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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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^gnug doch in Erfüllung. Ein plötzliches Ungewitter verjagte die Leichen-
^flatter und warf vom Scheiterhaufen den Leichnam herab, der dann eine
^nee der Hunde wurde! -- Bei so allgemeiner Verbreitung des Glaubens an die
Herrschaft der Planeten und an die Prädestination des Einzelnen würde es befrem-
wenn Hadrian, der in ägyptischen und griechischen Mysterien den Schlüssel
verborgener Weisheit suchte und überhaupt die Eitelkeit besaß, gründliche
^nntnisse in allen Wissenschaften zeigen zu wollen, nicht auch Fertigkeit in
astrologischen Kunst beansprucht hätte. Und wirklich hat er sich so tiefes
^Mndniß der Constellationen zugetraut, daß er stets am Anfang des Jahres
"Iles aufschrieb, was ihm im Verlauf des ganzen Jahres begegnen würde.
Natürlich standen unter ihm auch die Astrologen in großer Ehre, und da er
^ches weniger als Widerspruch vertragen konnte, so wundert man sich einiger¬
maßen, daß sein Zeitgenosse, der Philosoph Favorinus, es wagen durfte, so
°sser dem Aberglauben entgegenzutreten. "Die Astrologen", sagt er, "tappen
im Finstern zwischen Wahrheit und Lüge; durch vieles Tasten stoßen
^ zuweilen plötzlich auf das Nichtige oder sie kommen bei der Leichtgläubig¬
st der Fragenden durch Schlußfolgerungen darauf. Deshalb scheinen sie
immer die Vergangenheit besser zu kennen als die Zukunft. Die Dinge
die ihnen eintreffen, sind nicht der tausendste Theil von denen, welche
^ Lügen strafen!" In den Biographien der folgenden Kaiser geschieht der
^Uvitätsstcllcrei häufig Erwähnung. Dem Kaiser Sept. Severus z. B.,
^ als Privatmann in Afrika einen Mathematiker befragte, ging es beinahe
^uso. wie früher Octavian; durch Ausplaudern dieses Geheimnisses gerieth
^ später in eine gefährliche Untersuchung und ließ dann als Regent selbst
himichten, die im Verdacht standen, die Sterne über sein Leben befragt
^ haben. Am meisten aber wurde später die Astrologie von Alexander
^ ^crus begünstigt. Er errichtete in Rom Lehrstühle dieser Kunst und gab
Professoren öffentliche Hörsäle und Gehalt. Am Ende des dritten Jahr-
'Udevts erneuerte Diocletian das alte Verbot, nach welchem sogar die,
^ lebe Sklaven über die Zukunft ihrer Herrn antworteten, deportirt oder
5, ^ Bergwerke verwiesen, die fragenden Sklaven aber gekreuzigt wurden.
^ dem Gesetze heißt es: "Die Geometrie zu lernen und zu üben, ist von
.schein Nutzen; die mathematische Kunst aber ist verdammungswürdig und
^''such verboten." Konstantin dem Großen gebot die Staatsklugheit Vorsicht
j ^^ug auf das Heidenthum. Er verbot deshalb auch den Propheten blos,
^l'hM, der vier Wände Antwort zu ertheilen, überhaupt Besuche arm-
^ "Um und die Schwellen anderer Häuser zu betreten. Aber schon sein Sohn
.""stantius befahl, "daß die Neugierde in Betreff der Zukunft ganz ruhen
und verhängte die Strafe des Schwertes über alle Ungehorsame. Doch
strenge Gesetz wenig; denn 15 Jahre später, als unter dem leiden-i/ ' un!
dieses


^gnug doch in Erfüllung. Ein plötzliches Ungewitter verjagte die Leichen-
^flatter und warf vom Scheiterhaufen den Leichnam herab, der dann eine
^nee der Hunde wurde! — Bei so allgemeiner Verbreitung des Glaubens an die
Herrschaft der Planeten und an die Prädestination des Einzelnen würde es befrem-
wenn Hadrian, der in ägyptischen und griechischen Mysterien den Schlüssel
verborgener Weisheit suchte und überhaupt die Eitelkeit besaß, gründliche
^nntnisse in allen Wissenschaften zeigen zu wollen, nicht auch Fertigkeit in
astrologischen Kunst beansprucht hätte. Und wirklich hat er sich so tiefes
^Mndniß der Constellationen zugetraut, daß er stets am Anfang des Jahres
"Iles aufschrieb, was ihm im Verlauf des ganzen Jahres begegnen würde.
Natürlich standen unter ihm auch die Astrologen in großer Ehre, und da er
^ches weniger als Widerspruch vertragen konnte, so wundert man sich einiger¬
maßen, daß sein Zeitgenosse, der Philosoph Favorinus, es wagen durfte, so
°sser dem Aberglauben entgegenzutreten. „Die Astrologen", sagt er, „tappen
im Finstern zwischen Wahrheit und Lüge; durch vieles Tasten stoßen
^ zuweilen plötzlich auf das Nichtige oder sie kommen bei der Leichtgläubig¬
st der Fragenden durch Schlußfolgerungen darauf. Deshalb scheinen sie
immer die Vergangenheit besser zu kennen als die Zukunft. Die Dinge
die ihnen eintreffen, sind nicht der tausendste Theil von denen, welche
^ Lügen strafen!" In den Biographien der folgenden Kaiser geschieht der
^Uvitätsstcllcrei häufig Erwähnung. Dem Kaiser Sept. Severus z. B.,
^ als Privatmann in Afrika einen Mathematiker befragte, ging es beinahe
^uso. wie früher Octavian; durch Ausplaudern dieses Geheimnisses gerieth
^ später in eine gefährliche Untersuchung und ließ dann als Regent selbst
himichten, die im Verdacht standen, die Sterne über sein Leben befragt
^ haben. Am meisten aber wurde später die Astrologie von Alexander
^ ^crus begünstigt. Er errichtete in Rom Lehrstühle dieser Kunst und gab
Professoren öffentliche Hörsäle und Gehalt. Am Ende des dritten Jahr-
'Udevts erneuerte Diocletian das alte Verbot, nach welchem sogar die,
^ lebe Sklaven über die Zukunft ihrer Herrn antworteten, deportirt oder
5, ^ Bergwerke verwiesen, die fragenden Sklaven aber gekreuzigt wurden.
^ dem Gesetze heißt es: „Die Geometrie zu lernen und zu üben, ist von
.schein Nutzen; die mathematische Kunst aber ist verdammungswürdig und
^''such verboten." Konstantin dem Großen gebot die Staatsklugheit Vorsicht
j ^^ug auf das Heidenthum. Er verbot deshalb auch den Propheten blos,
^l'hM, der vier Wände Antwort zu ertheilen, überhaupt Besuche arm-
^ "Um und die Schwellen anderer Häuser zu betreten. Aber schon sein Sohn
.""stantius befahl, „daß die Neugierde in Betreff der Zukunft ganz ruhen
und verhängte die Strafe des Schwertes über alle Ungehorsame. Doch
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/321>, abgerufen am 24.07.2024.