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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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der sardinischen Politik hat in Paris im Rath der Großmächte gesessen, und
so hat der kühne Entschluß Karl Alberts doch seine Früchte getragen. Es
ist für den Credit eines Staats besser, geschlagen zu werden, als in feiger Un-
thätigkeit die Ereignisse abzuwarten. Die Piemontesen haben gezeigt, daß sie
unter Umständen das Schwert zu ziehn bereit sind, gleichviel ob für Italien
oder für ihren eignen Ehrgeiz, und mit vollendeten Thatsachen muß man rech¬
nen, wie der Fürst Metternich sich ausdrückt.

Welche Stellung hat nun während jener Bewegungen die französische Re¬
publik eingenommen? --

Graf Cavour, dessen leitender politischer Gedanke die enge Allianz mit
dem Kaiser Napoleon ist, hat sie der Gleichgiltigkeit beschuldigt; diese Be¬
schuldigung hat Bnstide, den Minister der auswärtigen Angelegenheiten
unter der provisorischen Regierung und unter Cavaignac, veranlaßt, in einer
ausführlichen Denkschrift zu antworten, die hauptsächlich durch die mitgetheil¬
ten Documente sehr beachtenswerthe Aufschlüsse über dasjenige g ibd, was Ita¬
lien von Frankreich überhaupt zu erwarten hat.

Gleich nach dein Ausbruch der Unruhen in der Lombardei zog die fran¬
zösische Republik an der Grenze ein Beobachtungscorps zusammen. Den
24. Mai beschloß der König von Sardinien den Einmarsch in die östreichischen
Provinzen, um, wie der Marchese von Pareto an den großbritannischen
Gesandten schrieb, die Bewegung zu hindern, republikanische Formen anzu¬
nehmen und dadurch über ganz Italien eine bedenkliche Krisis zu beschworen,
lüvttv torme, heißt es in dem Schreiben, aurait 6t6 Latalv u, 1a cause ita-
licmue, a notro gouvornewovt, a l'augusto äzmastio Ac Lavoiv. Gleichzeitig
protestirte der sardinische Gesandte in Paris, Marquis von Brignoles,
im Namen seines und aller übrigen Höfe gegen jede französische Einmischung'
IWIia Lara <la so, war das Stichwort der Patrioten. Den 29. Mai erklärte
die provisorische Negierung zu Mailand, mit Einwilligung des Volks, die
Einverleibung der Lombardei in das Königreich Sardinien; in Parma und
Modern war es bereits geschehn, Venedig folgte. "Ich wollte nicht, erzählt
Bastide, den Degen ziehn. um eine monarchische Einheit Italiens zu Gunsten
eines Fürsten herzustellen, dessen Ehrgeiz nicht einmal die andern Fürsten-
thümer respectirte; der ihnen vielmehr bedrohlicher erscheinen mußte, als eine
lombardisch-venetianische Republik." In ähnlichem Sinn schrieb Mazzini an
"seinen lieben Bastide". Der Minister selbst richtete an seinen Geschäftsträger
in Turin, Bixio, schon im Juni folgende Vorstellungen. Mus nez voulcms
evrtainvlncllt xas kairv <1o la xolitiyuv soutimsutalv; mais nos xriuoixos "t
vos ivtörüts "aus eoinmaväout d'nerv vu garclv eontrv evnx qui vonäraiout
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lüdarlos-^ldort s'imagmv pu'it pone so Lairo roi Äo I^owlbaräio; it no taut


der sardinischen Politik hat in Paris im Rath der Großmächte gesessen, und
so hat der kühne Entschluß Karl Alberts doch seine Früchte getragen. Es
ist für den Credit eines Staats besser, geschlagen zu werden, als in feiger Un-
thätigkeit die Ereignisse abzuwarten. Die Piemontesen haben gezeigt, daß sie
unter Umständen das Schwert zu ziehn bereit sind, gleichviel ob für Italien
oder für ihren eignen Ehrgeiz, und mit vollendeten Thatsachen muß man rech¬
nen, wie der Fürst Metternich sich ausdrückt.

Welche Stellung hat nun während jener Bewegungen die französische Re¬
publik eingenommen? —

Graf Cavour, dessen leitender politischer Gedanke die enge Allianz mit
dem Kaiser Napoleon ist, hat sie der Gleichgiltigkeit beschuldigt; diese Be¬
schuldigung hat Bnstide, den Minister der auswärtigen Angelegenheiten
unter der provisorischen Regierung und unter Cavaignac, veranlaßt, in einer
ausführlichen Denkschrift zu antworten, die hauptsächlich durch die mitgetheil¬
ten Documente sehr beachtenswerthe Aufschlüsse über dasjenige g ibd, was Ita¬
lien von Frankreich überhaupt zu erwarten hat.

Gleich nach dein Ausbruch der Unruhen in der Lombardei zog die fran¬
zösische Republik an der Grenze ein Beobachtungscorps zusammen. Den
24. Mai beschloß der König von Sardinien den Einmarsch in die östreichischen
Provinzen, um, wie der Marchese von Pareto an den großbritannischen
Gesandten schrieb, die Bewegung zu hindern, republikanische Formen anzu¬
nehmen und dadurch über ganz Italien eine bedenkliche Krisis zu beschworen,
lüvttv torme, heißt es in dem Schreiben, aurait 6t6 Latalv u, 1a cause ita-
licmue, a notro gouvornewovt, a l'augusto äzmastio Ac Lavoiv. Gleichzeitig
protestirte der sardinische Gesandte in Paris, Marquis von Brignoles,
im Namen seines und aller übrigen Höfe gegen jede französische Einmischung'
IWIia Lara <la so, war das Stichwort der Patrioten. Den 29. Mai erklärte
die provisorische Negierung zu Mailand, mit Einwilligung des Volks, die
Einverleibung der Lombardei in das Königreich Sardinien; in Parma und
Modern war es bereits geschehn, Venedig folgte. „Ich wollte nicht, erzählt
Bastide, den Degen ziehn. um eine monarchische Einheit Italiens zu Gunsten
eines Fürsten herzustellen, dessen Ehrgeiz nicht einmal die andern Fürsten-
thümer respectirte; der ihnen vielmehr bedrohlicher erscheinen mußte, als eine
lombardisch-venetianische Republik." In ähnlichem Sinn schrieb Mazzini an
„seinen lieben Bastide". Der Minister selbst richtete an seinen Geschäftsträger
in Turin, Bixio, schon im Juni folgende Vorstellungen. Mus nez voulcms
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/96>, abgerufen am 24.07.2024.