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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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man auf die Ersetzung dos Prinzen von Carignan durch Buoncompagni. Als die
Kavaliere Minghetti und Peruzzi am 1Z. Siovember von, Prinzen Eugen em¬
pfangen wurden, sagte er ihnen zunächst seinen Dank für das Vertrauen, wel¬
ches Mittelitalien ihm beweise, welches er indessen mehr auf den König und
Italien als auf seine Person beziehe. Rathschläge der Mächte, Gründe der
Eonvenienz und der Politik Angesichts des bevorstehenden Congresses hinderten
ihn zu seinem Bedauern, das Mandat anzunehmen. In dem er es ablehne,
bringe er aber, wie er glaube, der Sache Italiens ein nützliches Opfer. Er
glaube ferner Mittelitalien einen guten Dienst zu erweisen, indem er ihnen
Buoucompagui zum Regenten empfehle. In einem Schreiben vom 14. No¬
vember an Buoucompagui forderte er diesen zur Uebernahme der Regentschaft
auf, indem er ihm bemerklich machte, daß es sich darum handle, ruhig aus¬
zuharren, das Militärweseu zu heben, aber rein im Abwarten zu bleiben,
während er zugleich auf die wiederholten Versprechungen Napoleons, eine be¬
waffnete Intervention nicht zu dulden, und auf die Hilfe des Königs Victor
Emanuel hinwies, die Mittelitalien stets gewahrt werden würde. Indessen
stieß auch Buoncompagnis Regentschaft auf Hindernisse, und zwar erklärte sich
nicht blos der Kaiser Napoleon ebenso entschieden gegen sie als gegen die¬
jenige des Prinzen selbst, auch dieToscaner machten Miene, damit unzufrieden
zu sein. Ihre Deputation war über Genua am 15. November in Turin er¬
wartet, sie traf aber nicht ein. In Genua erhielt sie die Nachricht von der
Ablehnung des Prinzen von Carignan und der Institution Buoncompagnis.
Da sie für diesen Fall nicht mit Instructionen versehen war, glaubte sie erst
Verhaltungsbefehle von ihrer Regierung einholen zu müssen, und in Folge der
selben begab sie sich dann am 1K. nach Turin, um dort gegen die Unterschie¬
bung Buoncompagnis Protest zu erheben/ Nach beiden Seiten hin ward nun
gearbeitet, um die entstandenen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Deu
Toscanern ward vorgestellt, daß man sich in da>s Unvermeidliche fügen müsse,
und daß es nicht um der Zeit sei, jetzt in Italien selbst Zwiespalt zu stiften.
Nach Paris gab die piemontefische Regierung die Erklärung ab, daß die Sen¬
dung Buoucompaguis nach Mittelitalien keineswegs die Bedeutung der Ein¬
setzung einer Regentschaft habe, daß Buoncompagni nur die Aufgabe habe,
die "Ordnung" in Mittelitalien, insbesondere unter den heißblütigen Romn-
guolcn zu erhalten und ans solche Weise Ereignissen vorzubeugen, welche, sehr
störend in den gesammten Gang der Dinge eingreifen könnten. Die Toscauer
fügten sich bald, und auch Napoleon erklärte, daß er befriedigt sei und nichts
weiter gegen die Mission Buoncompagnis einzuwenden habe.

In Oestreich war man von diesem Verlaufe nicht eben sehr erbaut:
man meinte, Napoleon habe sich nur zum Schein gegen die Regentschaft ge¬
sperrt; ebenso dachten die Leute in Rom und Neapel, denen die ganze


Grenzten I. 1^60, 30

man auf die Ersetzung dos Prinzen von Carignan durch Buoncompagni. Als die
Kavaliere Minghetti und Peruzzi am 1Z. Siovember von, Prinzen Eugen em¬
pfangen wurden, sagte er ihnen zunächst seinen Dank für das Vertrauen, wel¬
ches Mittelitalien ihm beweise, welches er indessen mehr auf den König und
Italien als auf seine Person beziehe. Rathschläge der Mächte, Gründe der
Eonvenienz und der Politik Angesichts des bevorstehenden Congresses hinderten
ihn zu seinem Bedauern, das Mandat anzunehmen. In dem er es ablehne,
bringe er aber, wie er glaube, der Sache Italiens ein nützliches Opfer. Er
glaube ferner Mittelitalien einen guten Dienst zu erweisen, indem er ihnen
Buoucompagui zum Regenten empfehle. In einem Schreiben vom 14. No¬
vember an Buoucompagui forderte er diesen zur Uebernahme der Regentschaft
auf, indem er ihm bemerklich machte, daß es sich darum handle, ruhig aus¬
zuharren, das Militärweseu zu heben, aber rein im Abwarten zu bleiben,
während er zugleich auf die wiederholten Versprechungen Napoleons, eine be¬
waffnete Intervention nicht zu dulden, und auf die Hilfe des Königs Victor
Emanuel hinwies, die Mittelitalien stets gewahrt werden würde. Indessen
stieß auch Buoncompagnis Regentschaft auf Hindernisse, und zwar erklärte sich
nicht blos der Kaiser Napoleon ebenso entschieden gegen sie als gegen die¬
jenige des Prinzen selbst, auch dieToscaner machten Miene, damit unzufrieden
zu sein. Ihre Deputation war über Genua am 15. November in Turin er¬
wartet, sie traf aber nicht ein. In Genua erhielt sie die Nachricht von der
Ablehnung des Prinzen von Carignan und der Institution Buoncompagnis.
Da sie für diesen Fall nicht mit Instructionen versehen war, glaubte sie erst
Verhaltungsbefehle von ihrer Regierung einholen zu müssen, und in Folge der
selben begab sie sich dann am 1K. nach Turin, um dort gegen die Unterschie¬
bung Buoncompagnis Protest zu erheben/ Nach beiden Seiten hin ward nun
gearbeitet, um die entstandenen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Deu
Toscanern ward vorgestellt, daß man sich in da>s Unvermeidliche fügen müsse,
und daß es nicht um der Zeit sei, jetzt in Italien selbst Zwiespalt zu stiften.
Nach Paris gab die piemontefische Regierung die Erklärung ab, daß die Sen¬
dung Buoucompaguis nach Mittelitalien keineswegs die Bedeutung der Ein¬
setzung einer Regentschaft habe, daß Buoncompagni nur die Aufgabe habe,
die „Ordnung" in Mittelitalien, insbesondere unter den heißblütigen Romn-
guolcn zu erhalten und ans solche Weise Ereignissen vorzubeugen, welche, sehr
störend in den gesammten Gang der Dinge eingreifen könnten. Die Toscauer
fügten sich bald, und auch Napoleon erklärte, daß er befriedigt sei und nichts
weiter gegen die Mission Buoncompagnis einzuwenden habe.

In Oestreich war man von diesem Verlaufe nicht eben sehr erbaut:
man meinte, Napoleon habe sich nur zum Schein gegen die Regentschaft ge¬
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[0245] man auf die Ersetzung dos Prinzen von Carignan durch Buoncompagni. Als die Kavaliere Minghetti und Peruzzi am 1Z. Siovember von, Prinzen Eugen em¬ pfangen wurden, sagte er ihnen zunächst seinen Dank für das Vertrauen, wel¬ ches Mittelitalien ihm beweise, welches er indessen mehr auf den König und Italien als auf seine Person beziehe. Rathschläge der Mächte, Gründe der Eonvenienz und der Politik Angesichts des bevorstehenden Congresses hinderten ihn zu seinem Bedauern, das Mandat anzunehmen. In dem er es ablehne, bringe er aber, wie er glaube, der Sache Italiens ein nützliches Opfer. Er glaube ferner Mittelitalien einen guten Dienst zu erweisen, indem er ihnen Buoucompagui zum Regenten empfehle. In einem Schreiben vom 14. No¬ vember an Buoucompagui forderte er diesen zur Uebernahme der Regentschaft auf, indem er ihm bemerklich machte, daß es sich darum handle, ruhig aus¬ zuharren, das Militärweseu zu heben, aber rein im Abwarten zu bleiben, während er zugleich auf die wiederholten Versprechungen Napoleons, eine be¬ waffnete Intervention nicht zu dulden, und auf die Hilfe des Königs Victor Emanuel hinwies, die Mittelitalien stets gewahrt werden würde. Indessen stieß auch Buoncompagnis Regentschaft auf Hindernisse, und zwar erklärte sich nicht blos der Kaiser Napoleon ebenso entschieden gegen sie als gegen die¬ jenige des Prinzen selbst, auch dieToscaner machten Miene, damit unzufrieden zu sein. Ihre Deputation war über Genua am 15. November in Turin er¬ wartet, sie traf aber nicht ein. In Genua erhielt sie die Nachricht von der Ablehnung des Prinzen von Carignan und der Institution Buoncompagnis. Da sie für diesen Fall nicht mit Instructionen versehen war, glaubte sie erst Verhaltungsbefehle von ihrer Regierung einholen zu müssen, und in Folge der selben begab sie sich dann am 1K. nach Turin, um dort gegen die Unterschie¬ bung Buoncompagnis Protest zu erheben/ Nach beiden Seiten hin ward nun gearbeitet, um die entstandenen Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Deu Toscanern ward vorgestellt, daß man sich in da>s Unvermeidliche fügen müsse, und daß es nicht um der Zeit sei, jetzt in Italien selbst Zwiespalt zu stiften. Nach Paris gab die piemontefische Regierung die Erklärung ab, daß die Sen¬ dung Buoucompaguis nach Mittelitalien keineswegs die Bedeutung der Ein¬ setzung einer Regentschaft habe, daß Buoncompagni nur die Aufgabe habe, die „Ordnung" in Mittelitalien, insbesondere unter den heißblütigen Romn- guolcn zu erhalten und ans solche Weise Ereignissen vorzubeugen, welche, sehr störend in den gesammten Gang der Dinge eingreifen könnten. Die Toscauer fügten sich bald, und auch Napoleon erklärte, daß er befriedigt sei und nichts weiter gegen die Mission Buoncompagnis einzuwenden habe. In Oestreich war man von diesem Verlaufe nicht eben sehr erbaut: man meinte, Napoleon habe sich nur zum Schein gegen die Regentschaft ge¬ sperrt; ebenso dachten die Leute in Rom und Neapel, denen die ganze Grenzten I. 1^60, 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/245>, abgerufen am 23.07.2024.