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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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große Inconsequenzen mitunterlanfen. Einmal verhindert bei Ricardo die
Grundsteuer die Bebauung der letzten Classe der Grundstücke, und dann wird
sie doch von dem Capitalzins und Arbeitslohn dieser letzten Classe mit ent¬
richtet.

Sismondi, der eine lange Polemik gegen Ricardo führt, stellt als ein¬
leitenden Gedanken über seine Auffassung der Grundsteuer die Worte hin: "I.g,
vontributicm toneiöre est Ap8tA>6o ä, kairo xartieixor Jo use an rvvenu nu
Löul propiiewire et eile n'atfeete en general <zue lui seul." Er meint also
grade umgekehrt, daß die Grundsteuer keine Consumtionssteuer sei, sondern
wesentlich den Landmann selbst treffe. Ferner führt er an: "I/impositüm
teneiei'e eblige seuveut le eontriluuri)1e ir x-i^er cke I'irr-Mut irn Moment, on
it n'en g, und in demselben Sinn "I'uis 1'lui)c>"itiou koueiere K"t 1)0-
s^nee et p1u8 eile Mte 1c; äesorclre ckans los unreines et ckiins toute 1'eee-
nomie rurale en loi^ant 1e eultivateur a vencire ü. tout xrix xour trouver
cke I'krrAent.^

Was den ersten Punkt anlangt, so kann, wie schon Hoffmann anführt,
niemand sagen, wer eine Steuer trügt, man weiß nur, wer sie zahlt. Gün¬
stige Conjnncturcn lassen den Landmann oder Fabrikanten frei ausgehn bei
der Besteuerung, bei ungünstigen trägt er die Steuer zum großen Theil. Der
zweite Punkt ist ein wenig gravirendcs Moment gegen die Grundsteuer spe¬
ciell. Als ob bei directen Steuern überhaupt (dies ist ja einer der größten
Mängel derselben, z. B. bei der Gewerbesteuer, die größtentheils viel ärmere
Leute trifft als die Grundsteuer) der Staat stets anfragen könnte, wann der
Pflichtige bei Gelde sei! Ueberhnupt darf ja eine directe Steuer niemals so
unvernünftig hoch eingerichtet sein, daß sie bedenklichen Einfluß auf den Be¬
trieb des besteuerten Vesitzthums ausübt.

Die fernern Bedenken Sismondis gegen die Grundsteuer treffen wesent¬
lich die Einführung derselben, und kommt er hier auf dasjenige Bedenken,
welches hauptsächlich von den Gegnern der Grundsteuer hingestellt wird, daß
nämlich die zu zahlende Abgabe als Zins von einem Capital, welches ohne
irgend welchen Grund der Grundstückbesitzer dem Staat schulde, zu betrach¬
ten sei. Die an diesen Punkt sich anschließenden feinen Ausführungen Sis¬
mondis, in denen er nachweist, wie durch die Grundsteuer die Güter unnütz
und schädlich auf einmal vertheucrt würden, so wie seinen fast bestechenden
Vergleich, daß der Pächter bei bestehenden Grundsteuern nicht einen, sondern
zwei Herren habe, können wir hier nur andeuten.

Noch strenger richtet Stuart Mill in seiner politischen Oekonomie über die
Grundsteuer vrgl. S. 285 ze., wo es heißt: "Eine Steuer von der Bodenrenke
fällt ganz auf den Grundeigenthümer. Er kann ihre Last auf keine Weise
auf irgend einen andern abwälzen. Sie wirkt nicht auf den Werth oder Preis


Grenzboten I. 1859. 52

große Inconsequenzen mitunterlanfen. Einmal verhindert bei Ricardo die
Grundsteuer die Bebauung der letzten Classe der Grundstücke, und dann wird
sie doch von dem Capitalzins und Arbeitslohn dieser letzten Classe mit ent¬
richtet.

Sismondi, der eine lange Polemik gegen Ricardo führt, stellt als ein¬
leitenden Gedanken über seine Auffassung der Grundsteuer die Worte hin: „I.g,
vontributicm toneiöre est Ap8tA>6o ä, kairo xartieixor Jo use an rvvenu nu
Löul propiiewire et eile n'atfeete en general <zue lui seul." Er meint also
grade umgekehrt, daß die Grundsteuer keine Consumtionssteuer sei, sondern
wesentlich den Landmann selbst treffe. Ferner führt er an: „I/impositüm
teneiei'e eblige seuveut le eontriluuri)1e ir x-i^er cke I'irr-Mut irn Moment, on
it n'en g, und in demselben Sinn „I'uis 1'lui)c>«itiou koueiere K»t 1)0-
s^nee et p1u8 eile Mte 1c; äesorclre ckans los unreines et ckiins toute 1'eee-
nomie rurale en loi^ant 1e eultivateur a vencire ü. tout xrix xour trouver
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Was den ersten Punkt anlangt, so kann, wie schon Hoffmann anführt,
niemand sagen, wer eine Steuer trügt, man weiß nur, wer sie zahlt. Gün¬
stige Conjnncturcn lassen den Landmann oder Fabrikanten frei ausgehn bei
der Besteuerung, bei ungünstigen trägt er die Steuer zum großen Theil. Der
zweite Punkt ist ein wenig gravirendcs Moment gegen die Grundsteuer spe¬
ciell. Als ob bei directen Steuern überhaupt (dies ist ja einer der größten
Mängel derselben, z. B. bei der Gewerbesteuer, die größtentheils viel ärmere
Leute trifft als die Grundsteuer) der Staat stets anfragen könnte, wann der
Pflichtige bei Gelde sei! Ueberhnupt darf ja eine directe Steuer niemals so
unvernünftig hoch eingerichtet sein, daß sie bedenklichen Einfluß auf den Be¬
trieb des besteuerten Vesitzthums ausübt.

Die fernern Bedenken Sismondis gegen die Grundsteuer treffen wesent¬
lich die Einführung derselben, und kommt er hier auf dasjenige Bedenken,
welches hauptsächlich von den Gegnern der Grundsteuer hingestellt wird, daß
nämlich die zu zahlende Abgabe als Zins von einem Capital, welches ohne
irgend welchen Grund der Grundstückbesitzer dem Staat schulde, zu betrach¬
ten sei. Die an diesen Punkt sich anschließenden feinen Ausführungen Sis¬
mondis, in denen er nachweist, wie durch die Grundsteuer die Güter unnütz
und schädlich auf einmal vertheucrt würden, so wie seinen fast bestechenden
Vergleich, daß der Pächter bei bestehenden Grundsteuern nicht einen, sondern
zwei Herren habe, können wir hier nur andeuten.

Noch strenger richtet Stuart Mill in seiner politischen Oekonomie über die
Grundsteuer vrgl. S. 285 ze., wo es heißt: „Eine Steuer von der Bodenrenke
fällt ganz auf den Grundeigenthümer. Er kann ihre Last auf keine Weise
auf irgend einen andern abwälzen. Sie wirkt nicht auf den Werth oder Preis


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[0419] große Inconsequenzen mitunterlanfen. Einmal verhindert bei Ricardo die Grundsteuer die Bebauung der letzten Classe der Grundstücke, und dann wird sie doch von dem Capitalzins und Arbeitslohn dieser letzten Classe mit ent¬ richtet. Sismondi, der eine lange Polemik gegen Ricardo führt, stellt als ein¬ leitenden Gedanken über seine Auffassung der Grundsteuer die Worte hin: „I.g, vontributicm toneiöre est Ap8tA>6o ä, kairo xartieixor Jo use an rvvenu nu Löul propiiewire et eile n'atfeete en general <zue lui seul." Er meint also grade umgekehrt, daß die Grundsteuer keine Consumtionssteuer sei, sondern wesentlich den Landmann selbst treffe. Ferner führt er an: „I/impositüm teneiei'e eblige seuveut le eontriluuri)1e ir x-i^er cke I'irr-Mut irn Moment, on it n'en g, und in demselben Sinn „I'uis 1'lui)c>«itiou koueiere K»t 1)0- s^nee et p1u8 eile Mte 1c; äesorclre ckans los unreines et ckiins toute 1'eee- nomie rurale en loi^ant 1e eultivateur a vencire ü. tout xrix xour trouver cke I'krrAent.^ Was den ersten Punkt anlangt, so kann, wie schon Hoffmann anführt, niemand sagen, wer eine Steuer trügt, man weiß nur, wer sie zahlt. Gün¬ stige Conjnncturcn lassen den Landmann oder Fabrikanten frei ausgehn bei der Besteuerung, bei ungünstigen trägt er die Steuer zum großen Theil. Der zweite Punkt ist ein wenig gravirendcs Moment gegen die Grundsteuer spe¬ ciell. Als ob bei directen Steuern überhaupt (dies ist ja einer der größten Mängel derselben, z. B. bei der Gewerbesteuer, die größtentheils viel ärmere Leute trifft als die Grundsteuer) der Staat stets anfragen könnte, wann der Pflichtige bei Gelde sei! Ueberhnupt darf ja eine directe Steuer niemals so unvernünftig hoch eingerichtet sein, daß sie bedenklichen Einfluß auf den Be¬ trieb des besteuerten Vesitzthums ausübt. Die fernern Bedenken Sismondis gegen die Grundsteuer treffen wesent¬ lich die Einführung derselben, und kommt er hier auf dasjenige Bedenken, welches hauptsächlich von den Gegnern der Grundsteuer hingestellt wird, daß nämlich die zu zahlende Abgabe als Zins von einem Capital, welches ohne irgend welchen Grund der Grundstückbesitzer dem Staat schulde, zu betrach¬ ten sei. Die an diesen Punkt sich anschließenden feinen Ausführungen Sis¬ mondis, in denen er nachweist, wie durch die Grundsteuer die Güter unnütz und schädlich auf einmal vertheucrt würden, so wie seinen fast bestechenden Vergleich, daß der Pächter bei bestehenden Grundsteuern nicht einen, sondern zwei Herren habe, können wir hier nur andeuten. Noch strenger richtet Stuart Mill in seiner politischen Oekonomie über die Grundsteuer vrgl. S. 285 ze., wo es heißt: „Eine Steuer von der Bodenrenke fällt ganz auf den Grundeigenthümer. Er kann ihre Last auf keine Weise auf irgend einen andern abwälzen. Sie wirkt nicht auf den Werth oder Preis Grenzboten I. 1859. 52

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/419>, abgerufen am 24.07.2024.