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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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Zwischen den drei Hanptgebirgsstöcken ziehen sich eben so viele Dcsilös
und Straßen hin. die eine von der frnuzösischcn Grenzfestung les Rousses nach
Se. Cergucs zwischen dem Berg Arzicr und der Düte hindurch; der höchste
Punkt dieser Straße ist einige hundert Fuß von der Grenze entfernt auf
Schwcizcrgclnct, 4210 Fuß über dem Meere; die zweite von les Rousses nach
der Faucille mitten durch den Grund des Dappenthalcs zwischen der Duie
und dem Berg des TusseÄ hindurch; sie steigt im Dappenthal sanft aufwärts
und zieht sich von diesem weg über französisches Gebiet ziemlich horizontal
bis zur Faucille, deren 4410 Fuß hohen Rücken sie überschreitet, um in die
Ebene des Pays du Gcx zu fallen; die dritte endlich vom Vereinigunspunktc
der beiden vorhergehenden Straßen in nächster Nähe der Grenze des Dappen-
thals bei la Cure nach les Rousses zwischen den Bergen des Tuffes und Ar¬
zicr hindurch. Die Straße senkt sich nach les Rousses hin, dessen auf einer
Anhöhe befindliche Festungswerke etwa 150 Fuß tiefer liegen, als der Grund
des Dappenthalcs bei la Cure.

An Flücheninhalt zählt das unter dem Namen Dappenthal begriffene,
zwischen die alten Grenzen und diejenigen von 1805 fallende Gebiet 5103
Schwcizerjucharten, zum großen Theile in Gebirgen und Waldungen, im
Ucbngen in Weideland bestehend, wovon das meiste Gemeinden oder Ein¬
wohnern des Kantons Waadt zugehört. Nach einer Denkschrift des Gcniekapitains
Dufour von 1817 bestand zu jener Zeit die -Produktion des Thales in Gras
und Holz, sein Handel in Holz und Käse; es bestanden etwa zwanzig Senn¬
hütten, jede ungefähr sechzig Kühe nährend, zusammen 1200; jede Kuh er¬
trug während der 4--5 Monate Sömmerungszeit rein circa L. 40 alte Währ¬
ung, macht jährlich zusammen L. 48.000 oder Fr. 69,565 jetzige Währung.
Erhebliche Veränderungen in diesen Verhältnissen sind seitdem nicht ein¬
getreten.

Nach der Volkszählung von 1841 betrug die Zahl der Bewohner des
Dappenthalcs 118, nach der von 1858 137 Seelen, bestehend in 23 Familien;
von den Bewohnern sind 30 Grundeigenthümer, alle gehören der katholischen
Religion an.

Die Souveränetät im Dappenthal hat seit 1815 die Schweiz auch fac¬
tisch ausgeübt. Nach officiellen Erklärungen des Staatsrathes von Waadt
und den Ermittlungen des Laudesraths ist das Verhältniß folgendes:

Alles, was das Hypothekarsustem, die Notariatsacten, den Kataster, den
Stempel, die Steuern und ihre Erhebung betrifft, wird nach den waadtlän-
dischen Gesetzen regiert. Jedoch konnten mehrere Eigenthümer von Schwei¬
zerisch- Cressoniöres. welche die Steuerzahlung verweigerten, wegen des mit
Frankreich obwaltenden Conflictes nicht verfolgt werden.

Die Civilstandsacten der Bewohner des Dappenthales werden in die


Zwischen den drei Hanptgebirgsstöcken ziehen sich eben so viele Dcsilös
und Straßen hin. die eine von der frnuzösischcn Grenzfestung les Rousses nach
Se. Cergucs zwischen dem Berg Arzicr und der Düte hindurch; der höchste
Punkt dieser Straße ist einige hundert Fuß von der Grenze entfernt auf
Schwcizcrgclnct, 4210 Fuß über dem Meere; die zweite von les Rousses nach
der Faucille mitten durch den Grund des Dappenthalcs zwischen der Duie
und dem Berg des TusseÄ hindurch; sie steigt im Dappenthal sanft aufwärts
und zieht sich von diesem weg über französisches Gebiet ziemlich horizontal
bis zur Faucille, deren 4410 Fuß hohen Rücken sie überschreitet, um in die
Ebene des Pays du Gcx zu fallen; die dritte endlich vom Vereinigunspunktc
der beiden vorhergehenden Straßen in nächster Nähe der Grenze des Dappen-
thals bei la Cure nach les Rousses zwischen den Bergen des Tuffes und Ar¬
zicr hindurch. Die Straße senkt sich nach les Rousses hin, dessen auf einer
Anhöhe befindliche Festungswerke etwa 150 Fuß tiefer liegen, als der Grund
des Dappenthalcs bei la Cure.

An Flücheninhalt zählt das unter dem Namen Dappenthal begriffene,
zwischen die alten Grenzen und diejenigen von 1805 fallende Gebiet 5103
Schwcizerjucharten, zum großen Theile in Gebirgen und Waldungen, im
Ucbngen in Weideland bestehend, wovon das meiste Gemeinden oder Ein¬
wohnern des Kantons Waadt zugehört. Nach einer Denkschrift des Gcniekapitains
Dufour von 1817 bestand zu jener Zeit die -Produktion des Thales in Gras
und Holz, sein Handel in Holz und Käse; es bestanden etwa zwanzig Senn¬
hütten, jede ungefähr sechzig Kühe nährend, zusammen 1200; jede Kuh er¬
trug während der 4—5 Monate Sömmerungszeit rein circa L. 40 alte Währ¬
ung, macht jährlich zusammen L. 48.000 oder Fr. 69,565 jetzige Währung.
Erhebliche Veränderungen in diesen Verhältnissen sind seitdem nicht ein¬
getreten.

Nach der Volkszählung von 1841 betrug die Zahl der Bewohner des
Dappenthalcs 118, nach der von 1858 137 Seelen, bestehend in 23 Familien;
von den Bewohnern sind 30 Grundeigenthümer, alle gehören der katholischen
Religion an.

Die Souveränetät im Dappenthal hat seit 1815 die Schweiz auch fac¬
tisch ausgeübt. Nach officiellen Erklärungen des Staatsrathes von Waadt
und den Ermittlungen des Laudesraths ist das Verhältniß folgendes:

Alles, was das Hypothekarsustem, die Notariatsacten, den Kataster, den
Stempel, die Steuern und ihre Erhebung betrifft, wird nach den waadtlän-
dischen Gesetzen regiert. Jedoch konnten mehrere Eigenthümer von Schwei¬
zerisch- Cressoniöres. welche die Steuerzahlung verweigerten, wegen des mit
Frankreich obwaltenden Conflictes nicht verfolgt werden.

Die Civilstandsacten der Bewohner des Dappenthales werden in die


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[0177] Zwischen den drei Hanptgebirgsstöcken ziehen sich eben so viele Dcsilös und Straßen hin. die eine von der frnuzösischcn Grenzfestung les Rousses nach Se. Cergucs zwischen dem Berg Arzicr und der Düte hindurch; der höchste Punkt dieser Straße ist einige hundert Fuß von der Grenze entfernt auf Schwcizcrgclnct, 4210 Fuß über dem Meere; die zweite von les Rousses nach der Faucille mitten durch den Grund des Dappenthalcs zwischen der Duie und dem Berg des TusseÄ hindurch; sie steigt im Dappenthal sanft aufwärts und zieht sich von diesem weg über französisches Gebiet ziemlich horizontal bis zur Faucille, deren 4410 Fuß hohen Rücken sie überschreitet, um in die Ebene des Pays du Gcx zu fallen; die dritte endlich vom Vereinigunspunktc der beiden vorhergehenden Straßen in nächster Nähe der Grenze des Dappen- thals bei la Cure nach les Rousses zwischen den Bergen des Tuffes und Ar¬ zicr hindurch. Die Straße senkt sich nach les Rousses hin, dessen auf einer Anhöhe befindliche Festungswerke etwa 150 Fuß tiefer liegen, als der Grund des Dappenthalcs bei la Cure. An Flücheninhalt zählt das unter dem Namen Dappenthal begriffene, zwischen die alten Grenzen und diejenigen von 1805 fallende Gebiet 5103 Schwcizerjucharten, zum großen Theile in Gebirgen und Waldungen, im Ucbngen in Weideland bestehend, wovon das meiste Gemeinden oder Ein¬ wohnern des Kantons Waadt zugehört. Nach einer Denkschrift des Gcniekapitains Dufour von 1817 bestand zu jener Zeit die -Produktion des Thales in Gras und Holz, sein Handel in Holz und Käse; es bestanden etwa zwanzig Senn¬ hütten, jede ungefähr sechzig Kühe nährend, zusammen 1200; jede Kuh er¬ trug während der 4—5 Monate Sömmerungszeit rein circa L. 40 alte Währ¬ ung, macht jährlich zusammen L. 48.000 oder Fr. 69,565 jetzige Währung. Erhebliche Veränderungen in diesen Verhältnissen sind seitdem nicht ein¬ getreten. Nach der Volkszählung von 1841 betrug die Zahl der Bewohner des Dappenthalcs 118, nach der von 1858 137 Seelen, bestehend in 23 Familien; von den Bewohnern sind 30 Grundeigenthümer, alle gehören der katholischen Religion an. Die Souveränetät im Dappenthal hat seit 1815 die Schweiz auch fac¬ tisch ausgeübt. Nach officiellen Erklärungen des Staatsrathes von Waadt und den Ermittlungen des Laudesraths ist das Verhältniß folgendes: Alles, was das Hypothekarsustem, die Notariatsacten, den Kataster, den Stempel, die Steuern und ihre Erhebung betrifft, wird nach den waadtlän- dischen Gesetzen regiert. Jedoch konnten mehrere Eigenthümer von Schwei¬ zerisch- Cressoniöres. welche die Steuerzahlung verweigerten, wegen des mit Frankreich obwaltenden Conflictes nicht verfolgt werden. Die Civilstandsacten der Bewohner des Dappenthales werden in die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/177>, abgerufen am 23.07.2024.