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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Abhandlung eröffneten und welcher lautet: "Es besteht, wie öffentlich bekannt
ist. in Mecklenburg seit dem Jahre 1795 ein Verein mehrer Landstände, wel¬
cher, wie die Urkunde lautet, den Zweck haben soll, "die Aufrechthaltung der
Gerechtsame des Standes" zu bewirken . . . Es ist der mecklenburgische Adel,
welcher diesen Verein bildet, und schließt auch das beregte Document mit de"
Worten: "Geschehen zu Sternberg aus dein allgemeinen Landtage, in der be¬
sondern Versammlung des Adels, am 3. December 1795." Es mochte sich
bei näherer Betrachtung vielleicht ergeben, daß dieser Verein 1) nicht im Ein¬
klange mit unsrer Verfassung stehe; 2) dem Gemeinwohl des ganzen Landes
schädlich sein könnte; 3) den bestehenden Gesetzen über Vereine grade entgegen
in Thätigkeit wäre und 4) das höchste Gut auch jedes mecklenburgischen Edel¬
mannes -- seine Freiheit -- aufs äußerste beschränkte. . . Deshalb erlaube
ich mir den Antrag zu stellen: Ritter- uno Landschaft wolle diese Vereinsacte
einer genauen Prüfung unterziehen, eventuell Schritte ergreisen, damit dieselbe
annüllirt werde."

Die Entgegnung vom 18. December hierauf lautete sowol von Seiten
einzelner adliger Gutsbesitzer als auch des Direktoriums dahin, daß "ein Be¬
schluß über die landesherrlich in den Rescripten vom 23. November 184?
(und 11. November 1844) anerkannten^) Rechte des Adels von Unberechtigten
(wörtlich!) nicht zulässig sei" u. s. w.

Pogge-Blankenhvf, Hillmann-Scharstorf und Pogge-Jaöbitz erklärte"
hierauf am 20. December, "daß jener Manekesche Antrag nur eine rechtliche
Untersuchung über die Vereiuigungsacte vom 3. December 1795 und das Be¬
stehen eines Vereines in der Ritterschaft bezwecke, daß er also nichts Auges^
riges wolle und mau ihn wiederhole." Als auch hierauf das DirectoriuM
bei obiger Entscheidung behnrrtc, machte Hillmann-Scharstorf die Anzeige, daß
"er beabsichtige, diese Sache auf gerichtlichem Wege entscheiden zu lassen und
hoffe, das Direktorium werde ihm in der Person des Vorsitzenden Landrathes
zu Rechte stehen."----

Hiermit haben wir den Standpunkt erreicht, bis zu welchem diese An-
gelegenheit vorläufig gelangt ist. Bei der Schroffheit, mit welcher sich die
Nechtsansichten der adligen und bürgerlichen Gutsbesitzer gegenüberstehen, ist
un eine gütliche Ausgleichung nicht mehr zu denken, eine gerichtliche Ab¬
machung aber erscheint -- wenn auch der Sache nach bedauerlich -- doch



*) Das war ohne Mühe vorauszusehn, daß der Adel sich auf jene landesherrlichen Rc-
scripte bei erster Gelegenheit berufen würde. Dieselben können aber unmöglich über streitig
Punkte des Erbvergleichs entscheiden, denn letzterer ist ein Pakt zwischen Landesherr" ""^
Ständen, dessen Bestimmungen zwar jeder Contrahcnt nach seiner Ansicht auslegen mag,
doch für diese Auslegung keine rechtliche Wirkung beanspruchen tan". Die Regierung lM
deshalb den Rechtsweg ausdrücklich offen gelassen, aber um so weniger ist eine Berufung
die Rescripta gerechtfertigt.

Abhandlung eröffneten und welcher lautet: „Es besteht, wie öffentlich bekannt
ist. in Mecklenburg seit dem Jahre 1795 ein Verein mehrer Landstände, wel¬
cher, wie die Urkunde lautet, den Zweck haben soll, „die Aufrechthaltung der
Gerechtsame des Standes" zu bewirken . . . Es ist der mecklenburgische Adel,
welcher diesen Verein bildet, und schließt auch das beregte Document mit de»
Worten: „Geschehen zu Sternberg aus dein allgemeinen Landtage, in der be¬
sondern Versammlung des Adels, am 3. December 1795." Es mochte sich
bei näherer Betrachtung vielleicht ergeben, daß dieser Verein 1) nicht im Ein¬
klange mit unsrer Verfassung stehe; 2) dem Gemeinwohl des ganzen Landes
schädlich sein könnte; 3) den bestehenden Gesetzen über Vereine grade entgegen
in Thätigkeit wäre und 4) das höchste Gut auch jedes mecklenburgischen Edel¬
mannes — seine Freiheit — aufs äußerste beschränkte. . . Deshalb erlaube
ich mir den Antrag zu stellen: Ritter- uno Landschaft wolle diese Vereinsacte
einer genauen Prüfung unterziehen, eventuell Schritte ergreisen, damit dieselbe
annüllirt werde."

Die Entgegnung vom 18. December hierauf lautete sowol von Seiten
einzelner adliger Gutsbesitzer als auch des Direktoriums dahin, daß „ein Be¬
schluß über die landesherrlich in den Rescripten vom 23. November 184?
(und 11. November 1844) anerkannten^) Rechte des Adels von Unberechtigten
(wörtlich!) nicht zulässig sei" u. s. w.

Pogge-Blankenhvf, Hillmann-Scharstorf und Pogge-Jaöbitz erklärte»
hierauf am 20. December, „daß jener Manekesche Antrag nur eine rechtliche
Untersuchung über die Vereiuigungsacte vom 3. December 1795 und das Be¬
stehen eines Vereines in der Ritterschaft bezwecke, daß er also nichts Auges^
riges wolle und mau ihn wiederhole." Als auch hierauf das DirectoriuM
bei obiger Entscheidung behnrrtc, machte Hillmann-Scharstorf die Anzeige, daß
„er beabsichtige, diese Sache auf gerichtlichem Wege entscheiden zu lassen und
hoffe, das Direktorium werde ihm in der Person des Vorsitzenden Landrathes
zu Rechte stehen."----

Hiermit haben wir den Standpunkt erreicht, bis zu welchem diese An-
gelegenheit vorläufig gelangt ist. Bei der Schroffheit, mit welcher sich die
Nechtsansichten der adligen und bürgerlichen Gutsbesitzer gegenüberstehen, ist
un eine gütliche Ausgleichung nicht mehr zu denken, eine gerichtliche Ab¬
machung aber erscheint — wenn auch der Sache nach bedauerlich — doch



*) Das war ohne Mühe vorauszusehn, daß der Adel sich auf jene landesherrlichen Rc-
scripte bei erster Gelegenheit berufen würde. Dieselben können aber unmöglich über streitig
Punkte des Erbvergleichs entscheiden, denn letzterer ist ein Pakt zwischen Landesherr» »»^
Ständen, dessen Bestimmungen zwar jeder Contrahcnt nach seiner Ansicht auslegen mag,
doch für diese Auslegung keine rechtliche Wirkung beanspruchen tan». Die Regierung lM
deshalb den Rechtsweg ausdrücklich offen gelassen, aber um so weniger ist eine Berufung
die Rescripta gerechtfertigt.
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[0266] Abhandlung eröffneten und welcher lautet: „Es besteht, wie öffentlich bekannt ist. in Mecklenburg seit dem Jahre 1795 ein Verein mehrer Landstände, wel¬ cher, wie die Urkunde lautet, den Zweck haben soll, „die Aufrechthaltung der Gerechtsame des Standes" zu bewirken . . . Es ist der mecklenburgische Adel, welcher diesen Verein bildet, und schließt auch das beregte Document mit de» Worten: „Geschehen zu Sternberg aus dein allgemeinen Landtage, in der be¬ sondern Versammlung des Adels, am 3. December 1795." Es mochte sich bei näherer Betrachtung vielleicht ergeben, daß dieser Verein 1) nicht im Ein¬ klange mit unsrer Verfassung stehe; 2) dem Gemeinwohl des ganzen Landes schädlich sein könnte; 3) den bestehenden Gesetzen über Vereine grade entgegen in Thätigkeit wäre und 4) das höchste Gut auch jedes mecklenburgischen Edel¬ mannes — seine Freiheit — aufs äußerste beschränkte. . . Deshalb erlaube ich mir den Antrag zu stellen: Ritter- uno Landschaft wolle diese Vereinsacte einer genauen Prüfung unterziehen, eventuell Schritte ergreisen, damit dieselbe annüllirt werde." Die Entgegnung vom 18. December hierauf lautete sowol von Seiten einzelner adliger Gutsbesitzer als auch des Direktoriums dahin, daß „ein Be¬ schluß über die landesherrlich in den Rescripten vom 23. November 184? (und 11. November 1844) anerkannten^) Rechte des Adels von Unberechtigten (wörtlich!) nicht zulässig sei" u. s. w. Pogge-Blankenhvf, Hillmann-Scharstorf und Pogge-Jaöbitz erklärte» hierauf am 20. December, „daß jener Manekesche Antrag nur eine rechtliche Untersuchung über die Vereiuigungsacte vom 3. December 1795 und das Be¬ stehen eines Vereines in der Ritterschaft bezwecke, daß er also nichts Auges^ riges wolle und mau ihn wiederhole." Als auch hierauf das DirectoriuM bei obiger Entscheidung behnrrtc, machte Hillmann-Scharstorf die Anzeige, daß „er beabsichtige, diese Sache auf gerichtlichem Wege entscheiden zu lassen und hoffe, das Direktorium werde ihm in der Person des Vorsitzenden Landrathes zu Rechte stehen."---- Hiermit haben wir den Standpunkt erreicht, bis zu welchem diese An- gelegenheit vorläufig gelangt ist. Bei der Schroffheit, mit welcher sich die Nechtsansichten der adligen und bürgerlichen Gutsbesitzer gegenüberstehen, ist un eine gütliche Ausgleichung nicht mehr zu denken, eine gerichtliche Ab¬ machung aber erscheint — wenn auch der Sache nach bedauerlich — doch *) Das war ohne Mühe vorauszusehn, daß der Adel sich auf jene landesherrlichen Rc- scripte bei erster Gelegenheit berufen würde. Dieselben können aber unmöglich über streitig Punkte des Erbvergleichs entscheiden, denn letzterer ist ein Pakt zwischen Landesherr» »»^ Ständen, dessen Bestimmungen zwar jeder Contrahcnt nach seiner Ansicht auslegen mag, doch für diese Auslegung keine rechtliche Wirkung beanspruchen tan». Die Regierung lM deshalb den Rechtsweg ausdrücklich offen gelassen, aber um so weniger ist eine Berufung die Rescripta gerechtfertigt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/266>, abgerufen am 24.07.2024.