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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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Meinung, daß Garibaldi wirklich die Absicht habe, den Krieg auf eigne Faust
fortzuführen und eine Jnsurrection ganz Italiens zu Wege zu bringen,
konnte man durch eine Proclcnnativn bestärkt werden, welche er am 23. Juli
an die Völker Mittelitalicns richtete: Vor allem abervergeßt nicht -- hieß es am
Schlüsse dieser Proclamation, -- daß wir. was auch die Diplomatie über uns
beschließen möge, nie dem Rufe untreu werden wollen: Italien und Victor
Emanuel! Anfangs August ward Garibaldi zunächst aufgefordert, in den
Dienst Toscanas zu treten. Er nahm seinen Abschied aus piemontesischen
Dienste und zeigte dies durch Tagesbefehl, datirt von Bergamo den 11. August,
seinen Truppen an, die zu dieser Zeit durch Entlassungen auf den Stand einer
Brigade zusammengeschmolzen waren und auch den Titel einer solchen führten,
mit dem Zufügen, daß General Pomaretto den Oberbefehl dieser Brigade
übernähme. Garibaldi begab sich darauf nach Livorno, wo er am 15. August
ankam, von da ging er am 18. nach Florenz, am 22. nach Modena; im
September in die Romagna, wo er den Befehl über die früher vom General
Ulloa commandirte toscanische Division übernahm, welche dann als die 11. Di¬
vision der Armee von Italien figurirte, wobei, wie es scheint, zuerst die fünf
nach dem Frieden von Villafranca in Italien zurückgebliebenen französischen
Infanteriedivisionen, dann die fünf der piemontesischen Armee gezählt waren.

Schon am 19. August hatte zu Florenz eine Zusammenkunft von Ab¬
geordneten aller vier Lander, auch der Romagna, statt, um sich über die Er¬
richtung eines militärischen Bundes (Liga) zu verabreden. Am 3. September
war dieser Bund für Toscana, Parma und Modena ratisicirt, die Romagna
schloß sich förmlich erst später an, nachdem sie sich vollständig staatlich con-
stituirt hatte. Unterdessen war, wie wir gesehen haben, in Modena auch der
piemontesische General Fanti zum Deputirten erwählt worden. Er nahm an, und
ihm ward nun das Obercommando über die Truppen des mittelitalienischen Bun¬
des übertragen. Durch Tagesbefehl vom 24. September trat General Manfredo
Fanti das Obercommando der Truppen des Bundes an. Zu seinem Generalstabs¬
chef ward Oberstlieutnant Carl Mezzacapo ernannt. Zunächst bestand jetzt die
Armee der Liga aus drei Divisionen, nämlich einer toscanischen unter Mezza¬
capo und einer von Parma und Modena; die zwei letztgenannten Divisionen
gedachte man im Laufe der Zeit jede auf 12000 Mann zu bringen, während
in Toscana noch eine zweite Division errichtet werden sollte. Die beiden tos¬
canischen Divisionen wurden auf einen Stand von zusammen 22000 Mann
veranschlagt, so daß das ganze Bundesheer dann aus etwa 46000 Mann
kam. Für die beabsichtigte Vermehrung rechnete man auch auf die Freiwilligen
der vier Länder, welche während des Krieges unter piemontesischen Fahnen
gedient hatten und nun entlassen in die Heimat zurückkehrten. Fanti for¬
derte sie aus, sich in die Truppenkörper Mittelitaliens einreihen zu lassen.


Meinung, daß Garibaldi wirklich die Absicht habe, den Krieg auf eigne Faust
fortzuführen und eine Jnsurrection ganz Italiens zu Wege zu bringen,
konnte man durch eine Proclcnnativn bestärkt werden, welche er am 23. Juli
an die Völker Mittelitalicns richtete: Vor allem abervergeßt nicht — hieß es am
Schlüsse dieser Proclamation, — daß wir. was auch die Diplomatie über uns
beschließen möge, nie dem Rufe untreu werden wollen: Italien und Victor
Emanuel! Anfangs August ward Garibaldi zunächst aufgefordert, in den
Dienst Toscanas zu treten. Er nahm seinen Abschied aus piemontesischen
Dienste und zeigte dies durch Tagesbefehl, datirt von Bergamo den 11. August,
seinen Truppen an, die zu dieser Zeit durch Entlassungen auf den Stand einer
Brigade zusammengeschmolzen waren und auch den Titel einer solchen führten,
mit dem Zufügen, daß General Pomaretto den Oberbefehl dieser Brigade
übernähme. Garibaldi begab sich darauf nach Livorno, wo er am 15. August
ankam, von da ging er am 18. nach Florenz, am 22. nach Modena; im
September in die Romagna, wo er den Befehl über die früher vom General
Ulloa commandirte toscanische Division übernahm, welche dann als die 11. Di¬
vision der Armee von Italien figurirte, wobei, wie es scheint, zuerst die fünf
nach dem Frieden von Villafranca in Italien zurückgebliebenen französischen
Infanteriedivisionen, dann die fünf der piemontesischen Armee gezählt waren.

Schon am 19. August hatte zu Florenz eine Zusammenkunft von Ab¬
geordneten aller vier Lander, auch der Romagna, statt, um sich über die Er¬
richtung eines militärischen Bundes (Liga) zu verabreden. Am 3. September
war dieser Bund für Toscana, Parma und Modena ratisicirt, die Romagna
schloß sich förmlich erst später an, nachdem sie sich vollständig staatlich con-
stituirt hatte. Unterdessen war, wie wir gesehen haben, in Modena auch der
piemontesische General Fanti zum Deputirten erwählt worden. Er nahm an, und
ihm ward nun das Obercommando über die Truppen des mittelitalienischen Bun¬
des übertragen. Durch Tagesbefehl vom 24. September trat General Manfredo
Fanti das Obercommando der Truppen des Bundes an. Zu seinem Generalstabs¬
chef ward Oberstlieutnant Carl Mezzacapo ernannt. Zunächst bestand jetzt die
Armee der Liga aus drei Divisionen, nämlich einer toscanischen unter Mezza¬
capo und einer von Parma und Modena; die zwei letztgenannten Divisionen
gedachte man im Laufe der Zeit jede auf 12000 Mann zu bringen, während
in Toscana noch eine zweite Division errichtet werden sollte. Die beiden tos¬
canischen Divisionen wurden auf einen Stand von zusammen 22000 Mann
veranschlagt, so daß das ganze Bundesheer dann aus etwa 46000 Mann
kam. Für die beabsichtigte Vermehrung rechnete man auch auf die Freiwilligen
der vier Länder, welche während des Krieges unter piemontesischen Fahnen
gedient hatten und nun entlassen in die Heimat zurückkehrten. Fanti for¬
derte sie aus, sich in die Truppenkörper Mittelitaliens einreihen zu lassen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/160>, abgerufen am 23.07.2024.