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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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die Artillerie 35,125 Thlr.: zusammen 1.081.738 Thaler. So große Aus¬
gaben setzten große Einnahmen voraus Die Einkünfte der Kammergüter und
die Landsteuern wollten nicht mehr ausreichen. Das Fehlende wurde durch in-
directe Abgaben (Accise) erhoben. Diese waren nicht neu. man hatte sie schon
früher, schon im 15. Jahrhundert, allein sie waren damals nur von geringem
Umfange. Ein Theil der Leistungen des Heeres wurde aber noch in rmwi-a,
gegeben. So vom Lande das Futter für die Reiterei und in den Städten
Feuer, Licht und Wohnung für den Jnfanteristen, der beim Bürger auch im
Frieden einquartiert wurde. Doch konnte der Bürger diese Einquartierung
abkaufen, indem er monatlich ein Gewisses bezahlte. Dieses Geld hieß Ser-
vis. -- Der Staat vergütete dein Wirthe für einen Reiter monatlich 14 gute
Groschen, für einen Dragoner 12 ggr.; für einen Musketier 10 ggr.; wofür
demselben Salz, Pfeffer, Essig, Licht, Bett und Holz zu liefern war. Beim
Tode des Kurfürsten im Jahre 1K87 betrug die Große des Staates 2046 Qua-
dratmeilen und die Einwohnerzahl 1,500,000 Seelen. Im Schatze lagen
6.500,000 Thlr. -- Arm und zerrüttet hatte der Kurfürst im Jahre 1640 die
Regierung seiner Länder angetreten. Reich und geordnet hinterließ er sie
seinem Nachfolger. *

Was das Heer damals schon geleistet, zeigen die Kriege und Siege des'
selben. In dem schwedisch-polnischen Kriege fochten unter des Kurfürsten An-
führung 12,000 Mann Infanterie, 4000 Reiter und 38 Geschütze. Sie siegten
in der dreitägigen Schlacht bei Warschau im Juli 1656. Im ersten schwedi¬
schen Kriege 1658 war die Stärke des Heeres 25,000 Mann und 38 Geschütze.
Im Neichökricgc gegen Frankreich 1670 bis 1673 befehligte der Kurfürst
23,500 Mann. Im zweiten französischen Kriege 1674 bis I67ö war die
Stärke des Heeres 9713 Reiter, 3454 Dragoner und 25,366 Mann Fußvolk:
zusammen 38,533 Mann. Von diesen fochten 16.000 Mann am Rhein unter
Anführung des Kurfürsten. Im zweiten Kriege gegen die Schweden 1678
fochten 16,000 Mann in Preußen und Kurland, wovon die Hälfte Cavallerie
und 34 Geschütze.

Unter dem Sohne des großen Kurfürsten, König Friedrich dem Ersten,
wurde das Heer auf 40,000 Mann gebracht. Bei seinem Tode bestand es
aus: 38 Bataillonen Infanterie, 32 Schwadronen Kürassiere. 2L Compagnien
Dragoner, 20 Compagnien Artillerie, 18 Garnisoncompagnien. Zu den
wesentlichen Verbesserungen, die unter Friedrichs Regierung mit der Armee vor¬
genommen wurden, gehört die völlige Abschaffung der Piken und der alten
Musketen mit deutschen Nadschlössern, so wie die Einführung der Flinten mit
französischen Schlössern und mit Bayonctten. Derselbe führte ferner ein Kriegs-
consistorium und ein Gencralauditorat ein, erbaute 1706 das Zeughaus in
Berlin und stiftete Cadettenhäuser in Magdeburg, Colberg und Berlin. In


Grenzboten I. 1860. 27

die Artillerie 35,125 Thlr.: zusammen 1.081.738 Thaler. So große Aus¬
gaben setzten große Einnahmen voraus Die Einkünfte der Kammergüter und
die Landsteuern wollten nicht mehr ausreichen. Das Fehlende wurde durch in-
directe Abgaben (Accise) erhoben. Diese waren nicht neu. man hatte sie schon
früher, schon im 15. Jahrhundert, allein sie waren damals nur von geringem
Umfange. Ein Theil der Leistungen des Heeres wurde aber noch in rmwi-a,
gegeben. So vom Lande das Futter für die Reiterei und in den Städten
Feuer, Licht und Wohnung für den Jnfanteristen, der beim Bürger auch im
Frieden einquartiert wurde. Doch konnte der Bürger diese Einquartierung
abkaufen, indem er monatlich ein Gewisses bezahlte. Dieses Geld hieß Ser-
vis. — Der Staat vergütete dein Wirthe für einen Reiter monatlich 14 gute
Groschen, für einen Dragoner 12 ggr.; für einen Musketier 10 ggr.; wofür
demselben Salz, Pfeffer, Essig, Licht, Bett und Holz zu liefern war. Beim
Tode des Kurfürsten im Jahre 1K87 betrug die Große des Staates 2046 Qua-
dratmeilen und die Einwohnerzahl 1,500,000 Seelen. Im Schatze lagen
6.500,000 Thlr. — Arm und zerrüttet hatte der Kurfürst im Jahre 1640 die
Regierung seiner Länder angetreten. Reich und geordnet hinterließ er sie
seinem Nachfolger. *

Was das Heer damals schon geleistet, zeigen die Kriege und Siege des'
selben. In dem schwedisch-polnischen Kriege fochten unter des Kurfürsten An-
führung 12,000 Mann Infanterie, 4000 Reiter und 38 Geschütze. Sie siegten
in der dreitägigen Schlacht bei Warschau im Juli 1656. Im ersten schwedi¬
schen Kriege 1658 war die Stärke des Heeres 25,000 Mann und 38 Geschütze.
Im Neichökricgc gegen Frankreich 1670 bis 1673 befehligte der Kurfürst
23,500 Mann. Im zweiten französischen Kriege 1674 bis I67ö war die
Stärke des Heeres 9713 Reiter, 3454 Dragoner und 25,366 Mann Fußvolk:
zusammen 38,533 Mann. Von diesen fochten 16.000 Mann am Rhein unter
Anführung des Kurfürsten. Im zweiten Kriege gegen die Schweden 1678
fochten 16,000 Mann in Preußen und Kurland, wovon die Hälfte Cavallerie
und 34 Geschütze.

Unter dem Sohne des großen Kurfürsten, König Friedrich dem Ersten,
wurde das Heer auf 40,000 Mann gebracht. Bei seinem Tode bestand es
aus: 38 Bataillonen Infanterie, 32 Schwadronen Kürassiere. 2L Compagnien
Dragoner, 20 Compagnien Artillerie, 18 Garnisoncompagnien. Zu den
wesentlichen Verbesserungen, die unter Friedrichs Regierung mit der Armee vor¬
genommen wurden, gehört die völlige Abschaffung der Piken und der alten
Musketen mit deutschen Nadschlössern, so wie die Einführung der Flinten mit
französischen Schlössern und mit Bayonctten. Derselbe führte ferner ein Kriegs-
consistorium und ein Gencralauditorat ein, erbaute 1706 das Zeughaus in
Berlin und stiftete Cadettenhäuser in Magdeburg, Colberg und Berlin. In


Grenzboten I. 1860. 27
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[0221] die Artillerie 35,125 Thlr.: zusammen 1.081.738 Thaler. So große Aus¬ gaben setzten große Einnahmen voraus Die Einkünfte der Kammergüter und die Landsteuern wollten nicht mehr ausreichen. Das Fehlende wurde durch in- directe Abgaben (Accise) erhoben. Diese waren nicht neu. man hatte sie schon früher, schon im 15. Jahrhundert, allein sie waren damals nur von geringem Umfange. Ein Theil der Leistungen des Heeres wurde aber noch in rmwi-a, gegeben. So vom Lande das Futter für die Reiterei und in den Städten Feuer, Licht und Wohnung für den Jnfanteristen, der beim Bürger auch im Frieden einquartiert wurde. Doch konnte der Bürger diese Einquartierung abkaufen, indem er monatlich ein Gewisses bezahlte. Dieses Geld hieß Ser- vis. — Der Staat vergütete dein Wirthe für einen Reiter monatlich 14 gute Groschen, für einen Dragoner 12 ggr.; für einen Musketier 10 ggr.; wofür demselben Salz, Pfeffer, Essig, Licht, Bett und Holz zu liefern war. Beim Tode des Kurfürsten im Jahre 1K87 betrug die Große des Staates 2046 Qua- dratmeilen und die Einwohnerzahl 1,500,000 Seelen. Im Schatze lagen 6.500,000 Thlr. — Arm und zerrüttet hatte der Kurfürst im Jahre 1640 die Regierung seiner Länder angetreten. Reich und geordnet hinterließ er sie seinem Nachfolger. * Was das Heer damals schon geleistet, zeigen die Kriege und Siege des' selben. In dem schwedisch-polnischen Kriege fochten unter des Kurfürsten An- führung 12,000 Mann Infanterie, 4000 Reiter und 38 Geschütze. Sie siegten in der dreitägigen Schlacht bei Warschau im Juli 1656. Im ersten schwedi¬ schen Kriege 1658 war die Stärke des Heeres 25,000 Mann und 38 Geschütze. Im Neichökricgc gegen Frankreich 1670 bis 1673 befehligte der Kurfürst 23,500 Mann. Im zweiten französischen Kriege 1674 bis I67ö war die Stärke des Heeres 9713 Reiter, 3454 Dragoner und 25,366 Mann Fußvolk: zusammen 38,533 Mann. Von diesen fochten 16.000 Mann am Rhein unter Anführung des Kurfürsten. Im zweiten Kriege gegen die Schweden 1678 fochten 16,000 Mann in Preußen und Kurland, wovon die Hälfte Cavallerie und 34 Geschütze. Unter dem Sohne des großen Kurfürsten, König Friedrich dem Ersten, wurde das Heer auf 40,000 Mann gebracht. Bei seinem Tode bestand es aus: 38 Bataillonen Infanterie, 32 Schwadronen Kürassiere. 2L Compagnien Dragoner, 20 Compagnien Artillerie, 18 Garnisoncompagnien. Zu den wesentlichen Verbesserungen, die unter Friedrichs Regierung mit der Armee vor¬ genommen wurden, gehört die völlige Abschaffung der Piken und der alten Musketen mit deutschen Nadschlössern, so wie die Einführung der Flinten mit französischen Schlössern und mit Bayonctten. Derselbe führte ferner ein Kriegs- consistorium und ein Gencralauditorat ein, erbaute 1706 das Zeughaus in Berlin und stiftete Cadettenhäuser in Magdeburg, Colberg und Berlin. In Grenzboten I. 1860. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/221>, abgerufen am 23.07.2024.