Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.gionsunterricht hatte den demonstrativen Charakter der Schale. Mit Ernst Nach der Universität brachte Claudius einige Zeit bei seinen Eltern in gionsunterricht hatte den demonstrativen Charakter der Schale. Mit Ernst Nach der Universität brachte Claudius einige Zeit bei seinen Eltern in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187295"/> <p xml:id="ID_969" prev="#ID_968"> gionsunterricht hatte den demonstrativen Charakter der Schale. Mit Ernst<lb/> und Ausdauer betrieb Matthias hauptsächlich das Studium der Musik, wie<lb/> denn überhaupt seine Natur vorwiegend musikalisch war. Ostern I75ö bezog<lb/> °r mit seinem älteren Bruder die Universität Jena. Das Studium der Theo-<lb/> logie gab er bald auf, weil seine Brust angegriffen war. aber auch der Juris¬<lb/> prudenz scheint er keinen besondern Eifer zugewandt zu haben. Die herr¬<lb/> schende Philosophie betrachtete er schon damals mit großer Abneigung und<lb/> sprach den leitenden Grundsatz seines Lebens bereits in einem Studenten-<lb/> »edicht aus: Der ist wahrhaftig nur gelehrt, der andere dadurch<lb/> glücklich macht. Bei dem Tod seines Bruders Nov. 1760 hielt er eine<lb/> Rede. die noch vorhanden ist. über das Thema ob und in wie weit Gott den<lb/> Tod der Menschen bestimme? eine Rede, in der sich noch keine Spur von<lb/> Sumer spätern Eigenthümlichkeit zeigt. Es ist ein glatter rhetorischer Fluß,<lb/> dem man leicht auf den Grund sieht. Weder das Gefühl noch der Glaube<lb/> '"acht sich geltend. Gegen das Ende seiner Universitätszeit 176? ließ er einen<lb/> Acad „Tändeleien und Erzählungen" drucken: ein schwacher Anfang seiner<lb/> dichterischen Laufbahn. Der Armuth des Innern, sagt Herbst, entspricht die<lb/> Monotone, geschraubte und geistlose Außenseite. Es sind poetische Schulexer-<lb/> Lilien, erwachsen aus dem allgemeinen Nachahmungstrieb, der einer empfäng¬<lb/> lichen Jugend auf einer Hochschule, wo die Bruchtheile aller Bildungselemente<lb/> sich zusammenfinden, vor allen eigen ist. eine Frucht der „teutschen Gesell¬<lb/> schaft", der er angehörte; aber leider Nachzeichnungen nach schlechten Vorlege-<lb/> blättern; nicht ein innerer Drang, zu gestalten, was tief innen lebt, sondern<lb/> °in äußeres Drängen, poetisch mitzureden auch ohne das Recht der Mündig¬<lb/> st! Triller in einer fremden Mundart, in dem geschnörkelten Zopfton. ab-<lb/> Worbene Neste französircndcr Dichtclcien. wo die Daphnes und Chloes und<lb/> ändere antike Schönen, doch alle im Reifrock und mit Puder ihre zimperliche<lb/> ^olle spielen. Die Vorbilder sind Gerstenbergs „Tändeleien" (1758); die<lb/> schonungsloseste Kritik fanden die Gedichte in Nicolais Literaturbriefen 1765.</p><lb/> <p xml:id="ID_970" next="#ID_971"> Nach der Universität brachte Claudius einige Zeit bei seinen Eltern in<lb/> ^infekt zu. ..Er mochte sich bei seinem Hang zu möglichster Lebensfreiheit<lb/> 'Acht besonders nach einem festen Amt sehnen. Es lag diese Abneigung gegen<lb/> feste Lebensstellung theils in der Zeit, tiefer aber in Claudius indivi-<lb/> ^°iter Natur, in der Scheu vor der Hingabe an ein bestimmtes Fachwissen.<lb/> ^ dies „Objective" ist ihm. dem Thatenscheuen, nicht die nothwendige Unter<lb/> ,^ge der Existenz, sondern eine Störung, ein Eingriff in den Gang sein.es<lb/> ^Uern Lebens. Ihm fehlten in ungewöhnlichem Maß die Hebel des prak-<lb/> ^schen Lebens. Ehrgeiz. Erwerbstrieb. Lust an gesellschaftlicher Stellung; zu¬<lb/> gleich ist es freilich der Mangel an Sinn für Formen und eine gewisse vis<lb/> ^rtiav äußerer praktischer Thätigkeit gegenüber, die diese contemplative Natur</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0343]
gionsunterricht hatte den demonstrativen Charakter der Schale. Mit Ernst
und Ausdauer betrieb Matthias hauptsächlich das Studium der Musik, wie
denn überhaupt seine Natur vorwiegend musikalisch war. Ostern I75ö bezog
°r mit seinem älteren Bruder die Universität Jena. Das Studium der Theo-
logie gab er bald auf, weil seine Brust angegriffen war. aber auch der Juris¬
prudenz scheint er keinen besondern Eifer zugewandt zu haben. Die herr¬
schende Philosophie betrachtete er schon damals mit großer Abneigung und
sprach den leitenden Grundsatz seines Lebens bereits in einem Studenten-
»edicht aus: Der ist wahrhaftig nur gelehrt, der andere dadurch
glücklich macht. Bei dem Tod seines Bruders Nov. 1760 hielt er eine
Rede. die noch vorhanden ist. über das Thema ob und in wie weit Gott den
Tod der Menschen bestimme? eine Rede, in der sich noch keine Spur von
Sumer spätern Eigenthümlichkeit zeigt. Es ist ein glatter rhetorischer Fluß,
dem man leicht auf den Grund sieht. Weder das Gefühl noch der Glaube
'"acht sich geltend. Gegen das Ende seiner Universitätszeit 176? ließ er einen
Acad „Tändeleien und Erzählungen" drucken: ein schwacher Anfang seiner
dichterischen Laufbahn. Der Armuth des Innern, sagt Herbst, entspricht die
Monotone, geschraubte und geistlose Außenseite. Es sind poetische Schulexer-
Lilien, erwachsen aus dem allgemeinen Nachahmungstrieb, der einer empfäng¬
lichen Jugend auf einer Hochschule, wo die Bruchtheile aller Bildungselemente
sich zusammenfinden, vor allen eigen ist. eine Frucht der „teutschen Gesell¬
schaft", der er angehörte; aber leider Nachzeichnungen nach schlechten Vorlege-
blättern; nicht ein innerer Drang, zu gestalten, was tief innen lebt, sondern
°in äußeres Drängen, poetisch mitzureden auch ohne das Recht der Mündig¬
st! Triller in einer fremden Mundart, in dem geschnörkelten Zopfton. ab-
Worbene Neste französircndcr Dichtclcien. wo die Daphnes und Chloes und
ändere antike Schönen, doch alle im Reifrock und mit Puder ihre zimperliche
^olle spielen. Die Vorbilder sind Gerstenbergs „Tändeleien" (1758); die
schonungsloseste Kritik fanden die Gedichte in Nicolais Literaturbriefen 1765.
Nach der Universität brachte Claudius einige Zeit bei seinen Eltern in
^infekt zu. ..Er mochte sich bei seinem Hang zu möglichster Lebensfreiheit
'Acht besonders nach einem festen Amt sehnen. Es lag diese Abneigung gegen
feste Lebensstellung theils in der Zeit, tiefer aber in Claudius indivi-
^°iter Natur, in der Scheu vor der Hingabe an ein bestimmtes Fachwissen.
^ dies „Objective" ist ihm. dem Thatenscheuen, nicht die nothwendige Unter
,^ge der Existenz, sondern eine Störung, ein Eingriff in den Gang sein.es
^Uern Lebens. Ihm fehlten in ungewöhnlichem Maß die Hebel des prak-
^schen Lebens. Ehrgeiz. Erwerbstrieb. Lust an gesellschaftlicher Stellung; zu¬
gleich ist es freilich der Mangel an Sinn für Formen und eine gewisse vis
^rtiav äußerer praktischer Thätigkeit gegenüber, die diese contemplative Natur
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