Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.fischen Bundesgenossen zuzulassen, wir haben durch unzeitige Schwäche in den fischen Bundesgenossen zuzulassen, wir haben durch unzeitige Schwäche in den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187448"/> <p xml:id="ID_1434" prev="#ID_1433" next="#ID_1435"> fischen Bundesgenossen zuzulassen, wir haben durch unzeitige Schwäche in den<lb/> Donaufürstcnthümern die Anarchie angestiftet, Serbien wieder so viel guten<lb/> und eindringlichen Nath ertheilt, bis Oestreichs Schützling und Werkzeug allen<lb/> Halt verlor, wir haben es an Eifersüchteleien gegen Preußen nicht fehlen<lb/> lassen, um im nächsten Augenblick an deutsche Sympathien und das preußische<lb/> Schwert zu appelliren. Das sind betrübende Thatsachen, die die besten Pa¬<lb/> trioten wegwünschen aber nicht wegleugnen können. Ihnen entspricht die all¬<lb/> gemeine Stimmung in Oestreich. Der Glaube an den Muth der Regierung,<lb/> die obwaltenden Schwierigkeiten zu besiegen und dem Staat eine endgiltige<lb/> Organisation zu geben, ist erschüttert und mehr noch als dieses. Auch der Zweifel<lb/> an der Fähigkeit der Negierung, an der Möglichkeit überhaupt einer solchen Or-<lb/> ' ganisation beginnt sich zu regen. Zu diesem Skepticismus hat vor allem das<lb/> Schicksal der Gesetze über Gemeinde- und Provinzialvcrfassung beigetragen. Die<lb/> im Jahr 1849 durchgeführte Gemeindeordnung, der Aristokratie der größte<lb/> Greuel, wurde bekanntlich nach kurzem Bestehen nicht etwa aufgehoben und<lb/> durch xine neue ersetzt, sondern zu einem ewigen Sterben verdammt. Den<lb/> Gemeindemitgliedem wurde die Ausübung des Wahlrechtes genommen, die<lb/> Gemeinderäthe von aller Verantwortung gegenüber den ersteren entbunden;<lb/> die Personen, die sich vor acht Jahren zufällig im Gemeinderath zusammen¬<lb/> fanden, müssen in demselben verbleiben bis — woran niemand mehr glaubt<lb/> — das Provisorium aufgehoben wird. Die Freisinnigen und Verwaltungs-<lb/> kundigcn haben sich längst von aller Thätigkeit zurückgezogen, auch die Ehr¬<lb/> geizigen fanden die Mühewaltung nicht lohnend; die Unthätigkeit und Ver¬<lb/> drossenheit der Einen, Krankheit und Tod der Andern haben große Lücken in<lb/> die Reihen der Gemeinderüthe gerissen, aber an einen Ersatz darf man nicht<lb/> denken, die Negierung wagt weder Neuwahlen, noch will sie durch Erneuung<lb/> der Gemcindevertreter die öffentliche Meinung ohne Nutzen reizen, und so sehen<lb/> wir von der Residenz bis zum geringsten Landstädtchen einen Numpfmagistrat<lb/> regieren, eine schlechte Stütze für die Regierung, ein noch schlechterer Verwalter<lb/> der Gemeindeinteressen. Wenn die Negierungsorgane, die in unmittelbarer<lb/> Berührung mit dem Volk stehen, sprechen dürften, wie würden sich Oestreichs<lb/> Feinde an dem Bilde des unentwirrbaren Chaos in allen Gemeindeangelegen-<lb/> heiten erfreuen. Es ist übrigens billig, zu erklären, daß einzelne Minister<lb/> das Unheilvolle der gegenwärtigen Lage vollkommen begreifen und zur Abhilfe<lb/> gern die Hand bieten. Alle ihre Versuche scheitern aber an dem Widerstand<lb/> höherer Mächte. Sollen die ehemaligen Grundherrn wieder eine isolirte<lb/> Stellung neben und über der Gemeinde erhalten? Der Wunsch, daß es ge¬<lb/> schehe, ist in den maßgebenden Kreisen ebenso heiß, als die Furcht über die<lb/> gewissen Folgen eines solchen Schrittes gewaltig. Keine Überredungskunst,<lb/> kein Versprechen, kein Eid wäre im Stande, die Bauern von der Meinung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
fischen Bundesgenossen zuzulassen, wir haben durch unzeitige Schwäche in den
Donaufürstcnthümern die Anarchie angestiftet, Serbien wieder so viel guten
und eindringlichen Nath ertheilt, bis Oestreichs Schützling und Werkzeug allen
Halt verlor, wir haben es an Eifersüchteleien gegen Preußen nicht fehlen
lassen, um im nächsten Augenblick an deutsche Sympathien und das preußische
Schwert zu appelliren. Das sind betrübende Thatsachen, die die besten Pa¬
trioten wegwünschen aber nicht wegleugnen können. Ihnen entspricht die all¬
gemeine Stimmung in Oestreich. Der Glaube an den Muth der Regierung,
die obwaltenden Schwierigkeiten zu besiegen und dem Staat eine endgiltige
Organisation zu geben, ist erschüttert und mehr noch als dieses. Auch der Zweifel
an der Fähigkeit der Negierung, an der Möglichkeit überhaupt einer solchen Or-
' ganisation beginnt sich zu regen. Zu diesem Skepticismus hat vor allem das
Schicksal der Gesetze über Gemeinde- und Provinzialvcrfassung beigetragen. Die
im Jahr 1849 durchgeführte Gemeindeordnung, der Aristokratie der größte
Greuel, wurde bekanntlich nach kurzem Bestehen nicht etwa aufgehoben und
durch xine neue ersetzt, sondern zu einem ewigen Sterben verdammt. Den
Gemeindemitgliedem wurde die Ausübung des Wahlrechtes genommen, die
Gemeinderäthe von aller Verantwortung gegenüber den ersteren entbunden;
die Personen, die sich vor acht Jahren zufällig im Gemeinderath zusammen¬
fanden, müssen in demselben verbleiben bis — woran niemand mehr glaubt
— das Provisorium aufgehoben wird. Die Freisinnigen und Verwaltungs-
kundigcn haben sich längst von aller Thätigkeit zurückgezogen, auch die Ehr¬
geizigen fanden die Mühewaltung nicht lohnend; die Unthätigkeit und Ver¬
drossenheit der Einen, Krankheit und Tod der Andern haben große Lücken in
die Reihen der Gemeinderüthe gerissen, aber an einen Ersatz darf man nicht
denken, die Negierung wagt weder Neuwahlen, noch will sie durch Erneuung
der Gemcindevertreter die öffentliche Meinung ohne Nutzen reizen, und so sehen
wir von der Residenz bis zum geringsten Landstädtchen einen Numpfmagistrat
regieren, eine schlechte Stütze für die Regierung, ein noch schlechterer Verwalter
der Gemeindeinteressen. Wenn die Negierungsorgane, die in unmittelbarer
Berührung mit dem Volk stehen, sprechen dürften, wie würden sich Oestreichs
Feinde an dem Bilde des unentwirrbaren Chaos in allen Gemeindeangelegen-
heiten erfreuen. Es ist übrigens billig, zu erklären, daß einzelne Minister
das Unheilvolle der gegenwärtigen Lage vollkommen begreifen und zur Abhilfe
gern die Hand bieten. Alle ihre Versuche scheitern aber an dem Widerstand
höherer Mächte. Sollen die ehemaligen Grundherrn wieder eine isolirte
Stellung neben und über der Gemeinde erhalten? Der Wunsch, daß es ge¬
schehe, ist in den maßgebenden Kreisen ebenso heiß, als die Furcht über die
gewissen Folgen eines solchen Schrittes gewaltig. Keine Überredungskunst,
kein Versprechen, kein Eid wäre im Stande, die Bauern von der Meinung
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