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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Natürlich ab. Die Zwischcngliedcrung erscheint als der organische Ausdruck
^ structiven Momente (des Kämpfers der Höhenabtheilnngcn ze.) und zeugt
von feinem, durch das Studium der Antike geläutertem Sinn. An Stelle des
Nordischen Maß- und Leistenwerks auf Pfeiler- und Mauerflächen tritt eine
Meist sehr harmonische/ die Gliederung des Baues glücklich hervorhebende
^coration, aus Füllungen und Friesen nach verschiedenen Dessins, mit
buntem Marmor ausgefüllt, bestehend; eine praktische Losung der polychromen
Streitfrage. Bogenzwickel u. dergl. sucht man den nordischen Zirkelexercitien
^genüber durch plastischen Schmuck ans bedeutsame Weise auszufüllen, wie
sich denn überhaupt ein richtiges Gefühl für Ornamentik zu erkennen gibt.
Gleichwie aber Italien in politischer Beziehung die Oberhoheit der deutschen
Kaiserkrone anerkannte, so nahm es auch in seine Architektur gewisse nordische
^rimam auf. die aber in ihrer principiellen Verschiedenheit eine nur sehr nu-
^'liebe Verbindung mit der heimischen Bauweise eingehen konnten. Wir
Bitten den Spitzbogen, der, wenn schon vom Rundbogen verdrängt, hier und da
'^es immer zur Erscheinung kommt, das Spiizthürmchcn mit.seiner steilen Pyra¬
mide, den Giebel, der blind, ohne ein parallel mit ihm aufsteigendes Dach
^ die Lüfte schneidet und andere derartige gothische Dccorativformen.
überall da aber, wo jener nordische Einfluß zu überwiegender Geltung ge¬
fugt, sehen wir, wie am Dom zu Mailand, eine Architektur entstehen, die
Mit dem Namen einer gothischen im italienischen Sinn, d. i. einer barba-
^chen, wol am besten zu° bezeichnen ist. Erweist sich sonach der directe
Zutsche Einfluß als wenig heilsam, so erkannten wir doch in jener frühger-
Mlmischen Einwirkung eine für die italienische Kunst bedeutsame und folgen-
^che. Die italienische Kunst steigerte die technische Fähigkeit des romanischen
Gewölbes, wie sie, im Rückblick auf die Antike, die formale Seite der roma-
^!chen Kunst reinigte. Hierin ist die italienische Kunst als eine höhere Po-
der romanischen Bauart zu betrachten. Ging aber Deutschland zuerst
die Ausbildung des romanischen Stiles und überragen die deutscheu Mo-
^niente dieses Stiles die gleichzeitigen Bauten aller anderen Völker weit
^ Bedeutung, so scheint uns, daß neben der dem germanischen Volk
^erhcmpt zuzuweisenden Vaterschaft der deutschen Nation insbesondere eine
^'orirät zuerkannt werden müsse, die jenem Rundbvgenprincip auch die
Reiche eines echt nationalen leiht. Die Thatsache aber, daß der romanische
.^l. von germanischen Völkern auf Grund der Antike begonnen, die Ver-
^lelzung antiker Tradition mit germanischem Geist und zwar so lange er-
^like. als die Geistlichkeit, die in Rom fußte, die vornehmste Trägerin der
mltur war, mag hiermit zum wenigsten angedeutet sein.

Hatte nun aber der mittelalterlich-italienische Stil nicht vermocht, die


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Natürlich ab. Die Zwischcngliedcrung erscheint als der organische Ausdruck
^ structiven Momente (des Kämpfers der Höhenabtheilnngcn ze.) und zeugt
von feinem, durch das Studium der Antike geläutertem Sinn. An Stelle des
Nordischen Maß- und Leistenwerks auf Pfeiler- und Mauerflächen tritt eine
Meist sehr harmonische/ die Gliederung des Baues glücklich hervorhebende
^coration, aus Füllungen und Friesen nach verschiedenen Dessins, mit
buntem Marmor ausgefüllt, bestehend; eine praktische Losung der polychromen
Streitfrage. Bogenzwickel u. dergl. sucht man den nordischen Zirkelexercitien
^genüber durch plastischen Schmuck ans bedeutsame Weise auszufüllen, wie
sich denn überhaupt ein richtiges Gefühl für Ornamentik zu erkennen gibt.
Gleichwie aber Italien in politischer Beziehung die Oberhoheit der deutschen
Kaiserkrone anerkannte, so nahm es auch in seine Architektur gewisse nordische
^rimam auf. die aber in ihrer principiellen Verschiedenheit eine nur sehr nu-
^'liebe Verbindung mit der heimischen Bauweise eingehen konnten. Wir
Bitten den Spitzbogen, der, wenn schon vom Rundbogen verdrängt, hier und da
'^es immer zur Erscheinung kommt, das Spiizthürmchcn mit.seiner steilen Pyra¬
mide, den Giebel, der blind, ohne ein parallel mit ihm aufsteigendes Dach
^ die Lüfte schneidet und andere derartige gothische Dccorativformen.
überall da aber, wo jener nordische Einfluß zu überwiegender Geltung ge¬
fugt, sehen wir, wie am Dom zu Mailand, eine Architektur entstehen, die
Mit dem Namen einer gothischen im italienischen Sinn, d. i. einer barba-
^chen, wol am besten zu° bezeichnen ist. Erweist sich sonach der directe
Zutsche Einfluß als wenig heilsam, so erkannten wir doch in jener frühger-
Mlmischen Einwirkung eine für die italienische Kunst bedeutsame und folgen-
^che. Die italienische Kunst steigerte die technische Fähigkeit des romanischen
Gewölbes, wie sie, im Rückblick auf die Antike, die formale Seite der roma-
^!chen Kunst reinigte. Hierin ist die italienische Kunst als eine höhere Po-
der romanischen Bauart zu betrachten. Ging aber Deutschland zuerst
die Ausbildung des romanischen Stiles und überragen die deutscheu Mo-
^niente dieses Stiles die gleichzeitigen Bauten aller anderen Völker weit
^ Bedeutung, so scheint uns, daß neben der dem germanischen Volk
^erhcmpt zuzuweisenden Vaterschaft der deutschen Nation insbesondere eine
^'orirät zuerkannt werden müsse, die jenem Rundbvgenprincip auch die
Reiche eines echt nationalen leiht. Die Thatsache aber, daß der romanische
.^l. von germanischen Völkern auf Grund der Antike begonnen, die Ver-
^lelzung antiker Tradition mit germanischem Geist und zwar so lange er-
^like. als die Geistlichkeit, die in Rom fußte, die vornehmste Trägerin der
mltur war, mag hiermit zum wenigsten angedeutet sein.

Hatte nun aber der mittelalterlich-italienische Stil nicht vermocht, die


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[0269] Natürlich ab. Die Zwischcngliedcrung erscheint als der organische Ausdruck ^ structiven Momente (des Kämpfers der Höhenabtheilnngcn ze.) und zeugt von feinem, durch das Studium der Antike geläutertem Sinn. An Stelle des Nordischen Maß- und Leistenwerks auf Pfeiler- und Mauerflächen tritt eine Meist sehr harmonische/ die Gliederung des Baues glücklich hervorhebende ^coration, aus Füllungen und Friesen nach verschiedenen Dessins, mit buntem Marmor ausgefüllt, bestehend; eine praktische Losung der polychromen Streitfrage. Bogenzwickel u. dergl. sucht man den nordischen Zirkelexercitien ^genüber durch plastischen Schmuck ans bedeutsame Weise auszufüllen, wie sich denn überhaupt ein richtiges Gefühl für Ornamentik zu erkennen gibt. Gleichwie aber Italien in politischer Beziehung die Oberhoheit der deutschen Kaiserkrone anerkannte, so nahm es auch in seine Architektur gewisse nordische ^rimam auf. die aber in ihrer principiellen Verschiedenheit eine nur sehr nu- ^'liebe Verbindung mit der heimischen Bauweise eingehen konnten. Wir Bitten den Spitzbogen, der, wenn schon vom Rundbogen verdrängt, hier und da '^es immer zur Erscheinung kommt, das Spiizthürmchcn mit.seiner steilen Pyra¬ mide, den Giebel, der blind, ohne ein parallel mit ihm aufsteigendes Dach ^ die Lüfte schneidet und andere derartige gothische Dccorativformen. überall da aber, wo jener nordische Einfluß zu überwiegender Geltung ge¬ fugt, sehen wir, wie am Dom zu Mailand, eine Architektur entstehen, die Mit dem Namen einer gothischen im italienischen Sinn, d. i. einer barba- ^chen, wol am besten zu° bezeichnen ist. Erweist sich sonach der directe Zutsche Einfluß als wenig heilsam, so erkannten wir doch in jener frühger- Mlmischen Einwirkung eine für die italienische Kunst bedeutsame und folgen- ^che. Die italienische Kunst steigerte die technische Fähigkeit des romanischen Gewölbes, wie sie, im Rückblick auf die Antike, die formale Seite der roma- ^!chen Kunst reinigte. Hierin ist die italienische Kunst als eine höhere Po- der romanischen Bauart zu betrachten. Ging aber Deutschland zuerst die Ausbildung des romanischen Stiles und überragen die deutscheu Mo- ^niente dieses Stiles die gleichzeitigen Bauten aller anderen Völker weit ^ Bedeutung, so scheint uns, daß neben der dem germanischen Volk ^erhcmpt zuzuweisenden Vaterschaft der deutschen Nation insbesondere eine ^'orirät zuerkannt werden müsse, die jenem Rundbvgenprincip auch die Reiche eines echt nationalen leiht. Die Thatsache aber, daß der romanische .^l. von germanischen Völkern auf Grund der Antike begonnen, die Ver- ^lelzung antiker Tradition mit germanischem Geist und zwar so lange er- ^like. als die Geistlichkeit, die in Rom fußte, die vornehmste Trägerin der mltur war, mag hiermit zum wenigsten angedeutet sein. Hatte nun aber der mittelalterlich-italienische Stil nicht vermocht, die 33*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/269>, abgerufen am 24.07.2024.