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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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theiligten bürgerlichen Gutsbesitzer die förmliche Organisation einer Verbin¬
dung in Abrede stellten, daß sich aber eine große Anzahl von ihnen durch
eine Vollmacht (et. Vereinsacte!) verbunden und vereinigt halte, um durch ge¬
meinschaftliche Maßregeln diejenigen vermeintlich verfassungsmäßigen (also nicht
wirkliche? eine Entscheidung, über welche in. vgl. das Dictamen der adligen
Gutsbesitzer S. 248) Rechtsansprüche geltend zu machen, welche seit einigen
Jahren die MißHelligkeiten in der Ritterschaft herbeigeführt und genährt, da¬
durch zugleich den ständischen Versammlungen eine die Würde derselben beein¬
trächtigende und die bewährte Landesverfassung gefährdende j!) Richtung ge¬
geben haben. Jene Vollmacht aber habe durch das Rescript vom 18. Sept.
1844 seine Endschaft erreicht. Ueberdies sei eine auf Geltendmachung ver¬
fassungsmäßiger Rechte abzweckende, ohne landesherrliche Genehmigung be¬
stehende Verbindung") den gesetzlichen Bundesbestimmungen entgegen und nicht
zu dulden." :c. (Folgt eine Warnung.)

Es war nicht anders möglich, als daß dieses Rescript. welches durch
seine Publication im grvßh. Verordnungsblatt eine schwere öffentliche Rüge
geworden war, die bürgerlichen Gutsbesitzer auf das tiefste kränkte, stellte es
sie, welche nach ihrer Ueberzeugung nur für die ihnen mit vollem Recht zu¬
kommenden Befugnisse stritten, doch als händelsüchtige Unruhestifter vor dem
ganzen Lande an den Pranger! 22 gleich nach der Veröffentlichung in Schwe¬
rin anwesende Gutsbesitzer legten deshalb sofort eine sehr energische Verwah¬
rung ein, aus welcher, gleichwie aus den veröffentlichten Landtagsverhand¬
lungen selbst, mindestens das mit Klarheit hervorgeht, daß die Frage, von
welcher Seite die MißHelligkeiten thatsächlich genährt waren (durch Gebrauch
beleidigender Ausdrücke ze.), eine durchaus zweifelhafte sei. Die Frage, was
gutes Recht sei, parlamentarisch zu entscheiden, ist nimmer etwas Ungebühr¬
liches und Gefährliches; dadurch wurde doch der Weg freundlicher Versöhnung
oder Ausgleichung offen erhalten. Daß die bürgerlichen Gutsbesitzer hierzu
den Ernst halten, beweist der Umstand, daß sie auf dein Landtage 1844 histo¬
rische Forschungen zu jenem Zweck beantragt hatten. Man war auf solchen



*) ES sind über 200 bürgerliche Gutsbesiber gewesen, welche ihre verfassungsmäßig"'
Rechte zu wahren strebten. Ein solches Streben, kundgegeben durch die hervorragenden Wort¬
führer in den Landtagsversanmüungen, inusite selbstverständlich ein gemeinsames Einverständ¬
nis! herbeiführen; eine, andere Vereinigung bestand ja nicht, mau müßte sonst den Bctheiligte"
nicht glauben wollen, wozu gar kein Grund vorliegt. -- Uebrigens sollte zu solchem Zweck
eine gemcinschnstlichc Sammlung nicht verwehrt werden; es lag in der Natur der Sache, daß
das Streben sich zunächst parlamentarisch geltend machte. Ob die Erreichung desselben, folg¬
lich eine Sammlung dazu, staatsgefährlich sein würde, konnte doch erst die Zukunft lchreni
so offen gefährlich, wie der 1843 (als die Bundesgesche gleichfalls schon bestanden" anerkannte
Adelsverein war sie gewiß nicht. -- Uebrigens sind Vollmachten aller Art dnrch den Erbver-
glcich (§. 153) untersagt.

theiligten bürgerlichen Gutsbesitzer die förmliche Organisation einer Verbin¬
dung in Abrede stellten, daß sich aber eine große Anzahl von ihnen durch
eine Vollmacht (et. Vereinsacte!) verbunden und vereinigt halte, um durch ge¬
meinschaftliche Maßregeln diejenigen vermeintlich verfassungsmäßigen (also nicht
wirkliche? eine Entscheidung, über welche in. vgl. das Dictamen der adligen
Gutsbesitzer S. 248) Rechtsansprüche geltend zu machen, welche seit einigen
Jahren die MißHelligkeiten in der Ritterschaft herbeigeführt und genährt, da¬
durch zugleich den ständischen Versammlungen eine die Würde derselben beein¬
trächtigende und die bewährte Landesverfassung gefährdende j!) Richtung ge¬
geben haben. Jene Vollmacht aber habe durch das Rescript vom 18. Sept.
1844 seine Endschaft erreicht. Ueberdies sei eine auf Geltendmachung ver¬
fassungsmäßiger Rechte abzweckende, ohne landesherrliche Genehmigung be¬
stehende Verbindung") den gesetzlichen Bundesbestimmungen entgegen und nicht
zu dulden." :c. (Folgt eine Warnung.)

Es war nicht anders möglich, als daß dieses Rescript. welches durch
seine Publication im grvßh. Verordnungsblatt eine schwere öffentliche Rüge
geworden war, die bürgerlichen Gutsbesitzer auf das tiefste kränkte, stellte es
sie, welche nach ihrer Ueberzeugung nur für die ihnen mit vollem Recht zu¬
kommenden Befugnisse stritten, doch als händelsüchtige Unruhestifter vor dem
ganzen Lande an den Pranger! 22 gleich nach der Veröffentlichung in Schwe¬
rin anwesende Gutsbesitzer legten deshalb sofort eine sehr energische Verwah¬
rung ein, aus welcher, gleichwie aus den veröffentlichten Landtagsverhand¬
lungen selbst, mindestens das mit Klarheit hervorgeht, daß die Frage, von
welcher Seite die MißHelligkeiten thatsächlich genährt waren (durch Gebrauch
beleidigender Ausdrücke ze.), eine durchaus zweifelhafte sei. Die Frage, was
gutes Recht sei, parlamentarisch zu entscheiden, ist nimmer etwas Ungebühr¬
liches und Gefährliches; dadurch wurde doch der Weg freundlicher Versöhnung
oder Ausgleichung offen erhalten. Daß die bürgerlichen Gutsbesitzer hierzu
den Ernst halten, beweist der Umstand, daß sie auf dein Landtage 1844 histo¬
rische Forschungen zu jenem Zweck beantragt hatten. Man war auf solchen



*) ES sind über 200 bürgerliche Gutsbesiber gewesen, welche ihre verfassungsmäßig"'
Rechte zu wahren strebten. Ein solches Streben, kundgegeben durch die hervorragenden Wort¬
führer in den Landtagsversanmüungen, inusite selbstverständlich ein gemeinsames Einverständ¬
nis! herbeiführen; eine, andere Vereinigung bestand ja nicht, mau müßte sonst den Bctheiligte»
nicht glauben wollen, wozu gar kein Grund vorliegt. — Uebrigens sollte zu solchem Zweck
eine gemcinschnstlichc Sammlung nicht verwehrt werden; es lag in der Natur der Sache, daß
das Streben sich zunächst parlamentarisch geltend machte. Ob die Erreichung desselben, folg¬
lich eine Sammlung dazu, staatsgefährlich sein würde, konnte doch erst die Zukunft lchreni
so offen gefährlich, wie der 1843 (als die Bundesgesche gleichfalls schon bestanden» anerkannte
Adelsverein war sie gewiß nicht. — Uebrigens sind Vollmachten aller Art dnrch den Erbver-
glcich (§. 153) untersagt.
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[0264] theiligten bürgerlichen Gutsbesitzer die förmliche Organisation einer Verbin¬ dung in Abrede stellten, daß sich aber eine große Anzahl von ihnen durch eine Vollmacht (et. Vereinsacte!) verbunden und vereinigt halte, um durch ge¬ meinschaftliche Maßregeln diejenigen vermeintlich verfassungsmäßigen (also nicht wirkliche? eine Entscheidung, über welche in. vgl. das Dictamen der adligen Gutsbesitzer S. 248) Rechtsansprüche geltend zu machen, welche seit einigen Jahren die MißHelligkeiten in der Ritterschaft herbeigeführt und genährt, da¬ durch zugleich den ständischen Versammlungen eine die Würde derselben beein¬ trächtigende und die bewährte Landesverfassung gefährdende j!) Richtung ge¬ geben haben. Jene Vollmacht aber habe durch das Rescript vom 18. Sept. 1844 seine Endschaft erreicht. Ueberdies sei eine auf Geltendmachung ver¬ fassungsmäßiger Rechte abzweckende, ohne landesherrliche Genehmigung be¬ stehende Verbindung") den gesetzlichen Bundesbestimmungen entgegen und nicht zu dulden." :c. (Folgt eine Warnung.) Es war nicht anders möglich, als daß dieses Rescript. welches durch seine Publication im grvßh. Verordnungsblatt eine schwere öffentliche Rüge geworden war, die bürgerlichen Gutsbesitzer auf das tiefste kränkte, stellte es sie, welche nach ihrer Ueberzeugung nur für die ihnen mit vollem Recht zu¬ kommenden Befugnisse stritten, doch als händelsüchtige Unruhestifter vor dem ganzen Lande an den Pranger! 22 gleich nach der Veröffentlichung in Schwe¬ rin anwesende Gutsbesitzer legten deshalb sofort eine sehr energische Verwah¬ rung ein, aus welcher, gleichwie aus den veröffentlichten Landtagsverhand¬ lungen selbst, mindestens das mit Klarheit hervorgeht, daß die Frage, von welcher Seite die MißHelligkeiten thatsächlich genährt waren (durch Gebrauch beleidigender Ausdrücke ze.), eine durchaus zweifelhafte sei. Die Frage, was gutes Recht sei, parlamentarisch zu entscheiden, ist nimmer etwas Ungebühr¬ liches und Gefährliches; dadurch wurde doch der Weg freundlicher Versöhnung oder Ausgleichung offen erhalten. Daß die bürgerlichen Gutsbesitzer hierzu den Ernst halten, beweist der Umstand, daß sie auf dein Landtage 1844 histo¬ rische Forschungen zu jenem Zweck beantragt hatten. Man war auf solchen *) ES sind über 200 bürgerliche Gutsbesiber gewesen, welche ihre verfassungsmäßig"' Rechte zu wahren strebten. Ein solches Streben, kundgegeben durch die hervorragenden Wort¬ führer in den Landtagsversanmüungen, inusite selbstverständlich ein gemeinsames Einverständ¬ nis! herbeiführen; eine, andere Vereinigung bestand ja nicht, mau müßte sonst den Bctheiligte» nicht glauben wollen, wozu gar kein Grund vorliegt. — Uebrigens sollte zu solchem Zweck eine gemcinschnstlichc Sammlung nicht verwehrt werden; es lag in der Natur der Sache, daß das Streben sich zunächst parlamentarisch geltend machte. Ob die Erreichung desselben, folg¬ lich eine Sammlung dazu, staatsgefährlich sein würde, konnte doch erst die Zukunft lchreni so offen gefährlich, wie der 1843 (als die Bundesgesche gleichfalls schon bestanden» anerkannte Adelsverein war sie gewiß nicht. — Uebrigens sind Vollmachten aller Art dnrch den Erbver- glcich (§. 153) untersagt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/264>, abgerufen am 24.07.2024.