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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Im Jahre 1801 begannen die Taisong Kul Fu zu belagern. Während
-dieser Zeit führte Nguyen Aus seine Flotte gegen Hu", damals der Haupt¬
stadt Oberkochinchinas (jetzt ganz Altans), und machte sich zum Herrn des
ganzen Landstrichs bis zu der großen Mauer, welche Tongking von Kochin-
china trennt. Sich für dieses Jahr damit begnügend, befestigte er sich in der
gewonnenen Stellung. Die Rebellenarmee, welche die Hauptstadt der Pro¬
vinz Kul Rhön wiedereingenommen hatte, sah sich, von ihren Verbindungen
abgeschnitten, gezwungen, den Rückzug anzutreten, und indem sie über das
westliche Gebirge zog, wurde sie von den wilden Stämmen, welche daselbst
Hausen, beinahe bis auf den letzten Mann aufgerieben.

Der junge König der Taisong, welcher sich nach diesen Unglücksfällen
nach Tongking zurückgezogen hatte, meinte einem chinesischen Aberglauben zu¬
folge dem Verderben, welches ihn bedrohte, dadurch zu entgehen, daß erden
Namen seiner Regierungsperiode und damit nach Landesbrauch seinen eignen
wechselte. Er nannte sich fortan, statt Kaub Tius, Bao Hung. Das Glück
wendete sich ihm aber nicht zu. Er ordnete starke Truppenaushebungen an
und griff im Jahre 1802 an der Spitze einer zahlreichen Armee die Mauer
an, welche Kochinchina gegen Tongking abschließt. Aber sein Heer wurde in
die Flucht geschlagen. Nach dieser Niederlage befahl er eine neue- Armee auf
die Beine zu bringen und ließ alle Zugänge nach Tongking zu Lande und
zu Wasser befestigen. Diese Vorbereitungen waren nutzlos. Das Heer des
legitimen Kaisers, welches im Juni des Jahres in Tongking einrückte, stieß
nirgend auf ernsten Widerstand, und schon im Juli war das ganze Land in
den Händen Nguyeir Audh. Der junge König der Taisongs. seine Brüder,
die gesammte Familie desselben und alle großen Mandarinen wurden gefan¬
gen genommen und ohne Ausnahme in Huo hingerichtet. So endigte der
Bürgerkrieg in Aram. nachdem er fast dreißig Jahre gedauert. Von dieser
Zeit an herrschte das Haupt der Familie Nguyen allein über Tongking und
Kochinchina. Vor dem Jahre 1802 führte dieser Fürst in Betreff Tongkmgs
nur den Titel eines Sebua oder immerwährenden Regenten, und alle Erlasse
seiner Regierung waren, selbst nach dem Sturz der Familie Li in Tongking
durch die Taisongs, nach den Jahren des vorletzten 17 86 verstorbenen Kö¬
nigs dieses Landes datirt. Die Tongkinesen gründeten darauf die Hoffnung,
der Kaiser von Kochinchina werde nach Vernichtung der Taisongherrschast sich
mit dem gesicherten Besitz von Kochinchina begnügen und die Familie Li auf
den Thron von Tongking zurückführen. Aber Nguyen Aus ließ sich, bevor
er 1802 zur Eroberung Tongkings aufbrach, zum Beherrscher beider Reiche
ausrufen, und wurde als solcher 1304 vom Kaiser von China anerkannt.
Die Tongkinesen haben ihm dies sehr übel genommen und sich wiederholt
gegen sein Joch aufgelehnt. Ihre Aufstände wurden indeß stets unterdrückt.


Grenzliotm I. 18SS. 47

Im Jahre 1801 begannen die Taisong Kul Fu zu belagern. Während
-dieser Zeit führte Nguyen Aus seine Flotte gegen Hu«, damals der Haupt¬
stadt Oberkochinchinas (jetzt ganz Altans), und machte sich zum Herrn des
ganzen Landstrichs bis zu der großen Mauer, welche Tongking von Kochin-
china trennt. Sich für dieses Jahr damit begnügend, befestigte er sich in der
gewonnenen Stellung. Die Rebellenarmee, welche die Hauptstadt der Pro¬
vinz Kul Rhön wiedereingenommen hatte, sah sich, von ihren Verbindungen
abgeschnitten, gezwungen, den Rückzug anzutreten, und indem sie über das
westliche Gebirge zog, wurde sie von den wilden Stämmen, welche daselbst
Hausen, beinahe bis auf den letzten Mann aufgerieben.

Der junge König der Taisong, welcher sich nach diesen Unglücksfällen
nach Tongking zurückgezogen hatte, meinte einem chinesischen Aberglauben zu¬
folge dem Verderben, welches ihn bedrohte, dadurch zu entgehen, daß erden
Namen seiner Regierungsperiode und damit nach Landesbrauch seinen eignen
wechselte. Er nannte sich fortan, statt Kaub Tius, Bao Hung. Das Glück
wendete sich ihm aber nicht zu. Er ordnete starke Truppenaushebungen an
und griff im Jahre 1802 an der Spitze einer zahlreichen Armee die Mauer
an, welche Kochinchina gegen Tongking abschließt. Aber sein Heer wurde in
die Flucht geschlagen. Nach dieser Niederlage befahl er eine neue- Armee auf
die Beine zu bringen und ließ alle Zugänge nach Tongking zu Lande und
zu Wasser befestigen. Diese Vorbereitungen waren nutzlos. Das Heer des
legitimen Kaisers, welches im Juni des Jahres in Tongking einrückte, stieß
nirgend auf ernsten Widerstand, und schon im Juli war das ganze Land in
den Händen Nguyeir Audh. Der junge König der Taisongs. seine Brüder,
die gesammte Familie desselben und alle großen Mandarinen wurden gefan¬
gen genommen und ohne Ausnahme in Huo hingerichtet. So endigte der
Bürgerkrieg in Aram. nachdem er fast dreißig Jahre gedauert. Von dieser
Zeit an herrschte das Haupt der Familie Nguyen allein über Tongking und
Kochinchina. Vor dem Jahre 1802 führte dieser Fürst in Betreff Tongkmgs
nur den Titel eines Sebua oder immerwährenden Regenten, und alle Erlasse
seiner Regierung waren, selbst nach dem Sturz der Familie Li in Tongking
durch die Taisongs, nach den Jahren des vorletzten 17 86 verstorbenen Kö¬
nigs dieses Landes datirt. Die Tongkinesen gründeten darauf die Hoffnung,
der Kaiser von Kochinchina werde nach Vernichtung der Taisongherrschast sich
mit dem gesicherten Besitz von Kochinchina begnügen und die Familie Li auf
den Thron von Tongking zurückführen. Aber Nguyen Aus ließ sich, bevor
er 1802 zur Eroberung Tongkings aufbrach, zum Beherrscher beider Reiche
ausrufen, und wurde als solcher 1304 vom Kaiser von China anerkannt.
Die Tongkinesen haben ihm dies sehr übel genommen und sich wiederholt
gegen sein Joch aufgelehnt. Ihre Aufstände wurden indeß stets unterdrückt.


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[0379] Im Jahre 1801 begannen die Taisong Kul Fu zu belagern. Während -dieser Zeit führte Nguyen Aus seine Flotte gegen Hu«, damals der Haupt¬ stadt Oberkochinchinas (jetzt ganz Altans), und machte sich zum Herrn des ganzen Landstrichs bis zu der großen Mauer, welche Tongking von Kochin- china trennt. Sich für dieses Jahr damit begnügend, befestigte er sich in der gewonnenen Stellung. Die Rebellenarmee, welche die Hauptstadt der Pro¬ vinz Kul Rhön wiedereingenommen hatte, sah sich, von ihren Verbindungen abgeschnitten, gezwungen, den Rückzug anzutreten, und indem sie über das westliche Gebirge zog, wurde sie von den wilden Stämmen, welche daselbst Hausen, beinahe bis auf den letzten Mann aufgerieben. Der junge König der Taisong, welcher sich nach diesen Unglücksfällen nach Tongking zurückgezogen hatte, meinte einem chinesischen Aberglauben zu¬ folge dem Verderben, welches ihn bedrohte, dadurch zu entgehen, daß erden Namen seiner Regierungsperiode und damit nach Landesbrauch seinen eignen wechselte. Er nannte sich fortan, statt Kaub Tius, Bao Hung. Das Glück wendete sich ihm aber nicht zu. Er ordnete starke Truppenaushebungen an und griff im Jahre 1802 an der Spitze einer zahlreichen Armee die Mauer an, welche Kochinchina gegen Tongking abschließt. Aber sein Heer wurde in die Flucht geschlagen. Nach dieser Niederlage befahl er eine neue- Armee auf die Beine zu bringen und ließ alle Zugänge nach Tongking zu Lande und zu Wasser befestigen. Diese Vorbereitungen waren nutzlos. Das Heer des legitimen Kaisers, welches im Juni des Jahres in Tongking einrückte, stieß nirgend auf ernsten Widerstand, und schon im Juli war das ganze Land in den Händen Nguyeir Audh. Der junge König der Taisongs. seine Brüder, die gesammte Familie desselben und alle großen Mandarinen wurden gefan¬ gen genommen und ohne Ausnahme in Huo hingerichtet. So endigte der Bürgerkrieg in Aram. nachdem er fast dreißig Jahre gedauert. Von dieser Zeit an herrschte das Haupt der Familie Nguyen allein über Tongking und Kochinchina. Vor dem Jahre 1802 führte dieser Fürst in Betreff Tongkmgs nur den Titel eines Sebua oder immerwährenden Regenten, und alle Erlasse seiner Regierung waren, selbst nach dem Sturz der Familie Li in Tongking durch die Taisongs, nach den Jahren des vorletzten 17 86 verstorbenen Kö¬ nigs dieses Landes datirt. Die Tongkinesen gründeten darauf die Hoffnung, der Kaiser von Kochinchina werde nach Vernichtung der Taisongherrschast sich mit dem gesicherten Besitz von Kochinchina begnügen und die Familie Li auf den Thron von Tongking zurückführen. Aber Nguyen Aus ließ sich, bevor er 1802 zur Eroberung Tongkings aufbrach, zum Beherrscher beider Reiche ausrufen, und wurde als solcher 1304 vom Kaiser von China anerkannt. Die Tongkinesen haben ihm dies sehr übel genommen und sich wiederholt gegen sein Joch aufgelehnt. Ihre Aufstände wurden indeß stets unterdrückt. Grenzliotm I. 18SS. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/379>, abgerufen am 24.07.2024.