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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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lich, ja verdienstlich, sein, durch eine feine -- wenn Sie wollen listige --
Unterhandlung einen guten^und großen Zweck ohne Blutvergießen zu erreichen,
der sonst nur durch die fürchterlichsten Opfer durchzusetzen wäre? Die streng¬
sten Moralisten haben keinen Einwand gegen eine Kriegslist; sollten sie nicht
auch eine Friedenslist gelten lassen? Jene Lockspeisen nun sind: in Bezug
auf Parma, Modena und ^Toskana die Hoffnung einer Wiedereinsetzung der
flüchtigen Fürsten -- in Bezug auf das Benetianische und die Festungen,
tue Fortdauer des einstweiligen (gewiß nur kurzen) Besitzes derselben, -- in
Bezug auf den östreichischen Einfluß in dem gesammten Italien die Bildung
eines italienischen Bundes unter dem Vorsitz des Papstes, -- eines Bundes,
in welchen, sich Oestreich natürlich als vorherrschende Macht denken müßte.
Fassen wir nun die einzelnen Punkte näher ins Auge. Der Kaiser Franz Jo¬
seph, welches auch sonst seine Schwächen sein mögen, hat etwas Ritterliches.
Er wird also aus der Wiedereinsetzung der geflüchteten Fürsten bestehen, be¬
sonders der beiden, die sich persönlich unter seinen Schutz begeben haben.
Ich werde daher diesen Punkt zugeben, jedoch mit einer Wendung, welche
die Anwendung aller Waffengewalt ausschließt. Ich werde die Zu¬
sage geben, daß ich allen meinen diplomatischen und moralischen Einfluß zu
Gunsten dieser Wiedereinsetzung aufbieten' werde. Man wird das genügend
finden, da man natürlich diesen Einfluß für sehr mächtig hält, und da diese
guten Leute in ihrer--Vi5ose>idung sich wirklich einbilde" mögen, daß die
Mehrheit des Volkes die Wiedereinsetzung wünsche, und daß sie sonach leicht
zu bewerkstelligen sei, wenn sie nicht mit Gewalt verhindert werde. Ew. Maj.
brauche ich jedoch nicht zu sagen, daß diese Wiedereinsetzung eine Chimäre,
eine Unmöglichkeit ist, wenn sie nicht mit Waffengewalt durchgesetzt wird.
Wir kennen ja die wähle Stimmung der Bevölkerungen. Mit der 'Aus¬
schließung der Waffengewalt ist also dieser Punkt entschieden. Der Gang der
Sache wird einfach folgender sei". Ich selbst werde, um meine Zusage zu
erfüllen, in !)leben und Zuschriften die Wiedereinsetzung empfehlen, ja sogar
einige Diplomaten mit passenden Instruktionen an Ort und Stelle schicken,
um sie scheinbar anzubahnen. Bei jedem dieser Alte aber werde ich aus¬
drücklich wiederholen, daß jede Waffengewalt unzillässig sei. Die Kundigen
werden das verstehen. Ew. Maj. selbst werden sich, um Oestreichs Mei"u"g
von der Allmacht meines Einflusses und von der Aufrichtigkeit meiner Zusage
zu bestärken, bis zu einem gewissen Grade nachgiebig zeigen müssen. Eine
vortreffliche, vielleicht nöthige Maßregel in diesem Sinn würde sein, wenn
Sie unser" Eavour, den alle Well als deu entschiedensten Verfechter der ita¬
lienischen Unabhängigkeit ansteht, auf eine Zeit lang enliießen. Der kluge und
wackere Mail" wird aus den leisesten Wink verstehen, wie es gemeint ist; auch
könnten wir ihn, wie ich glaube, ohne Gefahr i" unfer Geheininiß einweihen;


lich, ja verdienstlich, sein, durch eine feine — wenn Sie wollen listige —
Unterhandlung einen guten^und großen Zweck ohne Blutvergießen zu erreichen,
der sonst nur durch die fürchterlichsten Opfer durchzusetzen wäre? Die streng¬
sten Moralisten haben keinen Einwand gegen eine Kriegslist; sollten sie nicht
auch eine Friedenslist gelten lassen? Jene Lockspeisen nun sind: in Bezug
auf Parma, Modena und ^Toskana die Hoffnung einer Wiedereinsetzung der
flüchtigen Fürsten — in Bezug auf das Benetianische und die Festungen,
tue Fortdauer des einstweiligen (gewiß nur kurzen) Besitzes derselben, — in
Bezug auf den östreichischen Einfluß in dem gesammten Italien die Bildung
eines italienischen Bundes unter dem Vorsitz des Papstes, — eines Bundes,
in welchen, sich Oestreich natürlich als vorherrschende Macht denken müßte.
Fassen wir nun die einzelnen Punkte näher ins Auge. Der Kaiser Franz Jo¬
seph, welches auch sonst seine Schwächen sein mögen, hat etwas Ritterliches.
Er wird also aus der Wiedereinsetzung der geflüchteten Fürsten bestehen, be¬
sonders der beiden, die sich persönlich unter seinen Schutz begeben haben.
Ich werde daher diesen Punkt zugeben, jedoch mit einer Wendung, welche
die Anwendung aller Waffengewalt ausschließt. Ich werde die Zu¬
sage geben, daß ich allen meinen diplomatischen und moralischen Einfluß zu
Gunsten dieser Wiedereinsetzung aufbieten' werde. Man wird das genügend
finden, da man natürlich diesen Einfluß für sehr mächtig hält, und da diese
guten Leute in ihrer--Vi5ose>idung sich wirklich einbilde» mögen, daß die
Mehrheit des Volkes die Wiedereinsetzung wünsche, und daß sie sonach leicht
zu bewerkstelligen sei, wenn sie nicht mit Gewalt verhindert werde. Ew. Maj.
brauche ich jedoch nicht zu sagen, daß diese Wiedereinsetzung eine Chimäre,
eine Unmöglichkeit ist, wenn sie nicht mit Waffengewalt durchgesetzt wird.
Wir kennen ja die wähle Stimmung der Bevölkerungen. Mit der 'Aus¬
schließung der Waffengewalt ist also dieser Punkt entschieden. Der Gang der
Sache wird einfach folgender sei». Ich selbst werde, um meine Zusage zu
erfüllen, in !)leben und Zuschriften die Wiedereinsetzung empfehlen, ja sogar
einige Diplomaten mit passenden Instruktionen an Ort und Stelle schicken,
um sie scheinbar anzubahnen. Bei jedem dieser Alte aber werde ich aus¬
drücklich wiederholen, daß jede Waffengewalt unzillässig sei. Die Kundigen
werden das verstehen. Ew. Maj. selbst werden sich, um Oestreichs Mei»u»g
von der Allmacht meines Einflusses und von der Aufrichtigkeit meiner Zusage
zu bestärken, bis zu einem gewissen Grade nachgiebig zeigen müssen. Eine
vortreffliche, vielleicht nöthige Maßregel in diesem Sinn würde sein, wenn
Sie unser» Eavour, den alle Well als deu entschiedensten Verfechter der ita¬
lienischen Unabhängigkeit ansteht, auf eine Zeit lang enliießen. Der kluge und
wackere Mail» wird aus den leisesten Wink verstehen, wie es gemeint ist; auch
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/260>, abgerufen am 23.07.2024.