Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.So etwa mochte Garibaldi rechnen. Am 28. October übernahm er durch 30*
So etwa mochte Garibaldi rechnen. Am 28. October übernahm er durch 30*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108969"/> <p xml:id="ID_692" prev="#ID_691" next="#ID_693"> So etwa mochte Garibaldi rechnen. Am 28. October übernahm er durch<lb/> Tagesbefehl das Obercommando über die sämmtlichen in der Romagna con><lb/> centrirten mittelitalicnischcn Truppen; unter ihm sollten die Divisionen von<lb/> den Generalen Mczzaccipo und Roselli commandirt werden. Damit rückte die<lb/> Gefahr näher, daß Ganbaldi auf eigne Faust einen Handstreich führe. Zu<lb/> Turin, wo man von der beabsichtigten Bereinigung der Truppen in der Ro¬<lb/> magna unter Gciribaldis Oberbefehl schon vorher wußte, war man der Mei¬<lb/> nung, daß ein Angriff dieses Generals auf den Papst alles verderben würde.<lb/> Bon Paris her ward gedroht, daß in einem solchen Falle das Nichtintcrven-<lb/> tionspnncip seine Giltigkeit verliere und die Franzosen zur Unterstützung des<lb/> Papstes einschreiten müßten. Das picmontesische Ministerium glaubte zu<lb/> wissen, daß Walewski im Einverständnis; mit Rechberg und Antonelli nichts<lb/> sehnlicher wünsche, als einen Angriff der Nvmagnolen auf das päpstliche Ge¬<lb/> biet und bestimmte daher den König Victor Emanuel, Ganbaldi nach Turin<lb/> zu berufen, um persönlich mit ihm Rücksprache zu nehmen und ihn von seinen<lb/> etwaigen Angriffsabsichten zurückzubringen. Victor Emanuel ließ in der That<lb/> Ganbaldi kommen. Am 29. schon kam dieser zu Genua an und hatte am<lb/> 31. mit Victor Emanuel eine Zusammenkunft zu Turin. Der König empfahl<lb/> dem General die höchste Vorsicht; Gmibaldi versprach auch, sich derselben zu<lb/> befleißigen, machte indessen darauf aufmerksam, daß die Neapolitaner, mit den<lb/> Päpstlichen vereint, ihrerseits angreifen konnten. Hatte doch zu dieser Zeit<lb/> bereits der Erzbischof von Neapel, Cardinal Riario, allen seinen Pfarrern ein¬<lb/> geschärft, gegen die beiden Feinde Gottes und der Kirche, den König Victor<lb/> Emanue'l und Ganbaldi, zu predigen. Sicherlich müsse man sich auf den An¬<lb/> griff gefaßt machen, und wenn einerseits die anempfohlene Vorsicht gebiete,<lb/> daß die Mittelitnlrener nicht, wie es einmal bei einem Uebungsmarsche der<lb/> Division Mezzacapo, ob absichtlich oder unabsichtlich, geschehen war, von der<lb/> Romagna aus das päpstliche Gebiet betraten, so erheische doch andererseits<lb/> dieselbe Vorsicht, daß man die mittelitalienischen Truppen an der Grenze con-<lb/> centrirt halte, um auf alle Fälle gerüstet zu sein. Victor Emanuel schien hier¬<lb/> mit einverstanden zu sein und Garibaldi, sobald er nach der Romagna zurück¬<lb/> gekehrt war, setzte nicht blos die Truppen aus dein Norden, aus der Gegend<lb/> von Bologna, an die Südgrenze der Romagna in Bewegung, er beanspruchte<lb/> auch, daß aus Modena, Parma, Toscana andere Truppen Mittelitaliens eben¬<lb/> falls nach der Romagna hin zusammengezogen würden. Bei dieser Gelegen¬<lb/> heit kam der unter der Asche glimmende Funken des innern Meinungszwie¬<lb/> spaltes zwischen Fanti und Garibaldi zum Ausbruch. Fanti war Oberbefehls¬<lb/> haber und Kriegsminister, Garibaldi war Ende September zum zweiten<lb/> Obergeneral der Armee von Mittelitalien ernannt worden; er sollte danach in<lb/> Abwesenheit Fantis den Oberbefehl führen, und im Allgemeinen ward dies so</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 30*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
So etwa mochte Garibaldi rechnen. Am 28. October übernahm er durch
Tagesbefehl das Obercommando über die sämmtlichen in der Romagna con>
centrirten mittelitalicnischcn Truppen; unter ihm sollten die Divisionen von
den Generalen Mczzaccipo und Roselli commandirt werden. Damit rückte die
Gefahr näher, daß Ganbaldi auf eigne Faust einen Handstreich führe. Zu
Turin, wo man von der beabsichtigten Bereinigung der Truppen in der Ro¬
magna unter Gciribaldis Oberbefehl schon vorher wußte, war man der Mei¬
nung, daß ein Angriff dieses Generals auf den Papst alles verderben würde.
Bon Paris her ward gedroht, daß in einem solchen Falle das Nichtintcrven-
tionspnncip seine Giltigkeit verliere und die Franzosen zur Unterstützung des
Papstes einschreiten müßten. Das picmontesische Ministerium glaubte zu
wissen, daß Walewski im Einverständnis; mit Rechberg und Antonelli nichts
sehnlicher wünsche, als einen Angriff der Nvmagnolen auf das päpstliche Ge¬
biet und bestimmte daher den König Victor Emanuel, Ganbaldi nach Turin
zu berufen, um persönlich mit ihm Rücksprache zu nehmen und ihn von seinen
etwaigen Angriffsabsichten zurückzubringen. Victor Emanuel ließ in der That
Ganbaldi kommen. Am 29. schon kam dieser zu Genua an und hatte am
31. mit Victor Emanuel eine Zusammenkunft zu Turin. Der König empfahl
dem General die höchste Vorsicht; Gmibaldi versprach auch, sich derselben zu
befleißigen, machte indessen darauf aufmerksam, daß die Neapolitaner, mit den
Päpstlichen vereint, ihrerseits angreifen konnten. Hatte doch zu dieser Zeit
bereits der Erzbischof von Neapel, Cardinal Riario, allen seinen Pfarrern ein¬
geschärft, gegen die beiden Feinde Gottes und der Kirche, den König Victor
Emanue'l und Ganbaldi, zu predigen. Sicherlich müsse man sich auf den An¬
griff gefaßt machen, und wenn einerseits die anempfohlene Vorsicht gebiete,
daß die Mittelitnlrener nicht, wie es einmal bei einem Uebungsmarsche der
Division Mezzacapo, ob absichtlich oder unabsichtlich, geschehen war, von der
Romagna aus das päpstliche Gebiet betraten, so erheische doch andererseits
dieselbe Vorsicht, daß man die mittelitalienischen Truppen an der Grenze con-
centrirt halte, um auf alle Fälle gerüstet zu sein. Victor Emanuel schien hier¬
mit einverstanden zu sein und Garibaldi, sobald er nach der Romagna zurück¬
gekehrt war, setzte nicht blos die Truppen aus dein Norden, aus der Gegend
von Bologna, an die Südgrenze der Romagna in Bewegung, er beanspruchte
auch, daß aus Modena, Parma, Toscana andere Truppen Mittelitaliens eben¬
falls nach der Romagna hin zusammengezogen würden. Bei dieser Gelegen¬
heit kam der unter der Asche glimmende Funken des innern Meinungszwie¬
spaltes zwischen Fanti und Garibaldi zum Ausbruch. Fanti war Oberbefehls¬
haber und Kriegsminister, Garibaldi war Ende September zum zweiten
Obergeneral der Armee von Mittelitalien ernannt worden; er sollte danach in
Abwesenheit Fantis den Oberbefehl führen, und im Allgemeinen ward dies so
30*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |