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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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IN Lauf des September MiMet er seiner SchMster über die MeMö^en
der Mark^räsin von Baireuth. "Ich kann mich nicht enthalten >Mr o"
fatalen Memoiren - denn fatal sind sie doch, da sie uns in eure s^che HvUe
sehn lassen-noch ein allgemeines Wort zu sagen. Unverstand Rose.t.
Gemeinheit. Unartes und Launen bringen mehr Unglück in die Welt als
wirkliche Laster. Vielleicht ist durch diese der Untergang der preuvftchen
Monarchie gelegt worden, wogegen alle Talente des großen Friedrich nichts
vermochten. . Die Memoiren haben mir seit ein paar Tagen den
beinahe zerrüttet. Es ist so viel niedriges und Abscheuliches darin, daß man
selbst fast in eine der ewigen Ohnmachten der durchleuchten Schnftstel w.n
darüber fallen Möchte. Welch eine Familie ! Man könnte sich die des Atreus
und Thyest darunter vorstellen. wenn noch mehr innere Kraft dabei Ware.
Die garstigen bösen Zungen - der Frau Schriftstellerin selbst ^ °re ^er-
Mlungskunst u. s. w. gehören auch dazu. Gott, was konnte in der Folge
daraus werden? Das, was es geworden ist."

le. Juli 1811. ..Es sind jetzt so viel ganz verrückte Bücherschreiber,
daß man es nicht denken sollte; alle wollen Originale sein und was außer¬
ordentliches sagen. Goethe seufzt darüber und sagt, ihr Talent bestehe in der
Verrücktheit, und wenn man ihnen diese nähMe. so bliebe ihnen fast
nichts übrig." " ,e-

4. November 1811. ..Ich hatte gestern mit Goethe eine artige Unk
"dung, worin er mir sagte, daß >er W Nie in seinem Leben eines zusal.
Ager Glücks habe, rühmen können. und datz er solches auch im Spiel erfah¬
ren, wo ihn das Glück durchaus fliehe. Ich kann ungefähr ähnliches von
Mir sagen; denn das Glück, das sich zuweilen Me- ging wie ein Gespenst
vorüber. Aber in der That, die Glücklichsten im Zufall sind nicht immer die
Glücklichen in der Wahrheit, und ich habe so Manche fallen sehen, die wen.
Weit fester zu stehn schienen." , ., .
einerKrank¬

Ueber Wielands Tod (1813). "Nur in den ersten Tagen
heit, welche in allem zehn Tage dauerte, fühlte Wieland einige schmerzende
Angriffe von KM. Wobei man doch nicht an große Gefahr dachte^
Am 16. Januar sagte er Mit ziemlicher Laune: "Nun hat wol Huschs
Weisheit ein Erbt." Die ironische Laune, die ihm im Leben gewöhnlich
war, verließ ihn zu keiner Stunde, so daß die Mädchen meist immer hao n
lachen Müssen. Immer War er heiter und besonnen, und schien, seines Zu-
standes wohl bewüßt. ihn spielend vergessen zu wollen. Den Tag vor ,einem
Te.de perorirte er noch das or not w be. Und sagte- beides , el iym
nur gleich. Dctrauf sagte 5r in seiner gewohnten Manier, die Götter wen
etwas grob gegen die Menschen, aber die Menschen seien dagegen vernünftig
W es ertragen zulernen. Die letzte Nacht, als er nicht schlasen konnte, ver-


"renzboten I. 1859.

IN Lauf des September MiMet er seiner SchMster über die MeMö^en
der Mark^räsin von Baireuth. „Ich kann mich nicht enthalten >Mr o"
fatalen Memoiren - denn fatal sind sie doch, da sie uns in eure s^che HvUe
sehn lassen-noch ein allgemeines Wort zu sagen. Unverstand Rose.t.
Gemeinheit. Unartes und Launen bringen mehr Unglück in die Welt als
wirkliche Laster. Vielleicht ist durch diese der Untergang der preuvftchen
Monarchie gelegt worden, wogegen alle Talente des großen Friedrich nichts
vermochten. . Die Memoiren haben mir seit ein paar Tagen den
beinahe zerrüttet. Es ist so viel niedriges und Abscheuliches darin, daß man
selbst fast in eine der ewigen Ohnmachten der durchleuchten Schnftstel w.n
darüber fallen Möchte. Welch eine Familie ! Man könnte sich die des Atreus
und Thyest darunter vorstellen. wenn noch mehr innere Kraft dabei Ware.
Die garstigen bösen Zungen - der Frau Schriftstellerin selbst ^ °re ^er-
Mlungskunst u. s. w. gehören auch dazu. Gott, was konnte in der Folge
daraus werden? Das, was es geworden ist."

le. Juli 1811. ..Es sind jetzt so viel ganz verrückte Bücherschreiber,
daß man es nicht denken sollte; alle wollen Originale sein und was außer¬
ordentliches sagen. Goethe seufzt darüber und sagt, ihr Talent bestehe in der
Verrücktheit, und wenn man ihnen diese nähMe. so bliebe ihnen fast
nichts übrig." „ ,e-

4. November 1811. ..Ich hatte gestern mit Goethe eine artige Unk
«dung, worin er mir sagte, daß >er W Nie in seinem Leben eines zusal.
Ager Glücks habe, rühmen können. und datz er solches auch im Spiel erfah¬
ren, wo ihn das Glück durchaus fliehe. Ich kann ungefähr ähnliches von
Mir sagen; denn das Glück, das sich zuweilen Me- ging wie ein Gespenst
vorüber. Aber in der That, die Glücklichsten im Zufall sind nicht immer die
Glücklichen in der Wahrheit, und ich habe so Manche fallen sehen, die wen.
Weit fester zu stehn schienen." , ., .
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Ueber Wielands Tod (1813). „Nur in den ersten Tagen
heit, welche in allem zehn Tage dauerte, fühlte Wieland einige schmerzende
Angriffe von KM. Wobei man doch nicht an große Gefahr dachte^
Am 16. Januar sagte er Mit ziemlicher Laune: „Nun hat wol Huschs
Weisheit ein Erbt." Die ironische Laune, die ihm im Leben gewöhnlich
war, verließ ihn zu keiner Stunde, so daß die Mädchen meist immer hao n
lachen Müssen. Immer War er heiter und besonnen, und schien, seines Zu-
standes wohl bewüßt. ihn spielend vergessen zu wollen. Den Tag vor ,einem
Te.de perorirte er noch das or not w be. Und sagte- beides , el iym
nur gleich. Dctrauf sagte 5r in seiner gewohnten Manier, die Götter wen
etwas grob gegen die Menschen, aber die Menschen seien dagegen vernünftig
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«renzboten I. 1859.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/59>, abgerufen am 24.07.2024.