Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.im Ganzen guten Gewährsmannes irrt. Denn ähnliche Korrekturen und Zusähe Unserer Ansicht nach hätte Professor R. besser gethan, seinem Buche eine IM Großen zeigt sich der falsche Ton zuförderst in der ganzen Auffassung Grenzboten I. 1860, 17
im Ganzen guten Gewährsmannes irrt. Denn ähnliche Korrekturen und Zusähe Unserer Ansicht nach hätte Professor R. besser gethan, seinem Buche eine IM Großen zeigt sich der falsche Ton zuförderst in der ganzen Auffassung Grenzboten I. 1860, 17
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im Ganzen guten Gewährsmannes irrt. Denn ähnliche Korrekturen und Zusähe
kommen fast bei jeder Urkunde auf den Rollen vor. Sind sie darum allegcän-
dert? Niemand hat das noch behauptet. Es giebt aber eine andere Abschrift
der Urkunde, sagt Prof. R., hierin Sir H. Nicolas folgend (nicht Ausferti-
gung), die auf den Rollen des Parlaments steht und den einschränkenden
Zusatz nicht enthält. Das ist nicht genau; denn es ist keine Abschrift der
Urkunde, sondern die eines Entwurfes dazu, der immerhin vor der Ausfertigung
geändert werden konnte. Daß dies hier der Fall gewesen, ist um so wahr¬
scheinlicher, als, wie Dr. Lingnrd richtig bemerkt, auch der Entwurf die Krone
unter den Würden nicht aufzählt und darum die Kinder Kent keinesweges für
thronfähig erklärt. Der Zusatz in der Abschrift des Patentes ist daher ganz
im Sinne des Entwurfes auf den Parlamcntsrollen, nur bestimmter.
Unserer Ansicht nach hätte Professor R. besser gethan, seinem Buche eine
Reihe von Unrichtigkeiten zu ersparen, zumal da die Tudors, selbst wenn sie
legitimer und vornehmer gewesen wären, kaum etwas in unserer Achtung ge¬
wonnen hätten. Wir hätten auf die ganze Herleitung ihres Ursprunges wenig
Gewicht gelegt, wenn sie nicht dem falschen Tone gliche, mit dem ein schlechter
Sänger zuweilen einsetzt, und der dein ganzen Vortrage bis zum Ende hin
eine zu große Hohe gibt. Das zeigt sich im Größten und im Kleinsten. Vom
Kleinsten ein Beispiel aus vielen. Die Charakteristik von Heinrich dem Siebenten
bei unserm Verfasser ist nichts, als eine freie Uebersetzung von Lord Bacon. Wenn
der Letztere indessen sagt, daß dieser König etwas einem Geistlichen geglichen
(g, ullis Ä etui-elrwim), so ist die Bemerkung des englischen Hofmannes
dem deutschen Professor nicht ehrerbietig genug. Er muß aus dem Geistlichen
einen „hohen" Geistlichen machen.
IM Großen zeigt sich der falsche Ton zuförderst in der ganzen Auffassung
von Heinrich dem Achten, von diesem Könige mit „praktischer Intelligenz ohne Glei¬
chen," der „die Beweglichkeit der Absichten mit einem jeder Zeit festen Willen
verband", und dein „die Menschen nur Werkzeuge waren, die er braucht und
wieder zerbricht." Homer spricht ungefähr so von Zeus dem Olympier.
Er hatte auch seine Launen, unter denen die Menschen schwer litten. Er zog
auch zuweilen ein anderes Weib seiner Juno vor. Aber wehe dem Sterblichen,
der anders, als mit Ehrfurcht zu ihm hinaufgeblickt hätte. So weit wir
Heinrich den Achten kennen, war er indessen sehr verschieden von den o^7r-«Sav^«r'
hovres. Als Kind und so lange sein älterer Bruder Arthur lebte, war er
bestimmt, einst Erzbischof von Cantcrbmy zu werden. Das gab ihm einen
theologischen Anstrich für sein ganzes Leben. Wie die meisten Tudors war er
der Schmeichelei besonders zugänglich und die wurde ihm im vollsten Maße
zu Theil. An seinem Hofe versammelten sich erst falsche Spieler und Aben-
teurer aus ganz Europa, die sich für Geld zu Allem hergaben. Wenn sie ihre
Grenzboten I. 1860, 17
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