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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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wieder durch das Bab El Mandeb zu ergießen, bis endlich Alexandrien sich
beinahe das Monopol des sarazenischen Handels im indischen Ocean erwarb.
Hier war in dieser Periode alles zu finden, was aus der für die Lateiner jeht
märchenhaft geheimnißvoll gewordenen indischen und chinesischen Welt kaun
Hier kaufte man Aloe aus Sokotora, Gold und Elfenbein von Mozambique,
Musselin aus Kambaya, Perlen von den Koromandelbänkcn, Smaragden und
Rubinen von Ceylon, Gewürznelken von den Molukken, Pfeffer und Jngwcl
aus Malabar, Kampher aus Sumatra, Sandelholz aus Timor, Moschus aus
Tonking, Seide und Porzellan aus China. Diesem Waarenzug dankten die
Sultane von Kairo ihre besten Einkünfte, Alexandrien seinen Ruf als erste
Handelsstadt der Welt, Genua und Venedig und die Handelsstädte Süddeutsch'
lands ihren Reichthum.

Dieser Verkehr blühte indeß kein ganzes Jahrhundert. Die Portugiese"
entdeckten allmälig auf ihren Fahrten ein der Westküste Afrikas, daß Gold,
Elfenbein und Pfeffer auch anderswo als in Alexandrien zu holen war. Sei'
denzucht, Zucker- und Baumwollenbau verbreiteten sich über Syrien, Griechen'
land, Sicilien und andere Mittelmeerländer. Der Handel Aegyptens wurde
durch die türkischen Eroberer zerstört. Endlich fanden die Portugiesen de"
Seeweg nach Indien und vernichteten den Handelsverkehr aus dem rothe"
Meere, indem sie die arabischen Kauffahrer durch kreuzende Kriegsflotten hi"'
wegschreckten. Wäre Aegypten damals noch mächtig gewesen oder hätten
die Türken, die jetzt hier herrschten, geahnt, welches Kleinod sie am rothe"
Meer besaßen, so würden die Portugiesen von ihnen in Verbindung mit de"
indischen Fürsten ohne große Anstrengung zurückgeworfen worden sein. ^
geschah aber nichts der Art, und nebenher kamen auch sämmtliche unter die
Osmanenherrschaft gebeugte Mittelmeerländer in ihren Ackerbau- und Gewerbe
Verhältnissen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr zurück, so daß jene Vernet'
mung eintrat, welche noch jetzt diese von Natur so reich gesegneten Landstriche
charakterisirt.

Die Vertheidiger des Suczkanals täuschen sieh daher, wenn sie meint"'
daß ihr Unternehmen so ohne Weiteres den Bann, der auf dein Leben der
Mittelmeerufcr lastet, losen und ihnen die einstige Blüte wieder verleihe"
werde. Dazu gehört, daß Aegypten wieder das starkbevölkerte und reiche
Land werde, das es unter Sesostris und später unter den Mamelukensultane"
war, daß Syrien und Kleinasien sich wieder mit jenen zahlreichen Städten be'
decke, die jetzt nur noch in ihren Trümmern vorhanden sind, dazu nicht minder
daß Italien ein anderes Regiment bekomme und wieder mit dem Geist e^
füllt werde, welcher die Große von Florenz. Genua und Venedig schuf.

Dann aber -- wo der Faden eines Handelsverkehrs zerrissen ist, bleibt
er oft für immer zerrissen, und wie die Dinge gegenwärtig stehen, ist sehr


wieder durch das Bab El Mandeb zu ergießen, bis endlich Alexandrien sich
beinahe das Monopol des sarazenischen Handels im indischen Ocean erwarb.
Hier war in dieser Periode alles zu finden, was aus der für die Lateiner jeht
märchenhaft geheimnißvoll gewordenen indischen und chinesischen Welt kaun
Hier kaufte man Aloe aus Sokotora, Gold und Elfenbein von Mozambique,
Musselin aus Kambaya, Perlen von den Koromandelbänkcn, Smaragden und
Rubinen von Ceylon, Gewürznelken von den Molukken, Pfeffer und Jngwcl
aus Malabar, Kampher aus Sumatra, Sandelholz aus Timor, Moschus aus
Tonking, Seide und Porzellan aus China. Diesem Waarenzug dankten die
Sultane von Kairo ihre besten Einkünfte, Alexandrien seinen Ruf als erste
Handelsstadt der Welt, Genua und Venedig und die Handelsstädte Süddeutsch'
lands ihren Reichthum.

Dieser Verkehr blühte indeß kein ganzes Jahrhundert. Die Portugiese"
entdeckten allmälig auf ihren Fahrten ein der Westküste Afrikas, daß Gold,
Elfenbein und Pfeffer auch anderswo als in Alexandrien zu holen war. Sei'
denzucht, Zucker- und Baumwollenbau verbreiteten sich über Syrien, Griechen'
land, Sicilien und andere Mittelmeerländer. Der Handel Aegyptens wurde
durch die türkischen Eroberer zerstört. Endlich fanden die Portugiesen de»
Seeweg nach Indien und vernichteten den Handelsverkehr aus dem rothe»
Meere, indem sie die arabischen Kauffahrer durch kreuzende Kriegsflotten hi»'
wegschreckten. Wäre Aegypten damals noch mächtig gewesen oder hätten
die Türken, die jetzt hier herrschten, geahnt, welches Kleinod sie am rothe»
Meer besaßen, so würden die Portugiesen von ihnen in Verbindung mit de»
indischen Fürsten ohne große Anstrengung zurückgeworfen worden sein. ^
geschah aber nichts der Art, und nebenher kamen auch sämmtliche unter die
Osmanenherrschaft gebeugte Mittelmeerländer in ihren Ackerbau- und Gewerbe
Verhältnissen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr zurück, so daß jene Vernet'
mung eintrat, welche noch jetzt diese von Natur so reich gesegneten Landstriche
charakterisirt.

Die Vertheidiger des Suczkanals täuschen sieh daher, wenn sie meint»'
daß ihr Unternehmen so ohne Weiteres den Bann, der auf dein Leben der
Mittelmeerufcr lastet, losen und ihnen die einstige Blüte wieder verleihe»
werde. Dazu gehört, daß Aegypten wieder das starkbevölkerte und reiche
Land werde, das es unter Sesostris und später unter den Mamelukensultane»
war, daß Syrien und Kleinasien sich wieder mit jenen zahlreichen Städten be'
decke, die jetzt nur noch in ihren Trümmern vorhanden sind, dazu nicht minder
daß Italien ein anderes Regiment bekomme und wieder mit dem Geist e^
füllt werde, welcher die Große von Florenz. Genua und Venedig schuf.

Dann aber — wo der Faden eines Handelsverkehrs zerrissen ist, bleibt
er oft für immer zerrissen, und wie die Dinge gegenwärtig stehen, ist sehr


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[0294] wieder durch das Bab El Mandeb zu ergießen, bis endlich Alexandrien sich beinahe das Monopol des sarazenischen Handels im indischen Ocean erwarb. Hier war in dieser Periode alles zu finden, was aus der für die Lateiner jeht märchenhaft geheimnißvoll gewordenen indischen und chinesischen Welt kaun Hier kaufte man Aloe aus Sokotora, Gold und Elfenbein von Mozambique, Musselin aus Kambaya, Perlen von den Koromandelbänkcn, Smaragden und Rubinen von Ceylon, Gewürznelken von den Molukken, Pfeffer und Jngwcl aus Malabar, Kampher aus Sumatra, Sandelholz aus Timor, Moschus aus Tonking, Seide und Porzellan aus China. Diesem Waarenzug dankten die Sultane von Kairo ihre besten Einkünfte, Alexandrien seinen Ruf als erste Handelsstadt der Welt, Genua und Venedig und die Handelsstädte Süddeutsch' lands ihren Reichthum. Dieser Verkehr blühte indeß kein ganzes Jahrhundert. Die Portugiese" entdeckten allmälig auf ihren Fahrten ein der Westküste Afrikas, daß Gold, Elfenbein und Pfeffer auch anderswo als in Alexandrien zu holen war. Sei' denzucht, Zucker- und Baumwollenbau verbreiteten sich über Syrien, Griechen' land, Sicilien und andere Mittelmeerländer. Der Handel Aegyptens wurde durch die türkischen Eroberer zerstört. Endlich fanden die Portugiesen de» Seeweg nach Indien und vernichteten den Handelsverkehr aus dem rothe» Meere, indem sie die arabischen Kauffahrer durch kreuzende Kriegsflotten hi»' wegschreckten. Wäre Aegypten damals noch mächtig gewesen oder hätten die Türken, die jetzt hier herrschten, geahnt, welches Kleinod sie am rothe» Meer besaßen, so würden die Portugiesen von ihnen in Verbindung mit de» indischen Fürsten ohne große Anstrengung zurückgeworfen worden sein. ^ geschah aber nichts der Art, und nebenher kamen auch sämmtliche unter die Osmanenherrschaft gebeugte Mittelmeerländer in ihren Ackerbau- und Gewerbe Verhältnissen von Jahrzehnt zu Jahrzehnt mehr zurück, so daß jene Vernet' mung eintrat, welche noch jetzt diese von Natur so reich gesegneten Landstriche charakterisirt. Die Vertheidiger des Suczkanals täuschen sieh daher, wenn sie meint»' daß ihr Unternehmen so ohne Weiteres den Bann, der auf dein Leben der Mittelmeerufcr lastet, losen und ihnen die einstige Blüte wieder verleihe» werde. Dazu gehört, daß Aegypten wieder das starkbevölkerte und reiche Land werde, das es unter Sesostris und später unter den Mamelukensultane» war, daß Syrien und Kleinasien sich wieder mit jenen zahlreichen Städten be' decke, die jetzt nur noch in ihren Trümmern vorhanden sind, dazu nicht minder daß Italien ein anderes Regiment bekomme und wieder mit dem Geist e^ füllt werde, welcher die Große von Florenz. Genua und Venedig schuf. Dann aber — wo der Faden eines Handelsverkehrs zerrissen ist, bleibt er oft für immer zerrissen, und wie die Dinge gegenwärtig stehen, ist sehr

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/294>, abgerufen am 24.07.2024.