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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Eiligen Durchbruche zu gelangen, sich der Beihilfe der Hauptstadt versichern,
^ in den Augen der Franzosen, gleich einer geistigen Sonne, alle Winkel des
^noch überstrahlt. Auch dieses erfüllte sich. Herr I. Quicherat. Professor
Paris, machte sich zum Fürsprecher, und schloß einen in das französische
^demana (Athenäum franhais) eingerückten Artikel mit dem zuversichtlichen
Ausspruch: "Niemand soll unsere Schlußfolgerungen umstoßen! Ja! das Alesia
Cäsar ist das Alaise des Herrn Delacroix." Eine Reihe von Tageblättern
wiederholten den Aufsatz des Herrn Quicherat, und die Sache des alten Alesia
^ der Cüte d'or schien für immer verloren.

Aber das Blatt wendete sich, und auf den kindischen Taumel folgte eine
^verschlagende 'Abkühlung. Diese wurde aber keineswegs in der großen
^uptstM, sondern in der Provinz vorbereitet, und kam von einem kräftigen
Anstoße, den Herr Rossignol, Archivar zu Dijon, mit Sicherheit zu führen
Erstand. Herr Rossignol ist der Verfasser einer Geschichte von Burgund,
Welche ^ Jahre 1853 erschien und den Zeitraum von 1467 bis 1433 um-
'^i. Das Werk schildert vornehmlich die innern Bewegungen des Landes,
^lebe die Eroberung desselben durch Ludwig XI. begleiten, und der Ver-
^iher hat die aus den Archiven von Dijon auf das reichhaltigste erläuterten
^gcbenheiten mit kunstvoller Hand zu einem lebendigen Gemälde verarbeitet,
Elches eine Menge neuer Gesichtspunkte gewährt. Auf dieses Werk ließ
^rr Rossignol im Jahre 1854 eine Geschichte der Stadt Beaune folgen, welche
^ Bezug auf mittelalterliche Verhältnisse sehr belehrend, und dabei faß-
H und anziehend geschrieben ist. Endlich hat sich der nämliche Mann durch
^ Klarheit und Ordnung, welche er in die Archive von Dijon brachte, zu-
^>es als gründlichen Kenner des Ufkundenwcscns bewährt. Es war also eine
tüchtige, wissenschaftlich ausgerüstete Persönlichkeit, die sich dem nur durch
^ Zuwachs der pariser Verbündeten gefährlichen Andrange entgegenstcmmte.
'^s man," so sagt Herr Rossignol in einer seiner Denkschriften, "die Ent¬
zug von Alesia veröffentlichte, welche Herr Delacroix in den Wäldern von
/ums gemacht haben sollte, zögerte ich zu antworten; aber ich schwankte
mehr, als ich die pariser Presse dieselbe ankündigen und vertheidigen sah."
^ Rossignol wagte es also grade der mächtigen Strömung der Hauptstadt
^ Halt zuzurufen, und dazu gehört in Frankreich das Gefühl der Sicherheit
einiger Muth.

^ Die Denkschrift, durch welche dies geschah, halte ich, nach Form und
^balt. unbedenklich für ein Muster gesunder historischer Kritik. Der Verfasser
^nine von weitem, zunächst große Kreise ziehend. Unscheinbar, aber sicher
^i er auf den Mittelpunkt los. Die Gegner werden zuerst in kleinen Vor-
Achten ermüdet, dann auf den Flügeln angegriffen, im Rücken gefaßt,
^6 zusammengeschnürt, nach allen Himmelsgegenden zersprengt, und zu"


^"nzbvtcn I. 1859. 38 .

Eiligen Durchbruche zu gelangen, sich der Beihilfe der Hauptstadt versichern,
^ in den Augen der Franzosen, gleich einer geistigen Sonne, alle Winkel des
^noch überstrahlt. Auch dieses erfüllte sich. Herr I. Quicherat. Professor
Paris, machte sich zum Fürsprecher, und schloß einen in das französische
^demana (Athenäum franhais) eingerückten Artikel mit dem zuversichtlichen
Ausspruch: „Niemand soll unsere Schlußfolgerungen umstoßen! Ja! das Alesia
Cäsar ist das Alaise des Herrn Delacroix." Eine Reihe von Tageblättern
wiederholten den Aufsatz des Herrn Quicherat, und die Sache des alten Alesia
^ der Cüte d'or schien für immer verloren.

Aber das Blatt wendete sich, und auf den kindischen Taumel folgte eine
^verschlagende 'Abkühlung. Diese wurde aber keineswegs in der großen
^uptstM, sondern in der Provinz vorbereitet, und kam von einem kräftigen
Anstoße, den Herr Rossignol, Archivar zu Dijon, mit Sicherheit zu führen
Erstand. Herr Rossignol ist der Verfasser einer Geschichte von Burgund,
Welche ^ Jahre 1853 erschien und den Zeitraum von 1467 bis 1433 um-
'^i. Das Werk schildert vornehmlich die innern Bewegungen des Landes,
^lebe die Eroberung desselben durch Ludwig XI. begleiten, und der Ver-
^iher hat die aus den Archiven von Dijon auf das reichhaltigste erläuterten
^gcbenheiten mit kunstvoller Hand zu einem lebendigen Gemälde verarbeitet,
Elches eine Menge neuer Gesichtspunkte gewährt. Auf dieses Werk ließ
^rr Rossignol im Jahre 1854 eine Geschichte der Stadt Beaune folgen, welche
^ Bezug auf mittelalterliche Verhältnisse sehr belehrend, und dabei faß-
H und anziehend geschrieben ist. Endlich hat sich der nämliche Mann durch
^ Klarheit und Ordnung, welche er in die Archive von Dijon brachte, zu-
^>es als gründlichen Kenner des Ufkundenwcscns bewährt. Es war also eine
tüchtige, wissenschaftlich ausgerüstete Persönlichkeit, die sich dem nur durch
^ Zuwachs der pariser Verbündeten gefährlichen Andrange entgegenstcmmte.
'^s man," so sagt Herr Rossignol in einer seiner Denkschriften, „die Ent¬
zug von Alesia veröffentlichte, welche Herr Delacroix in den Wäldern von
/ums gemacht haben sollte, zögerte ich zu antworten; aber ich schwankte
mehr, als ich die pariser Presse dieselbe ankündigen und vertheidigen sah."
^ Rossignol wagte es also grade der mächtigen Strömung der Hauptstadt
^ Halt zuzurufen, und dazu gehört in Frankreich das Gefühl der Sicherheit
einiger Muth.

^ Die Denkschrift, durch welche dies geschah, halte ich, nach Form und
^balt. unbedenklich für ein Muster gesunder historischer Kritik. Der Verfasser
^nine von weitem, zunächst große Kreise ziehend. Unscheinbar, aber sicher
^i er auf den Mittelpunkt los. Die Gegner werden zuerst in kleinen Vor-
Achten ermüdet, dann auf den Flügeln angegriffen, im Rücken gefaßt,
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[0307] Eiligen Durchbruche zu gelangen, sich der Beihilfe der Hauptstadt versichern, ^ in den Augen der Franzosen, gleich einer geistigen Sonne, alle Winkel des ^noch überstrahlt. Auch dieses erfüllte sich. Herr I. Quicherat. Professor Paris, machte sich zum Fürsprecher, und schloß einen in das französische ^demana (Athenäum franhais) eingerückten Artikel mit dem zuversichtlichen Ausspruch: „Niemand soll unsere Schlußfolgerungen umstoßen! Ja! das Alesia Cäsar ist das Alaise des Herrn Delacroix." Eine Reihe von Tageblättern wiederholten den Aufsatz des Herrn Quicherat, und die Sache des alten Alesia ^ der Cüte d'or schien für immer verloren. Aber das Blatt wendete sich, und auf den kindischen Taumel folgte eine ^verschlagende 'Abkühlung. Diese wurde aber keineswegs in der großen ^uptstM, sondern in der Provinz vorbereitet, und kam von einem kräftigen Anstoße, den Herr Rossignol, Archivar zu Dijon, mit Sicherheit zu führen Erstand. Herr Rossignol ist der Verfasser einer Geschichte von Burgund, Welche ^ Jahre 1853 erschien und den Zeitraum von 1467 bis 1433 um- '^i. Das Werk schildert vornehmlich die innern Bewegungen des Landes, ^lebe die Eroberung desselben durch Ludwig XI. begleiten, und der Ver- ^iher hat die aus den Archiven von Dijon auf das reichhaltigste erläuterten ^gcbenheiten mit kunstvoller Hand zu einem lebendigen Gemälde verarbeitet, Elches eine Menge neuer Gesichtspunkte gewährt. Auf dieses Werk ließ ^rr Rossignol im Jahre 1854 eine Geschichte der Stadt Beaune folgen, welche ^ Bezug auf mittelalterliche Verhältnisse sehr belehrend, und dabei faß- H und anziehend geschrieben ist. Endlich hat sich der nämliche Mann durch ^ Klarheit und Ordnung, welche er in die Archive von Dijon brachte, zu- ^>es als gründlichen Kenner des Ufkundenwcscns bewährt. Es war also eine tüchtige, wissenschaftlich ausgerüstete Persönlichkeit, die sich dem nur durch ^ Zuwachs der pariser Verbündeten gefährlichen Andrange entgegenstcmmte. '^s man," so sagt Herr Rossignol in einer seiner Denkschriften, „die Ent¬ zug von Alesia veröffentlichte, welche Herr Delacroix in den Wäldern von /ums gemacht haben sollte, zögerte ich zu antworten; aber ich schwankte mehr, als ich die pariser Presse dieselbe ankündigen und vertheidigen sah." ^ Rossignol wagte es also grade der mächtigen Strömung der Hauptstadt ^ Halt zuzurufen, und dazu gehört in Frankreich das Gefühl der Sicherheit einiger Muth. ^ Die Denkschrift, durch welche dies geschah, halte ich, nach Form und ^balt. unbedenklich für ein Muster gesunder historischer Kritik. Der Verfasser ^nine von weitem, zunächst große Kreise ziehend. Unscheinbar, aber sicher ^i er auf den Mittelpunkt los. Die Gegner werden zuerst in kleinen Vor- Achten ermüdet, dann auf den Flügeln angegriffen, im Rücken gefaßt, ^6 zusammengeschnürt, nach allen Himmelsgegenden zersprengt, und zu» ^«nzbvtcn I. 1859. 38 .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/307>, abgerufen am 24.07.2024.