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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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die Beruhigung gewähren, daß er bei der damaligen Lage seiner Länder
mit seinem Kriegssystem, zu dessen Annahme ihn nur die Noth veranlaßt
halte, auskommen werde, wenn anch einsichtsvolle Offiziere schon im Feld¬
zuge von 1778 die Nachtheile desselben nicht ohne Besorgnisse bemerkten.

Unter der Regierung Friedrich Wilhelm des Zweiten von 1786 bis
1797 blieben die Einrichtungen des Heeres im Ganzen so wie sie unter
Friedrich dem Großen gewesen. Da der König indeß die Armceangelegen-
hciten nicht in der Weise besorgte, wie sein großer Onkel, so errichtete er für
diese im Jahr 1787 ein Oberkriegscollegium und theilte seine Functionen
in sieben verschiedene Departements. Das Heer wurde mit folgenden Regi¬
mentern und Bataillonen vermehrt: 3 Regimenter Jnfanterie Ur. 56, 57, 53.,
2-l Bataillone Füsiliere, 6 Compagnien Jäger, 1 Bataillon Fuß-Artillerie,
1 Bataillon reitende Artillerie, 2 Compagnien Garnison-Artillerie, 2 Com¬
pagnien Pioniers, 1 Bataillon Husaren, 1 Pult Tartare". Am Ende der
Regierung Friedrich Wilhelms des Zweiten bestand das preußische Heer an>.v
182.000 Mann Infanterie, 41,000 Cavallerie, 12,000 Artillerie: zusammen
235,000 Mann. Die Monarchie enthielt damals 4500 Quadraimeilen und
8,600,000 Einwohner, die Einkünfte wurden auf 30 Millionen Thaler be¬
rechnet. Die Unterhaltungskosten des Heeres in dieser Periode berechnen sich
wie folgt: 58 Infanterie-Regimenter zu 127.262 Thaler macht 7,381.196 Thlr.:
24 Füsilier-Bataillone zu 30.000 Thlr.. 720,000 Thlr. 1 Fußjägcr-Regimenr
110.000 Thlr.. die Kavallerie 4,468,762 Thlr., Feldartillerie und Pioniers
670,000 Thlr.. Garnison-Artillerie 72,000 Thlr., Land-Miliz 22,000 Thlr..
Invaliden 263,000 Thlr.: zusammen 13,71 1,958 Thlr. Hierzu kam noch
der Servis, die Rationen fiir die Generalität und die Stabsoffiziere, die
Pensionairc, die Kriegsschule, die Unterhaltung der Festungen, des Zeughau.
ses, die Pepiuiere, das Cadctten-Haus, mit nahe an 4 Millionen, so daß
der Friedensetat der Armee über 17 Millionen Thaler betrug; mithin bei
8.600,000 Seelen wieder etwa 2 Thaler auf deu Kopf der Bevölkerung.
Die Regierungsjahre Friedrich Wilhelm des Zweiten zeichneten sich durch
eine völlig veränderte Ländervertheilung der europäischen Staaten aus.
Preußen erhielt einen bedeutenden Zuwachs seines Flächenraums durch die
zweite Theilung Polens und die Erwerbung von Anspach und Beyreuth.
Seine Volksmenge, sein Staatseinkommen waren beträchtlich vermehrt wor¬
den. Jetzt umgürtet von mächtigen Staaten nach Osten schienen Preußens
Streitkräfte eine diesen Verhältnissen angemessene Erweiterung zu erfordern.
Es wurde aber nicht so beliebt, sondern es kam nur zu einer Ver¬
mehrung von etwa 35,000 Mann bei einer Steigerung der Einwohnerzahl
um beinahe 3 Millionen. Während die Heere benachbarter Staaten ver¬
mehrt wurden, schien man in Preußen dem Grundsatz zu huldigen, daß die


die Beruhigung gewähren, daß er bei der damaligen Lage seiner Länder
mit seinem Kriegssystem, zu dessen Annahme ihn nur die Noth veranlaßt
halte, auskommen werde, wenn anch einsichtsvolle Offiziere schon im Feld¬
zuge von 1778 die Nachtheile desselben nicht ohne Besorgnisse bemerkten.

Unter der Regierung Friedrich Wilhelm des Zweiten von 1786 bis
1797 blieben die Einrichtungen des Heeres im Ganzen so wie sie unter
Friedrich dem Großen gewesen. Da der König indeß die Armceangelegen-
hciten nicht in der Weise besorgte, wie sein großer Onkel, so errichtete er für
diese im Jahr 1787 ein Oberkriegscollegium und theilte seine Functionen
in sieben verschiedene Departements. Das Heer wurde mit folgenden Regi¬
mentern und Bataillonen vermehrt: 3 Regimenter Jnfanterie Ur. 56, 57, 53.,
2-l Bataillone Füsiliere, 6 Compagnien Jäger, 1 Bataillon Fuß-Artillerie,
1 Bataillon reitende Artillerie, 2 Compagnien Garnison-Artillerie, 2 Com¬
pagnien Pioniers, 1 Bataillon Husaren, 1 Pult Tartare». Am Ende der
Regierung Friedrich Wilhelms des Zweiten bestand das preußische Heer an>.v
182.000 Mann Infanterie, 41,000 Cavallerie, 12,000 Artillerie: zusammen
235,000 Mann. Die Monarchie enthielt damals 4500 Quadraimeilen und
8,600,000 Einwohner, die Einkünfte wurden auf 30 Millionen Thaler be¬
rechnet. Die Unterhaltungskosten des Heeres in dieser Periode berechnen sich
wie folgt: 58 Infanterie-Regimenter zu 127.262 Thaler macht 7,381.196 Thlr.:
24 Füsilier-Bataillone zu 30.000 Thlr.. 720,000 Thlr. 1 Fußjägcr-Regimenr
110.000 Thlr.. die Kavallerie 4,468,762 Thlr., Feldartillerie und Pioniers
670,000 Thlr.. Garnison-Artillerie 72,000 Thlr., Land-Miliz 22,000 Thlr..
Invaliden 263,000 Thlr.: zusammen 13,71 1,958 Thlr. Hierzu kam noch
der Servis, die Rationen fiir die Generalität und die Stabsoffiziere, die
Pensionairc, die Kriegsschule, die Unterhaltung der Festungen, des Zeughau.
ses, die Pepiuiere, das Cadctten-Haus, mit nahe an 4 Millionen, so daß
der Friedensetat der Armee über 17 Millionen Thaler betrug; mithin bei
8.600,000 Seelen wieder etwa 2 Thaler auf deu Kopf der Bevölkerung.
Die Regierungsjahre Friedrich Wilhelm des Zweiten zeichneten sich durch
eine völlig veränderte Ländervertheilung der europäischen Staaten aus.
Preußen erhielt einen bedeutenden Zuwachs seines Flächenraums durch die
zweite Theilung Polens und die Erwerbung von Anspach und Beyreuth.
Seine Volksmenge, sein Staatseinkommen waren beträchtlich vermehrt wor¬
den. Jetzt umgürtet von mächtigen Staaten nach Osten schienen Preußens
Streitkräfte eine diesen Verhältnissen angemessene Erweiterung zu erfordern.
Es wurde aber nicht so beliebt, sondern es kam nur zu einer Ver¬
mehrung von etwa 35,000 Mann bei einer Steigerung der Einwohnerzahl
um beinahe 3 Millionen. Während die Heere benachbarter Staaten ver¬
mehrt wurden, schien man in Preußen dem Grundsatz zu huldigen, daß die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/227>, abgerufen am 23.07.2024.