte. Das ist nicht eine einzige Patrone zu viel. Im ersten Jahre sollte
er davon lieber tausend bekommen und verschießen, aber sagen wir nur fünf¬
hundert. Diese würden etwa zwei Pfd. Se. kosten. Wahrscheinlich würde
die Hälfte der Freiwilligen ihre Munition sich selbst kaufen. Aber sehen wir
davon av. betrachten wir das Ganze als Nationalausgabe. Hunderttausend
Freiwillige würden somit jährlich 200,000 Pfd. Sterling für Munition kosten.



') Vorausgesetzt, daß ein so thörichter Starrkopf wie damals Packcnham die Soldaten
führt. Kein anderer als ein Engländer oder ein Russe hätte seine Leute gegen Jacksons baum¬
wollene Schanze Sturm laufen lassen, schwerlich ein Offizier unsrer Zeit, am wenigsten ein
D. Red. Franzose, und so fällt ein guter Theil des obigen Arguments zu Boden.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/272>, abgerufen am 23.07.2024.