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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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unter etwa das zu verstehen, was man an den, Parisern von Jassy und
Bukarest zu loben hat: pariser Moden und Phrasen.

Die Wodureligion ist ein afrikanischer Cultus, der besonders im König¬
reich Juida in hohen Ehren steht und schon vor der Vertreibung der Weißen
auf Haiti unter der niedern Classe des Volks verbreitet war. Die Gottheit,
welche durch denselben verehrt wird, ist eine Schlange, die in einem kleinen,
auf der einen Seite nur mit einem Gitter geschlossenen Kasten aufbewahrt,
und deren Verkehr mit ihren Anbetern durch einen Priester und eine Priesterin
vermittelt wird. Die ledern führen den Titel König und Königin, oder Papa
und Manail Wodu. Wie in allen Religionen wilder Völker spielt unter den
Ceremonien der Wodusekte der Tanz eine Hauptrolle. Die Mitglieder des Bundes
werden durch einen Eid, bei dem sie aus einer Urne das noch warme Blut
einer frisch geschlachteten Ziege zutrinken haben, zur Verschwiegenheit und zur
Ermordung aller, die das Geheimniß nicht bewahren, verpflichtet. Die Ein¬
geweihten finden sich an geheimen Orten zusammen, die ihnen bei der vorher¬
gehenden Versammlung bezeichnet werden. Beim Eintritt legen sie Sandalen
an und umhüllen den Körper mit Tüchern, bei denen die rothe Farbe vor¬
herrschen muß. Der Priester trägt ein ganz rothes Tuch in Form eines Dia¬
dems um die Stirn, die Priesterin eines von gleicher Farbe als Schärpe um
den Leib. Beide stellen sich vor einem am Ende des Versammlungsortes ange¬
brachten Altar auf, welcher den Kasten mit der heiligen Schlange trägt.
Diese wird jetzt angebetet und der Schwur der Verschwiegenheit erneuert.
Dann preisen der Priester und die Priesterin, abwechselnd das Wort nehmend
die Wohlthaten, die der Fetisch seinen Getreuen erweist, und fordern die Ver¬
sammlung auf. ihm ihre Verehrung darzubringen und sich bei ihm Raths zu
erholen. Dies geschieht. Der Papa Wodu setzt den Kasten mit der Schlange
aus die Erde. Manail Wodu tritt darauf und wird von Zuckungen ergriffen,
und nun gehen aus ihrem Munde Orakel, je nach der Gelegenheit Verhei¬
ßungen oder Drohungen hervor. Nachdem die Befragung vorüber, bringt
jeder der Theilnehmer an der Ceremonie seinen Tribut dar, und der Ertrag dieser
Sammlung bildet den geheimen Schatz des Bundes. Die Priester verkünden
hierauf der Versammlung die allgemeinen Gebote des Gottes Wodu und ein
neuer Schwur des Gehorsams wird geleistet.

Dann Pflegt man neue Mitglieder aufzunehmen, wenn sich deren gemeldet
haben. Der Aufzunehmende stellt sich in einen mit Kohle auf den Boden ge¬
zeichneten Kreis. Der Papa Wodu gibt ihm ein Packet in die Hand, welches
gewisse Kräuter, Pferdehaare, und Horn- und Knochenstückchen enthält, schlägt
ihn mit einer Art Pritsche leicht auf den Kopf und beginnt ein kurzes afrika¬
nisches Lied zu singen, welches von den Versammelten im Chor wiederholt
wird. Der Candidat sängt an zu zucken und zu zittern, sein Zittern wird,


unter etwa das zu verstehen, was man an den, Parisern von Jassy und
Bukarest zu loben hat: pariser Moden und Phrasen.

Die Wodureligion ist ein afrikanischer Cultus, der besonders im König¬
reich Juida in hohen Ehren steht und schon vor der Vertreibung der Weißen
auf Haiti unter der niedern Classe des Volks verbreitet war. Die Gottheit,
welche durch denselben verehrt wird, ist eine Schlange, die in einem kleinen,
auf der einen Seite nur mit einem Gitter geschlossenen Kasten aufbewahrt,
und deren Verkehr mit ihren Anbetern durch einen Priester und eine Priesterin
vermittelt wird. Die ledern führen den Titel König und Königin, oder Papa
und Manail Wodu. Wie in allen Religionen wilder Völker spielt unter den
Ceremonien der Wodusekte der Tanz eine Hauptrolle. Die Mitglieder des Bundes
werden durch einen Eid, bei dem sie aus einer Urne das noch warme Blut
einer frisch geschlachteten Ziege zutrinken haben, zur Verschwiegenheit und zur
Ermordung aller, die das Geheimniß nicht bewahren, verpflichtet. Die Ein¬
geweihten finden sich an geheimen Orten zusammen, die ihnen bei der vorher¬
gehenden Versammlung bezeichnet werden. Beim Eintritt legen sie Sandalen
an und umhüllen den Körper mit Tüchern, bei denen die rothe Farbe vor¬
herrschen muß. Der Priester trägt ein ganz rothes Tuch in Form eines Dia¬
dems um die Stirn, die Priesterin eines von gleicher Farbe als Schärpe um
den Leib. Beide stellen sich vor einem am Ende des Versammlungsortes ange¬
brachten Altar auf, welcher den Kasten mit der heiligen Schlange trägt.
Diese wird jetzt angebetet und der Schwur der Verschwiegenheit erneuert.
Dann preisen der Priester und die Priesterin, abwechselnd das Wort nehmend
die Wohlthaten, die der Fetisch seinen Getreuen erweist, und fordern die Ver¬
sammlung auf. ihm ihre Verehrung darzubringen und sich bei ihm Raths zu
erholen. Dies geschieht. Der Papa Wodu setzt den Kasten mit der Schlange
aus die Erde. Manail Wodu tritt darauf und wird von Zuckungen ergriffen,
und nun gehen aus ihrem Munde Orakel, je nach der Gelegenheit Verhei¬
ßungen oder Drohungen hervor. Nachdem die Befragung vorüber, bringt
jeder der Theilnehmer an der Ceremonie seinen Tribut dar, und der Ertrag dieser
Sammlung bildet den geheimen Schatz des Bundes. Die Priester verkünden
hierauf der Versammlung die allgemeinen Gebote des Gottes Wodu und ein
neuer Schwur des Gehorsams wird geleistet.

Dann Pflegt man neue Mitglieder aufzunehmen, wenn sich deren gemeldet
haben. Der Aufzunehmende stellt sich in einen mit Kohle auf den Boden ge¬
zeichneten Kreis. Der Papa Wodu gibt ihm ein Packet in die Hand, welches
gewisse Kräuter, Pferdehaare, und Horn- und Knochenstückchen enthält, schlägt
ihn mit einer Art Pritsche leicht auf den Kopf und beginnt ein kurzes afrika¬
nisches Lied zu singen, welches von den Versammelten im Chor wiederholt
wird. Der Candidat sängt an zu zucken und zu zittern, sein Zittern wird,


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[0438] unter etwa das zu verstehen, was man an den, Parisern von Jassy und Bukarest zu loben hat: pariser Moden und Phrasen. Die Wodureligion ist ein afrikanischer Cultus, der besonders im König¬ reich Juida in hohen Ehren steht und schon vor der Vertreibung der Weißen auf Haiti unter der niedern Classe des Volks verbreitet war. Die Gottheit, welche durch denselben verehrt wird, ist eine Schlange, die in einem kleinen, auf der einen Seite nur mit einem Gitter geschlossenen Kasten aufbewahrt, und deren Verkehr mit ihren Anbetern durch einen Priester und eine Priesterin vermittelt wird. Die ledern führen den Titel König und Königin, oder Papa und Manail Wodu. Wie in allen Religionen wilder Völker spielt unter den Ceremonien der Wodusekte der Tanz eine Hauptrolle. Die Mitglieder des Bundes werden durch einen Eid, bei dem sie aus einer Urne das noch warme Blut einer frisch geschlachteten Ziege zutrinken haben, zur Verschwiegenheit und zur Ermordung aller, die das Geheimniß nicht bewahren, verpflichtet. Die Ein¬ geweihten finden sich an geheimen Orten zusammen, die ihnen bei der vorher¬ gehenden Versammlung bezeichnet werden. Beim Eintritt legen sie Sandalen an und umhüllen den Körper mit Tüchern, bei denen die rothe Farbe vor¬ herrschen muß. Der Priester trägt ein ganz rothes Tuch in Form eines Dia¬ dems um die Stirn, die Priesterin eines von gleicher Farbe als Schärpe um den Leib. Beide stellen sich vor einem am Ende des Versammlungsortes ange¬ brachten Altar auf, welcher den Kasten mit der heiligen Schlange trägt. Diese wird jetzt angebetet und der Schwur der Verschwiegenheit erneuert. Dann preisen der Priester und die Priesterin, abwechselnd das Wort nehmend die Wohlthaten, die der Fetisch seinen Getreuen erweist, und fordern die Ver¬ sammlung auf. ihm ihre Verehrung darzubringen und sich bei ihm Raths zu erholen. Dies geschieht. Der Papa Wodu setzt den Kasten mit der Schlange aus die Erde. Manail Wodu tritt darauf und wird von Zuckungen ergriffen, und nun gehen aus ihrem Munde Orakel, je nach der Gelegenheit Verhei¬ ßungen oder Drohungen hervor. Nachdem die Befragung vorüber, bringt jeder der Theilnehmer an der Ceremonie seinen Tribut dar, und der Ertrag dieser Sammlung bildet den geheimen Schatz des Bundes. Die Priester verkünden hierauf der Versammlung die allgemeinen Gebote des Gottes Wodu und ein neuer Schwur des Gehorsams wird geleistet. Dann Pflegt man neue Mitglieder aufzunehmen, wenn sich deren gemeldet haben. Der Aufzunehmende stellt sich in einen mit Kohle auf den Boden ge¬ zeichneten Kreis. Der Papa Wodu gibt ihm ein Packet in die Hand, welches gewisse Kräuter, Pferdehaare, und Horn- und Knochenstückchen enthält, schlägt ihn mit einer Art Pritsche leicht auf den Kopf und beginnt ein kurzes afrika¬ nisches Lied zu singen, welches von den Versammelten im Chor wiederholt wird. Der Candidat sängt an zu zucken und zu zittern, sein Zittern wird,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/438>, abgerufen am 24.07.2024.