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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Einrichtungen, die dem preußischen Staat zum Theil eigenthümlich sind, ver¬
schiedene Gesetze, betreffend die Regelung der gutsherrlichen und bäuerlichen
Verhältnisse hervor, und so erklären sich jene echt königlichen Worte über die
gleichmäßige Verkeilung der Besteuerung im Allgemeinen und über die Ein¬
führung einer Regelung'der Grundsteuer. -

Da nach jenem Edict der König selbst eine so große Bedeutung auf
die richtige Auffassung und Einführung der Grundsteuern legte und in der
Regelung dieser Verhältnisse ein Hauptmittel erkannte, wie die unheilvollen
Begünstigungen in der Besteurung aufgehoben werden könnten, so sollte man
glauben, die Gesetzgebung habe, als nach dem glücklich beendeten Krieg für
das durch die Freiheit gleichsam noch einmal geborne und in voller Frische
sich entwickelnde Volk eine neue Aera zu beginnen schien, sich die Beantwor¬
tung der Grundsteuerfrage zur Hauptaufgabe gemacht und dieselbe allmälig
gelöst. Die Geschichte lehrt uns, daß dem nicht so war. Wenn eine wich¬
tige Frage, deren Beantwortung durch die Napoleonischen Kriege in Anregung
gebracht worden war, unentschieden blieb, so war es die Grundstcuerfrage.

Wir finden in dem Gesetz über die Einrichtung des Abgabenwesens vom
30. Mai 1820, wo die einzelnen Auflagen aufgezählt sind, als Einleitung
die Worte:

"Um die Reform der Steuergesetzgebung zu vollenden, welche Wir in der
Verordnung vom 27. October 1810 Unsern getreuen Unterthanen zugesagt,
würden Wir vor allem eine Revision der Grundsteuer in Unsern sämmtlichen
Provinzen nöthig befunden haben, wenn Wir nicht in Betracht der
Schwierigkeiten, die damit unzertrennlich sind, rathsam gefun¬
den hätten, diesen die Provinzialinteressen mehr berührenden
Gegenstand der Berathung mit den Ständen vorzubehalten."
Bald darauf heißt es bei Anführung der gesetzlichen Bestimmungen selbst im §. 3:

"Die Grundsteuer wird in jeder Provinz nach den Grundsätzen und Vor¬
schriften erhoben, welche darin gegenwärtig zur Anwendung kommen" und
§, 4 "doch wird dabei verordnet, daß schon jetzt an keinem Orte, wo schon
die Grundsteuer infolge der seit 1789 eingetretenen Staatsvcränderungen neu
eingeführt oder erhöht worden ist, der Belauf derselben den fünften Theil des
Reinertrags vom verpflichteten Grundstück übersteigen dürfe."

Eine planvolle, historisch zu begründende, exact durchzuführende Darstellung
der Grundsteucwerhältnisse, wie sie seit langer Zeit in dieser ihrer Mannig¬
faltigkeit provinziell gegliedert inMeußcn bestehn, ist die Aufgabe einer eignen
größern Arbeit. Wir bemerken hier nur zur allgemeinen Orientirung Folgendes.

Die westlichen Provinzen Rhein und Westphalen folgen der einheitlichen
französischen Grundsteucrversassung, wie sie durch die Revolution von 1789
herbeigeführt ist, mit der Maßgabe, daß, trotz der mit den Jahren 183?


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Einrichtungen, die dem preußischen Staat zum Theil eigenthümlich sind, ver¬
schiedene Gesetze, betreffend die Regelung der gutsherrlichen und bäuerlichen
Verhältnisse hervor, und so erklären sich jene echt königlichen Worte über die
gleichmäßige Verkeilung der Besteuerung im Allgemeinen und über die Ein¬
führung einer Regelung'der Grundsteuer. -

Da nach jenem Edict der König selbst eine so große Bedeutung auf
die richtige Auffassung und Einführung der Grundsteuern legte und in der
Regelung dieser Verhältnisse ein Hauptmittel erkannte, wie die unheilvollen
Begünstigungen in der Besteurung aufgehoben werden könnten, so sollte man
glauben, die Gesetzgebung habe, als nach dem glücklich beendeten Krieg für
das durch die Freiheit gleichsam noch einmal geborne und in voller Frische
sich entwickelnde Volk eine neue Aera zu beginnen schien, sich die Beantwor¬
tung der Grundsteuerfrage zur Hauptaufgabe gemacht und dieselbe allmälig
gelöst. Die Geschichte lehrt uns, daß dem nicht so war. Wenn eine wich¬
tige Frage, deren Beantwortung durch die Napoleonischen Kriege in Anregung
gebracht worden war, unentschieden blieb, so war es die Grundstcuerfrage.

Wir finden in dem Gesetz über die Einrichtung des Abgabenwesens vom
30. Mai 1820, wo die einzelnen Auflagen aufgezählt sind, als Einleitung
die Worte:

„Um die Reform der Steuergesetzgebung zu vollenden, welche Wir in der
Verordnung vom 27. October 1810 Unsern getreuen Unterthanen zugesagt,
würden Wir vor allem eine Revision der Grundsteuer in Unsern sämmtlichen
Provinzen nöthig befunden haben, wenn Wir nicht in Betracht der
Schwierigkeiten, die damit unzertrennlich sind, rathsam gefun¬
den hätten, diesen die Provinzialinteressen mehr berührenden
Gegenstand der Berathung mit den Ständen vorzubehalten."
Bald darauf heißt es bei Anführung der gesetzlichen Bestimmungen selbst im §. 3:

„Die Grundsteuer wird in jeder Provinz nach den Grundsätzen und Vor¬
schriften erhoben, welche darin gegenwärtig zur Anwendung kommen" und
§, 4 „doch wird dabei verordnet, daß schon jetzt an keinem Orte, wo schon
die Grundsteuer infolge der seit 1789 eingetretenen Staatsvcränderungen neu
eingeführt oder erhöht worden ist, der Belauf derselben den fünften Theil des
Reinertrags vom verpflichteten Grundstück übersteigen dürfe."

Eine planvolle, historisch zu begründende, exact durchzuführende Darstellung
der Grundsteucwerhältnisse, wie sie seit langer Zeit in dieser ihrer Mannig¬
faltigkeit provinziell gegliedert inMeußcn bestehn, ist die Aufgabe einer eignen
größern Arbeit. Wir bemerken hier nur zur allgemeinen Orientirung Folgendes.

Die westlichen Provinzen Rhein und Westphalen folgen der einheitlichen
französischen Grundsteucrversassung, wie sie durch die Revolution von 1789
herbeigeführt ist, mit der Maßgabe, daß, trotz der mit den Jahren 183?


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[0413] Einrichtungen, die dem preußischen Staat zum Theil eigenthümlich sind, ver¬ schiedene Gesetze, betreffend die Regelung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse hervor, und so erklären sich jene echt königlichen Worte über die gleichmäßige Verkeilung der Besteuerung im Allgemeinen und über die Ein¬ führung einer Regelung'der Grundsteuer. - Da nach jenem Edict der König selbst eine so große Bedeutung auf die richtige Auffassung und Einführung der Grundsteuern legte und in der Regelung dieser Verhältnisse ein Hauptmittel erkannte, wie die unheilvollen Begünstigungen in der Besteurung aufgehoben werden könnten, so sollte man glauben, die Gesetzgebung habe, als nach dem glücklich beendeten Krieg für das durch die Freiheit gleichsam noch einmal geborne und in voller Frische sich entwickelnde Volk eine neue Aera zu beginnen schien, sich die Beantwor¬ tung der Grundsteuerfrage zur Hauptaufgabe gemacht und dieselbe allmälig gelöst. Die Geschichte lehrt uns, daß dem nicht so war. Wenn eine wich¬ tige Frage, deren Beantwortung durch die Napoleonischen Kriege in Anregung gebracht worden war, unentschieden blieb, so war es die Grundstcuerfrage. Wir finden in dem Gesetz über die Einrichtung des Abgabenwesens vom 30. Mai 1820, wo die einzelnen Auflagen aufgezählt sind, als Einleitung die Worte: „Um die Reform der Steuergesetzgebung zu vollenden, welche Wir in der Verordnung vom 27. October 1810 Unsern getreuen Unterthanen zugesagt, würden Wir vor allem eine Revision der Grundsteuer in Unsern sämmtlichen Provinzen nöthig befunden haben, wenn Wir nicht in Betracht der Schwierigkeiten, die damit unzertrennlich sind, rathsam gefun¬ den hätten, diesen die Provinzialinteressen mehr berührenden Gegenstand der Berathung mit den Ständen vorzubehalten." Bald darauf heißt es bei Anführung der gesetzlichen Bestimmungen selbst im §. 3: „Die Grundsteuer wird in jeder Provinz nach den Grundsätzen und Vor¬ schriften erhoben, welche darin gegenwärtig zur Anwendung kommen" und §, 4 „doch wird dabei verordnet, daß schon jetzt an keinem Orte, wo schon die Grundsteuer infolge der seit 1789 eingetretenen Staatsvcränderungen neu eingeführt oder erhöht worden ist, der Belauf derselben den fünften Theil des Reinertrags vom verpflichteten Grundstück übersteigen dürfe." Eine planvolle, historisch zu begründende, exact durchzuführende Darstellung der Grundsteucwerhältnisse, wie sie seit langer Zeit in dieser ihrer Mannig¬ faltigkeit provinziell gegliedert inMeußcn bestehn, ist die Aufgabe einer eignen größern Arbeit. Wir bemerken hier nur zur allgemeinen Orientirung Folgendes. Die westlichen Provinzen Rhein und Westphalen folgen der einheitlichen französischen Grundsteucrversassung, wie sie durch die Revolution von 1789 herbeigeführt ist, mit der Maßgabe, daß, trotz der mit den Jahren 183? 51*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/413>, abgerufen am 24.07.2024.