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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Scheidung konnte ja nur auf diesem kommen. Um so bemerkenswerther mus^
es sein, daß trotzdem eine anderweitige Entscheidung wenigstens versucht
wurde; wahrhaft wundern mußte man sich aber, daß der Adel diese -- nicht
richterliche -- Entscheidung mit aller Kraft als solche darzustellen sich bemüht

Ais nämlich die bürgerlichen Gutsbesitzer in größerer Zahl die Landtag
besuchten, glaubten sie bald zu erkennen, daß ihnen einige Berechtigung^'
wiederrechtlich vom Adel vorenthalten würden. Dahin gehörte u. a. die vcu-
sive Wählbarkeit in den Engeren Ausschuß, der Mitgenuß an den Revenue"
der Landeöklösier .'c. Hieraus entstanden seit 1828 hartnäckige Kämpfe; is^
hatten die bürgerlichen Gutsbesitzer erreicht, daß die adligen auf das vo"
ihnen bisher in Anspruch genommene Vorrecht der ausschließlichen passive"
Wählbarkeit zu deu Deputirtenstellen des Engeren Ausschusses verzichtete"'
Man gab sich schon einer gewisseren Zuversicht aus Erringung aller landstä"'
dischen Rech e, so weit sie nicht durch den L. G. G. Erbvergleich ausdrücklich
dem Adel vorbehalten waren, hin, als ein regiminellcs Rescript einlief, wee'
ches den ganzen Streit mit doppelter Gewalt entzündete, als es den bürget
liehen Landständen 1844 bekannt wurde. Dies Rescript (d. d. 23. Nov. 18^
seinem wesentlichen Inhalt nach wiederholt d. d. 18. Sept. 1844) accepti'^
durchgehends die Bezeichnung "Gutsbesitzer vom eingebornen und recipirt^
Adel" und erkannte die Ncception in die Gemeinschaft desselben als ^'"
herkömmliches Recht an. Es stellte ferner hin und erkannte an i) die ausschli^
liebe passive Wählbarkeit des Adels zu deu Landrathsstellen, ein Vorrecht'
welches in Beihalt des unbestreitbaren Wortlautes im H. 1L7 des L. G.
Erbvcrgleichs gar nicht war angefochten worden; 2) den ausschließlichen lÄc'
alß der Klosterstellen und die ausschließliche Administration der Klöster vo"
Seiten des Adels, ein bestrittenes Vorrecht -- freilich unter Vorbehalt de^
Rechtsweges für die bürgerlichen Gutsbesitzer; Z) die Befugniß des eingeht
nen und recipirten Adels, "nach wie vor andere adlige Personen und Fe"'"'
lieu in herkömmlicher Art durch Aguition oder Reception zur Gemeinsch^
an den dem eingebornen und recipirten Adel ausschließlich zustehende"
Rechten (d. i. in die Corporation des eingebornen ?c. Adels, deren Keil"'
zeichen eben jene ausschließlichen Vorrechte bilden--s. die Vereinsacte, wclä^
übrigens diesem Rescript zu mehrer Beglaubigung unserer Ausfassung beilcig)
aufzunehmen." --

Hatte noch ein Zweifel über die wirkliche Meinung und Tragweite dicsi
Nescriptes stattfinden können, so mußte derselbe durch eine weitere Verfügung
vom 2. Dec. 184:; gehoben werden, in welcher die Negierung, "um ^
Schlußbesiimmuug des Nescriptes vom 23. Nov. (sud 3) Folge zu gebe",
den eingebornen ze. Adel zur Wahl von Deputirten aufforderte, mit dene"
sie die gedachte Berechtigung (der Reception) und deren Ausübung wolle


Scheidung konnte ja nur auf diesem kommen. Um so bemerkenswerther mus^
es sein, daß trotzdem eine anderweitige Entscheidung wenigstens versucht
wurde; wahrhaft wundern mußte man sich aber, daß der Adel diese — nicht
richterliche — Entscheidung mit aller Kraft als solche darzustellen sich bemüht

Ais nämlich die bürgerlichen Gutsbesitzer in größerer Zahl die Landtag
besuchten, glaubten sie bald zu erkennen, daß ihnen einige Berechtigung^'
wiederrechtlich vom Adel vorenthalten würden. Dahin gehörte u. a. die vcu-
sive Wählbarkeit in den Engeren Ausschuß, der Mitgenuß an den Revenue»
der Landeöklösier .'c. Hieraus entstanden seit 1828 hartnäckige Kämpfe; is^
hatten die bürgerlichen Gutsbesitzer erreicht, daß die adligen auf das vo»
ihnen bisher in Anspruch genommene Vorrecht der ausschließlichen passive»
Wählbarkeit zu deu Deputirtenstellen des Engeren Ausschusses verzichtete»'
Man gab sich schon einer gewisseren Zuversicht aus Erringung aller landstä»'
dischen Rech e, so weit sie nicht durch den L. G. G. Erbvergleich ausdrücklich
dem Adel vorbehalten waren, hin, als ein regiminellcs Rescript einlief, wee'
ches den ganzen Streit mit doppelter Gewalt entzündete, als es den bürget
liehen Landständen 1844 bekannt wurde. Dies Rescript (d. d. 23. Nov. 18^
seinem wesentlichen Inhalt nach wiederholt d. d. 18. Sept. 1844) accepti'^
durchgehends die Bezeichnung „Gutsbesitzer vom eingebornen und recipirt^
Adel" und erkannte die Ncception in die Gemeinschaft desselben als ^'"
herkömmliches Recht an. Es stellte ferner hin und erkannte an i) die ausschli^
liebe passive Wählbarkeit des Adels zu deu Landrathsstellen, ein Vorrecht'
welches in Beihalt des unbestreitbaren Wortlautes im H. 1L7 des L. G.
Erbvcrgleichs gar nicht war angefochten worden; 2) den ausschließlichen lÄc'
alß der Klosterstellen und die ausschließliche Administration der Klöster vo»
Seiten des Adels, ein bestrittenes Vorrecht — freilich unter Vorbehalt de^
Rechtsweges für die bürgerlichen Gutsbesitzer; Z) die Befugniß des eingeht
nen und recipirten Adels, „nach wie vor andere adlige Personen und Fe»'"'
lieu in herkömmlicher Art durch Aguition oder Reception zur Gemeinsch^
an den dem eingebornen und recipirten Adel ausschließlich zustehende"
Rechten (d. i. in die Corporation des eingebornen ?c. Adels, deren Keil"'
zeichen eben jene ausschließlichen Vorrechte bilden—s. die Vereinsacte, wclä^
übrigens diesem Rescript zu mehrer Beglaubigung unserer Ausfassung beilcig)
aufzunehmen." —

Hatte noch ein Zweifel über die wirkliche Meinung und Tragweite dicsi
Nescriptes stattfinden können, so mußte derselbe durch eine weitere Verfügung
vom 2. Dec. 184:; gehoben werden, in welcher die Negierung, „um ^
Schlußbesiimmuug des Nescriptes vom 23. Nov. (sud 3) Folge zu gebe»,
den eingebornen ze. Adel zur Wahl von Deputirten aufforderte, mit dene"
sie die gedachte Berechtigung (der Reception) und deren Ausübung wolle


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/260>, abgerufen am 24.07.2024.