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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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der königlichen Regierung und dem deutschen Bunde vorgreifen zu können,
und daß sie außerdem hervorzuheben habe, wie die Bekanntmachung vom
23. Jan. 1852 ihr als Grundlage für ihre Vorschläge gegeben, nicht von
ihr gewählt sei -- sie müsse dies betonen, da sie bei freier Wahl von einem
andern Standpunkt ausgegangen sein würde, und sich gegen alle aus der
Basirung ihrer Anträge auf jene Bekanntmachung zu ziehenden Folgerungen
verwahren.

Wäre es, sagt der Ausschuhbericht, den die Stände als Ausdruck ihrer
Ueberzeugung einmüthig anerkannt haben, der Versammlung gestattet
gewesen, über jene Grundlage hinauszugehen, so würde sie es
offen ausgesprochen haben, daß sie in der Rückkehr zum Status-
quo vor 1848, in der Wiederherstellung der altbcrechtigten legislativen und
administrativen Verbindung der Herzogtümer Schleswig und Holstein das
sicherste Mittel, ja die wesentlichste Bedingung einer zufrieden¬
stellender und dauernden Ordnung der Angelegenheiten der Mon¬
archie sähe. Diese Verbindung, heißt es in dem Bericht, ist früher zu allen
Zeiten von der Regierung als berechtigt und den Interessen der Herzogthümer
entsprechend anerkannt worden. Noch im Jahre 1846 gab der Bundestags-
gcsandte für Holstein vor dem Bundestag die Erklärung ab, daß es nicht die
Absicht sei, in den Verhältnissen, welche das Herzogthum Holstein mit dem
Herzogthum Schleswig verbinden, irgend eine Veränderung herbeizuführen,
vielmehr werde diese Verbindung ausdrücklich anerkannt, und sie bestehe ihrem
Wesen nach darin, daß beide Herzogthümer bis aus Holsteins Eigenschaft als
Glied des deutschen Bundes und die abgesonderte Ständeversammlung neben
dem Socialnexns der Schleswig-holsteinischen Ritterschaft bei gemeinsamer oder
gleichartiger Gesetzgebung und Verwaltung alle öffentlichen Verhältnisse mit¬
einander gemein haben. Ja selbst in dem Rescript des jetzigen Königs vom
28. Jan. 1848 wegen Einführung einer Gesammtverfassung ist ausdrücklich
gesagt, daß dadurch in der bestehenden Verbindung Holsteins mit Schleswig
nichts verändert werden solle. Diese Verbindung ist der Angelpunkt, um
welchen sich sast die ganze Geschichte der beiden Herzogthümer dreht, und sie
ist mit dem Rechtsbewußtsein ihrer Bewohner so verwachsen, daß kein Opfer
von ihnen so schwer empfunden wird, als jene Trennung, durch welche ihre
Interessen um so tiefer verletzt werden, je mehr die Verbote der Gemein¬
schaftlichkeit von Tag zu Tag aus alle geistigen und materiellen Lebensver¬
hältnisse sich ausdehnen. Nicht im Bestehen jener Verbindung, sondern in
den auf Vernichtung derselben gerichteten Bestrebungen ist der Grund zu den
Zerwürfnissen zwischen den Herzogthümer" und dem Königreich zu suchen. Die
Integrität der Monarchie wird durch die legislative und administrative Ver¬
bindung Schleswigs mit Holstein nicht gefährdet, sondern gekräftigt. Wird


Grenzboten I. 1869. 58

der königlichen Regierung und dem deutschen Bunde vorgreifen zu können,
und daß sie außerdem hervorzuheben habe, wie die Bekanntmachung vom
23. Jan. 1852 ihr als Grundlage für ihre Vorschläge gegeben, nicht von
ihr gewählt sei — sie müsse dies betonen, da sie bei freier Wahl von einem
andern Standpunkt ausgegangen sein würde, und sich gegen alle aus der
Basirung ihrer Anträge auf jene Bekanntmachung zu ziehenden Folgerungen
verwahren.

Wäre es, sagt der Ausschuhbericht, den die Stände als Ausdruck ihrer
Ueberzeugung einmüthig anerkannt haben, der Versammlung gestattet
gewesen, über jene Grundlage hinauszugehen, so würde sie es
offen ausgesprochen haben, daß sie in der Rückkehr zum Status-
quo vor 1848, in der Wiederherstellung der altbcrechtigten legislativen und
administrativen Verbindung der Herzogtümer Schleswig und Holstein das
sicherste Mittel, ja die wesentlichste Bedingung einer zufrieden¬
stellender und dauernden Ordnung der Angelegenheiten der Mon¬
archie sähe. Diese Verbindung, heißt es in dem Bericht, ist früher zu allen
Zeiten von der Regierung als berechtigt und den Interessen der Herzogthümer
entsprechend anerkannt worden. Noch im Jahre 1846 gab der Bundestags-
gcsandte für Holstein vor dem Bundestag die Erklärung ab, daß es nicht die
Absicht sei, in den Verhältnissen, welche das Herzogthum Holstein mit dem
Herzogthum Schleswig verbinden, irgend eine Veränderung herbeizuführen,
vielmehr werde diese Verbindung ausdrücklich anerkannt, und sie bestehe ihrem
Wesen nach darin, daß beide Herzogthümer bis aus Holsteins Eigenschaft als
Glied des deutschen Bundes und die abgesonderte Ständeversammlung neben
dem Socialnexns der Schleswig-holsteinischen Ritterschaft bei gemeinsamer oder
gleichartiger Gesetzgebung und Verwaltung alle öffentlichen Verhältnisse mit¬
einander gemein haben. Ja selbst in dem Rescript des jetzigen Königs vom
28. Jan. 1848 wegen Einführung einer Gesammtverfassung ist ausdrücklich
gesagt, daß dadurch in der bestehenden Verbindung Holsteins mit Schleswig
nichts verändert werden solle. Diese Verbindung ist der Angelpunkt, um
welchen sich sast die ganze Geschichte der beiden Herzogthümer dreht, und sie
ist mit dem Rechtsbewußtsein ihrer Bewohner so verwachsen, daß kein Opfer
von ihnen so schwer empfunden wird, als jene Trennung, durch welche ihre
Interessen um so tiefer verletzt werden, je mehr die Verbote der Gemein¬
schaftlichkeit von Tag zu Tag aus alle geistigen und materiellen Lebensver¬
hältnisse sich ausdehnen. Nicht im Bestehen jener Verbindung, sondern in
den auf Vernichtung derselben gerichteten Bestrebungen ist der Grund zu den
Zerwürfnissen zwischen den Herzogthümer» und dem Königreich zu suchen. Die
Integrität der Monarchie wird durch die legislative und administrative Ver¬
bindung Schleswigs mit Holstein nicht gefährdet, sondern gekräftigt. Wird


Grenzboten I. 1869. 58
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/467>, abgerufen am 24.07.2024.