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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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breite, mühelose, aber wenig ehrenvolle ist. Daß die moderne Kunsterziehung
eher dazu angethan ist. die Kunstentfaltung zu hemmen als sie zu fördern ist
leider allzuwahr. Solche Schranken aber sind zu durchbrechen. Glauben wir
nur an uns und unser Priesterthum.




Von der preußischen Grenze.

Die Debatte des Herrenhauses vom 12. März über den Antrag des Grafen
Arnim-Boitzenburg, die Ersparnisse wiederum dem Staatsschatz zuzuweisen, verdient
in mehrfacher Beziehung unsere Aufmerksamkeit. Wir haben immer mit großer Be¬
sorgnis) auf die Schwierigkeiten geblickt, die diese Versammlung der Krone und dem
Land bereiten würde, sobald einmal ein liberales Ministerium im Einklang mit
einer liberalen Majorität im Hause der Abgeordneten die Regierung im Sinn des
Fortschritts zu führen versuchte. Die Möglichkeit lag noch vor kurzem so fern,
daß in Bezug auf die Ansichten und Entschlüsse jenes hohen Hauses die Gleich-
giltigkeit ziemlich allgemein war, unter den Mitgliedern desselben nicht minder als
im Publicum. Nun ist aber der unerwartete Fall eingetreten, und es erhebt sich
die ernste Frage, was soll die Regierung thun? -- Das Herrenhaus ist nicht ganz
geworden, was es sein sollte, ein Sammelplatz des hohen Adels; der hohe Adel hat
bis jetzt noch wenig Neigung verrathe", sich mehr als früher um die preußischen
Angelegenheiten zu kümmern. Um dem Hause eine bestimmte Färbung zu geben,
hat man es theils durch das specifische Junkcrthum, theils durch die Vorkämpfer
der Kreuzzeitung ergänzt, und so sind denn jetzt thatsächlich die Herren Stahl,
v. KleiMctzow, Gr. Groben u. s. w. die Führer desselben. -- Gestützt auf fein
Bewußtsein der Unabhängigkeit sowol von dem Lande als von der Krone, betritt
es jetzt den Weg der systematischen Opposition, um die Regierung unter diesem Mi¬
nisterium unmöglich zu machen, und so die Krone zu veranlassen, ein anderes zu
bilden. -- Zwar wird den Worten nach diese Absicht abgeleugnet, aber selbst wenn
wir uns nur an die Worte halten, widerlegt das hohe Haus sich selbst. Wenn
ein Mann, wie Graf Arnim-Boitzenburg (um von den leidenschaftlichem Partei¬
gängern der Kreuzzeitung zu schweigen), so weit geht offen zu erklären: "Es wäre
Schwäche oder Unaufrichtigkeit, wollten wir in Abrede stellen, daß zwischen den
politischen Ansichten, welche die Majorität dieses Hauses seit einem Jahrzehnt kund¬
gegeben hat, und den Ansichten der Männer, welche neuerdings in den Rath der
Krone berufen worden sind, eine große Verschiedenheit besteht," so ist das deutlich
genug gesprochen, und es drückt auch nur eine weltbekannte Thatsache aus. Die
Art und Weise aber, wie die Opposition geführt wird, erklärt sich am deutlichsten
in den Worten des Herrn v. Kleist-Nctzow: "Diejenigen greifen das Recht der Krone
an, welche den Antrag (ein partielles Mißtrauensvotum gegen das Ministerium) nicht
annehmen!" Daß diese Erklärung einiges Murren hervorgerufen, daß selbst der Prä¬
sident Prinz Hohenlohe (gewiß kein Radicaler!) sich zu der Erwiederung gedrungen


breite, mühelose, aber wenig ehrenvolle ist. Daß die moderne Kunsterziehung
eher dazu angethan ist. die Kunstentfaltung zu hemmen als sie zu fördern ist
leider allzuwahr. Solche Schranken aber sind zu durchbrechen. Glauben wir
nur an uns und unser Priesterthum.




Von der preußischen Grenze.

Die Debatte des Herrenhauses vom 12. März über den Antrag des Grafen
Arnim-Boitzenburg, die Ersparnisse wiederum dem Staatsschatz zuzuweisen, verdient
in mehrfacher Beziehung unsere Aufmerksamkeit. Wir haben immer mit großer Be¬
sorgnis) auf die Schwierigkeiten geblickt, die diese Versammlung der Krone und dem
Land bereiten würde, sobald einmal ein liberales Ministerium im Einklang mit
einer liberalen Majorität im Hause der Abgeordneten die Regierung im Sinn des
Fortschritts zu führen versuchte. Die Möglichkeit lag noch vor kurzem so fern,
daß in Bezug auf die Ansichten und Entschlüsse jenes hohen Hauses die Gleich-
giltigkeit ziemlich allgemein war, unter den Mitgliedern desselben nicht minder als
im Publicum. Nun ist aber der unerwartete Fall eingetreten, und es erhebt sich
die ernste Frage, was soll die Regierung thun? — Das Herrenhaus ist nicht ganz
geworden, was es sein sollte, ein Sammelplatz des hohen Adels; der hohe Adel hat
bis jetzt noch wenig Neigung verrathe», sich mehr als früher um die preußischen
Angelegenheiten zu kümmern. Um dem Hause eine bestimmte Färbung zu geben,
hat man es theils durch das specifische Junkcrthum, theils durch die Vorkämpfer
der Kreuzzeitung ergänzt, und so sind denn jetzt thatsächlich die Herren Stahl,
v. KleiMctzow, Gr. Groben u. s. w. die Führer desselben. — Gestützt auf fein
Bewußtsein der Unabhängigkeit sowol von dem Lande als von der Krone, betritt
es jetzt den Weg der systematischen Opposition, um die Regierung unter diesem Mi¬
nisterium unmöglich zu machen, und so die Krone zu veranlassen, ein anderes zu
bilden. — Zwar wird den Worten nach diese Absicht abgeleugnet, aber selbst wenn
wir uns nur an die Worte halten, widerlegt das hohe Haus sich selbst. Wenn
ein Mann, wie Graf Arnim-Boitzenburg (um von den leidenschaftlichem Partei¬
gängern der Kreuzzeitung zu schweigen), so weit geht offen zu erklären: „Es wäre
Schwäche oder Unaufrichtigkeit, wollten wir in Abrede stellen, daß zwischen den
politischen Ansichten, welche die Majorität dieses Hauses seit einem Jahrzehnt kund¬
gegeben hat, und den Ansichten der Männer, welche neuerdings in den Rath der
Krone berufen worden sind, eine große Verschiedenheit besteht," so ist das deutlich
genug gesprochen, und es drückt auch nur eine weltbekannte Thatsache aus. Die
Art und Weise aber, wie die Opposition geführt wird, erklärt sich am deutlichsten
in den Worten des Herrn v. Kleist-Nctzow: „Diejenigen greifen das Recht der Krone
an, welche den Antrag (ein partielles Mißtrauensvotum gegen das Ministerium) nicht
annehmen!" Daß diese Erklärung einiges Murren hervorgerufen, daß selbst der Prä¬
sident Prinz Hohenlohe (gewiß kein Radicaler!) sich zu der Erwiederung gedrungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/486>, abgerufen am 24.07.2024.