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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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welchen der König die gesetzgebende Gewalt mit den Ständen theilen würde.
Hinsichtlich der besondern Angelegenheiten ist dies keine Neuerung, rücksicht¬
lich der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Monarchie aber würde die in
dieser Beziehung nach der Verordnung vom 2. Oct. 1855 dem Reichsrath
zugestandene Befugnis; auf die vier Landesvcrtretungen übergehen. Die
Schwierigkeiten, die sich daraus für die Regierung ergeben könnten, verschwin¬
den zum Theil davor, daß der vorgelegte Plan größeren Uebelständen, wie
sie der letzte Organisntionsplan mit sich führte, die Thür verschließt. Sodann
findet ein ähnliches Verhältniß, wie das in Vorschlag gebrachte, in allen
Verfassungen mit dem Zweikammersystem statt. Ferner wird die Sache für
die Regierung dadurch erleichtert, daß ihr die Initiative zur Einbringung von
Gesetzentwürfen in gemeinschaftlichen Angelegenheiten vorbehalten ist, und daß
nach dem Plan des Ausschusses gemeinschaftliche Angelegenheiten betreffende
Gesetzentwürfe nur so, wie sie von der Regierung vorgelegt sind, angenom¬
men oder abgelehnt, also keine Aenderungsvorschläge zu denselben gemacht
werden können.

f. Wir kommen zum Schluß. Die holsteinischen Stände haben gethan, was
sie konnten. Sie würden mehr gefordert haben, wenn ihnen eine andere Basis
gegeben gewesen wäre. Die Versammlung machte die Ansichten und Anträge
ihres Ausschusses zu den ihren, und zwar einstimmig; hinter ihr steht ein-
müthig das ganze Herzogthum. hinter diesem die öffentliche Meinung in
Deutschland. Was wird der Bund thun, der sich hier sicher nicht über ma߬
lose Forderungen beklagen kann? Wird er die Worte der Bekanntmachung
vom 28. Jan. 1852 ebenso deuten, wie die Holsteiner? Wird er die Erfüllung
der darin liegenden Zusagen nöthigenfalls erzwingen? Wird er die Verwah¬
rung der Holsteiner in Betreff der Aufhebung der Verbindung Holsteins mit
Schleswig berücksichtigen, die in Schleswigs Danisirung verletzten Inter¬
essen Holsteins schützen? Wir wissen es nicht- Eins aber wissen wir, daß
die öffentliche Meinung auch im Fall einer ungünstigen Entscheidung in der
Eschenheimer Gasse der Sache Schleswig-Holsteins treu bleiben wird, daß
ihre Verachtung in civilisirten Ländern stets auf den zurückfällt, der sie ver¬
achtete, und daß sie in letzter Instanz alles entscheidet. Der mächtigste unter
den Herrschern der Gegenwart hat ihre Gewalt erst in diesen Wochen erfahren
und in einer Sache erfahren, die keineswegs so klar war, wie das Recht
Holsteins, wie das Recht Deutschlands in Holstein, das deutsche Interesse in
Schleswig. Hoffen wir, daß die Deutschen sich den Zumuthungen des kleinen
Dänemark gegenüber nicht weniger stark und einig zeigen als dort.




welchen der König die gesetzgebende Gewalt mit den Ständen theilen würde.
Hinsichtlich der besondern Angelegenheiten ist dies keine Neuerung, rücksicht¬
lich der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Monarchie aber würde die in
dieser Beziehung nach der Verordnung vom 2. Oct. 1855 dem Reichsrath
zugestandene Befugnis; auf die vier Landesvcrtretungen übergehen. Die
Schwierigkeiten, die sich daraus für die Regierung ergeben könnten, verschwin¬
den zum Theil davor, daß der vorgelegte Plan größeren Uebelständen, wie
sie der letzte Organisntionsplan mit sich führte, die Thür verschließt. Sodann
findet ein ähnliches Verhältniß, wie das in Vorschlag gebrachte, in allen
Verfassungen mit dem Zweikammersystem statt. Ferner wird die Sache für
die Regierung dadurch erleichtert, daß ihr die Initiative zur Einbringung von
Gesetzentwürfen in gemeinschaftlichen Angelegenheiten vorbehalten ist, und daß
nach dem Plan des Ausschusses gemeinschaftliche Angelegenheiten betreffende
Gesetzentwürfe nur so, wie sie von der Regierung vorgelegt sind, angenom¬
men oder abgelehnt, also keine Aenderungsvorschläge zu denselben gemacht
werden können.

f. Wir kommen zum Schluß. Die holsteinischen Stände haben gethan, was
sie konnten. Sie würden mehr gefordert haben, wenn ihnen eine andere Basis
gegeben gewesen wäre. Die Versammlung machte die Ansichten und Anträge
ihres Ausschusses zu den ihren, und zwar einstimmig; hinter ihr steht ein-
müthig das ganze Herzogthum. hinter diesem die öffentliche Meinung in
Deutschland. Was wird der Bund thun, der sich hier sicher nicht über ma߬
lose Forderungen beklagen kann? Wird er die Worte der Bekanntmachung
vom 28. Jan. 1852 ebenso deuten, wie die Holsteiner? Wird er die Erfüllung
der darin liegenden Zusagen nöthigenfalls erzwingen? Wird er die Verwah¬
rung der Holsteiner in Betreff der Aufhebung der Verbindung Holsteins mit
Schleswig berücksichtigen, die in Schleswigs Danisirung verletzten Inter¬
essen Holsteins schützen? Wir wissen es nicht- Eins aber wissen wir, daß
die öffentliche Meinung auch im Fall einer ungünstigen Entscheidung in der
Eschenheimer Gasse der Sache Schleswig-Holsteins treu bleiben wird, daß
ihre Verachtung in civilisirten Ländern stets auf den zurückfällt, der sie ver¬
achtete, und daß sie in letzter Instanz alles entscheidet. Der mächtigste unter
den Herrschern der Gegenwart hat ihre Gewalt erst in diesen Wochen erfahren
und in einer Sache erfahren, die keineswegs so klar war, wie das Recht
Holsteins, wie das Recht Deutschlands in Holstein, das deutsche Interesse in
Schleswig. Hoffen wir, daß die Deutschen sich den Zumuthungen des kleinen
Dänemark gegenüber nicht weniger stark und einig zeigen als dort.




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[0479] welchen der König die gesetzgebende Gewalt mit den Ständen theilen würde. Hinsichtlich der besondern Angelegenheiten ist dies keine Neuerung, rücksicht¬ lich der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Monarchie aber würde die in dieser Beziehung nach der Verordnung vom 2. Oct. 1855 dem Reichsrath zugestandene Befugnis; auf die vier Landesvcrtretungen übergehen. Die Schwierigkeiten, die sich daraus für die Regierung ergeben könnten, verschwin¬ den zum Theil davor, daß der vorgelegte Plan größeren Uebelständen, wie sie der letzte Organisntionsplan mit sich führte, die Thür verschließt. Sodann findet ein ähnliches Verhältniß, wie das in Vorschlag gebrachte, in allen Verfassungen mit dem Zweikammersystem statt. Ferner wird die Sache für die Regierung dadurch erleichtert, daß ihr die Initiative zur Einbringung von Gesetzentwürfen in gemeinschaftlichen Angelegenheiten vorbehalten ist, und daß nach dem Plan des Ausschusses gemeinschaftliche Angelegenheiten betreffende Gesetzentwürfe nur so, wie sie von der Regierung vorgelegt sind, angenom¬ men oder abgelehnt, also keine Aenderungsvorschläge zu denselben gemacht werden können. f. Wir kommen zum Schluß. Die holsteinischen Stände haben gethan, was sie konnten. Sie würden mehr gefordert haben, wenn ihnen eine andere Basis gegeben gewesen wäre. Die Versammlung machte die Ansichten und Anträge ihres Ausschusses zu den ihren, und zwar einstimmig; hinter ihr steht ein- müthig das ganze Herzogthum. hinter diesem die öffentliche Meinung in Deutschland. Was wird der Bund thun, der sich hier sicher nicht über ma߬ lose Forderungen beklagen kann? Wird er die Worte der Bekanntmachung vom 28. Jan. 1852 ebenso deuten, wie die Holsteiner? Wird er die Erfüllung der darin liegenden Zusagen nöthigenfalls erzwingen? Wird er die Verwah¬ rung der Holsteiner in Betreff der Aufhebung der Verbindung Holsteins mit Schleswig berücksichtigen, die in Schleswigs Danisirung verletzten Inter¬ essen Holsteins schützen? Wir wissen es nicht- Eins aber wissen wir, daß die öffentliche Meinung auch im Fall einer ungünstigen Entscheidung in der Eschenheimer Gasse der Sache Schleswig-Holsteins treu bleiben wird, daß ihre Verachtung in civilisirten Ländern stets auf den zurückfällt, der sie ver¬ achtete, und daß sie in letzter Instanz alles entscheidet. Der mächtigste unter den Herrschern der Gegenwart hat ihre Gewalt erst in diesen Wochen erfahren und in einer Sache erfahren, die keineswegs so klar war, wie das Recht Holsteins, wie das Recht Deutschlands in Holstein, das deutsche Interesse in Schleswig. Hoffen wir, daß die Deutschen sich den Zumuthungen des kleinen Dänemark gegenüber nicht weniger stark und einig zeigen als dort.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/479>, abgerufen am 24.07.2024.