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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Brücken, Brunnen und Straßen nöthig hat, die zur Sicherung und Verthei¬
digung der an Frankreich abgetretenen Gebietstheile erforderlich sind; 10) für
den Fall, daß die Eingebornen in dem abgetretenen Landstrich denselben ver¬
lassen wollten, haben sie die Freiheit, zu gehen, und der Werth des Eigen¬
thums, welches sie zurücklassen, wird ihnen vergütet, in der Gerechtigkeitspflege
wird nichts geändert, alle religiösen Meinungen sind frei, die Steuern werden
von den Franzosen nach Landesgebrauch erhoben, die Einnehmer in Ueber¬
einstimmung mit dem Kaiser von dem französischen Gesandten ernannt, der
Kaiser hat keinen Anspruch auf diese Steuern, welche vielmehr Seiner Allcr-
christlichsten Majestät gehören, und als Tilgungsmittel der auf das Unterneh¬
men verwendeten Kosten gebraucht werden; 11) für den Fall, da^der König
von Frankreich sich zu einem Kriegein irgend einem Theil Indiens entschlösse, ist
es dem Befehlshaber der französischen Truppen gestattet, im Lande 14,000 Mann
auszuheben, welche auf französische Weise eingeübt werden und der französischen
Disciplin unterworfen sein sollen; endlich 12) wenn irgend welche Mächte die
Franzosen auf dem Gebiet Kochinchinas angreifen, so hat der Kaiser dieses
Landes wenigstens 60,000 Mann Hilfstruppen zu stellen, welche er auf seine
Kosten kleidet und verpflegt.

Das ist der Vertrag, aus welchen sich jetzt die Ansprüche Frankreichs
gründen. Derselbe kam jedoch nicht zur Ausführung, und so sind natürlich
auch diese Ansprüche nichtig. Der Graf von Conway, Gouverneur von Pon-
dichery, an den der Bischof von Abram wegen der Schiffe und Regimenter
gewiesen war, verweigerte beides. Bald nachher brach in Frankreich die Revo¬
lution aus, und von dem Vertrag war vorläufig nicht mehr die Rede. Da¬
zu kam, daß während der Reise des Unterhändlers das Glück dem Kaiser
Nguyen Aus von neuem zu lächeln begonnen hatte. Unter den Taisong
war Zwietracht ausgebrochen. Diese Rebellen waren jetzt in drei Parteien
gespalten. An der Spitze der einen stand der wiederholt genannte Rhat, an
der Spitze der zweiten dessen jüngerer Bruder, welcher Statthalter von Nie-
derkochinchina war, an der Spitze der dritten der jüngste Bruder, welcher
Long Nhung hieß und der thätigste, unternehmendste, tapferste der drei war
und in der Folge auch der mächtigste von ihnen wurde. Derselbe führte auf
Veranlassung einer Revolution im Nachbarlande Tongking ein starkes Heer
nach diesem Reiche, eroberte einen großen Theil desselben und kehrte mit großer
Beute beladen zurück. Sein Ruhm war hierdurch so gestiegen, daß er sich
nicht mehr mit der bisher bekleideten Stelle eines bloßen Statthalters be¬
gnügen zu dürfen glaubte. Seine Ansprüche auf selbstständige Herrschaft be¬
wogen den zweiten Bruder Nhaks, mit ähnlichen Forderungen hervorzutreten,
und so mußte Rhat oder wie er sich jetzt nannte, Kaiser Thal Dick sich mit
Mittelkochinchina begnügen, während der zweite der Brüder sich zum Herrscher


Brücken, Brunnen und Straßen nöthig hat, die zur Sicherung und Verthei¬
digung der an Frankreich abgetretenen Gebietstheile erforderlich sind; 10) für
den Fall, daß die Eingebornen in dem abgetretenen Landstrich denselben ver¬
lassen wollten, haben sie die Freiheit, zu gehen, und der Werth des Eigen¬
thums, welches sie zurücklassen, wird ihnen vergütet, in der Gerechtigkeitspflege
wird nichts geändert, alle religiösen Meinungen sind frei, die Steuern werden
von den Franzosen nach Landesgebrauch erhoben, die Einnehmer in Ueber¬
einstimmung mit dem Kaiser von dem französischen Gesandten ernannt, der
Kaiser hat keinen Anspruch auf diese Steuern, welche vielmehr Seiner Allcr-
christlichsten Majestät gehören, und als Tilgungsmittel der auf das Unterneh¬
men verwendeten Kosten gebraucht werden; 11) für den Fall, da^der König
von Frankreich sich zu einem Kriegein irgend einem Theil Indiens entschlösse, ist
es dem Befehlshaber der französischen Truppen gestattet, im Lande 14,000 Mann
auszuheben, welche auf französische Weise eingeübt werden und der französischen
Disciplin unterworfen sein sollen; endlich 12) wenn irgend welche Mächte die
Franzosen auf dem Gebiet Kochinchinas angreifen, so hat der Kaiser dieses
Landes wenigstens 60,000 Mann Hilfstruppen zu stellen, welche er auf seine
Kosten kleidet und verpflegt.

Das ist der Vertrag, aus welchen sich jetzt die Ansprüche Frankreichs
gründen. Derselbe kam jedoch nicht zur Ausführung, und so sind natürlich
auch diese Ansprüche nichtig. Der Graf von Conway, Gouverneur von Pon-
dichery, an den der Bischof von Abram wegen der Schiffe und Regimenter
gewiesen war, verweigerte beides. Bald nachher brach in Frankreich die Revo¬
lution aus, und von dem Vertrag war vorläufig nicht mehr die Rede. Da¬
zu kam, daß während der Reise des Unterhändlers das Glück dem Kaiser
Nguyen Aus von neuem zu lächeln begonnen hatte. Unter den Taisong
war Zwietracht ausgebrochen. Diese Rebellen waren jetzt in drei Parteien
gespalten. An der Spitze der einen stand der wiederholt genannte Rhat, an
der Spitze der zweiten dessen jüngerer Bruder, welcher Statthalter von Nie-
derkochinchina war, an der Spitze der dritten der jüngste Bruder, welcher
Long Nhung hieß und der thätigste, unternehmendste, tapferste der drei war
und in der Folge auch der mächtigste von ihnen wurde. Derselbe führte auf
Veranlassung einer Revolution im Nachbarlande Tongking ein starkes Heer
nach diesem Reiche, eroberte einen großen Theil desselben und kehrte mit großer
Beute beladen zurück. Sein Ruhm war hierdurch so gestiegen, daß er sich
nicht mehr mit der bisher bekleideten Stelle eines bloßen Statthalters be¬
gnügen zu dürfen glaubte. Seine Ansprüche auf selbstständige Herrschaft be¬
wogen den zweiten Bruder Nhaks, mit ähnlichen Forderungen hervorzutreten,
und so mußte Rhat oder wie er sich jetzt nannte, Kaiser Thal Dick sich mit
Mittelkochinchina begnügen, während der zweite der Brüder sich zum Herrscher


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[0376] Brücken, Brunnen und Straßen nöthig hat, die zur Sicherung und Verthei¬ digung der an Frankreich abgetretenen Gebietstheile erforderlich sind; 10) für den Fall, daß die Eingebornen in dem abgetretenen Landstrich denselben ver¬ lassen wollten, haben sie die Freiheit, zu gehen, und der Werth des Eigen¬ thums, welches sie zurücklassen, wird ihnen vergütet, in der Gerechtigkeitspflege wird nichts geändert, alle religiösen Meinungen sind frei, die Steuern werden von den Franzosen nach Landesgebrauch erhoben, die Einnehmer in Ueber¬ einstimmung mit dem Kaiser von dem französischen Gesandten ernannt, der Kaiser hat keinen Anspruch auf diese Steuern, welche vielmehr Seiner Allcr- christlichsten Majestät gehören, und als Tilgungsmittel der auf das Unterneh¬ men verwendeten Kosten gebraucht werden; 11) für den Fall, da^der König von Frankreich sich zu einem Kriegein irgend einem Theil Indiens entschlösse, ist es dem Befehlshaber der französischen Truppen gestattet, im Lande 14,000 Mann auszuheben, welche auf französische Weise eingeübt werden und der französischen Disciplin unterworfen sein sollen; endlich 12) wenn irgend welche Mächte die Franzosen auf dem Gebiet Kochinchinas angreifen, so hat der Kaiser dieses Landes wenigstens 60,000 Mann Hilfstruppen zu stellen, welche er auf seine Kosten kleidet und verpflegt. Das ist der Vertrag, aus welchen sich jetzt die Ansprüche Frankreichs gründen. Derselbe kam jedoch nicht zur Ausführung, und so sind natürlich auch diese Ansprüche nichtig. Der Graf von Conway, Gouverneur von Pon- dichery, an den der Bischof von Abram wegen der Schiffe und Regimenter gewiesen war, verweigerte beides. Bald nachher brach in Frankreich die Revo¬ lution aus, und von dem Vertrag war vorläufig nicht mehr die Rede. Da¬ zu kam, daß während der Reise des Unterhändlers das Glück dem Kaiser Nguyen Aus von neuem zu lächeln begonnen hatte. Unter den Taisong war Zwietracht ausgebrochen. Diese Rebellen waren jetzt in drei Parteien gespalten. An der Spitze der einen stand der wiederholt genannte Rhat, an der Spitze der zweiten dessen jüngerer Bruder, welcher Statthalter von Nie- derkochinchina war, an der Spitze der dritten der jüngste Bruder, welcher Long Nhung hieß und der thätigste, unternehmendste, tapferste der drei war und in der Folge auch der mächtigste von ihnen wurde. Derselbe führte auf Veranlassung einer Revolution im Nachbarlande Tongking ein starkes Heer nach diesem Reiche, eroberte einen großen Theil desselben und kehrte mit großer Beute beladen zurück. Sein Ruhm war hierdurch so gestiegen, daß er sich nicht mehr mit der bisher bekleideten Stelle eines bloßen Statthalters be¬ gnügen zu dürfen glaubte. Seine Ansprüche auf selbstständige Herrschaft be¬ wogen den zweiten Bruder Nhaks, mit ähnlichen Forderungen hervorzutreten, und so mußte Rhat oder wie er sich jetzt nannte, Kaiser Thal Dick sich mit Mittelkochinchina begnügen, während der zweite der Brüder sich zum Herrscher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/376>, abgerufen am 24.07.2024.