Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.sicher nickt entweder zum eingebornen Adel gehöre, oder in das Corps Das sogenannte Jndigenat. welches in dieser Weise kein anderer deutscher Adel ') Dies soll nur heißen. daß die voraufgehenden Zeiten verhältnißmäßig ruhiger waren;
und fir sich betrachtet sind sie immerhin rechtlos genug gewesen. sicher nickt entweder zum eingebornen Adel gehöre, oder in das Corps Das sogenannte Jndigenat. welches in dieser Weise kein anderer deutscher Adel ') Dies soll nur heißen. daß die voraufgehenden Zeiten verhältnißmäßig ruhiger waren;
und fir sich betrachtet sind sie immerhin rechtlos genug gewesen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0255" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187207"/> <p xml:id="ID_724" prev="#ID_723"> sicher nickt entweder zum eingebornen Adel gehöre, oder in das Corps<lb/> desselben recipirt sei." Und hier treten denn auch die Begriffe eures ein¬<lb/> gebornen und recipirten Adels, welcher ein Corps bilde, zum ersten Mal in<lb/> unsrer Landesgeschichte auf. Jener Antrag selbst war von vornherein ganz<lb/> unhaltbar; denn so wie ein Bürgerlicher in den Besitz eines Gutes trat (alle<lb/> ""altenburgischen Güter sind ursprünglich Lehne oder werden doch als solche<lb/> ^trachtet), so hatte er damit die am Gute haftenden Rechte gewonnen, und<lb/> de>b das Recht der Landstandschast an dem freien Gute, nicht aber an der<lb/> Person des Besitzers haste, das weiß seit ältester Zeit niemand so gewiß und<lb/> baar hält niemand so fest, als eben der Adel selbst, wenn er es auch immer¬<lb/> hin hinsichtlich andrer Rechte (z. B. der Immunität) nicht zugesteht. Sogar<lb/> einem fast ausschließlich adligen Landtage konnte also jene Forderung nicht<lb/> unerkannt werden; aber wäre sie es auch, es hätte sie niemals em Fürst<lb/> bestätigt. Indessen ist diese Frage hier an sich nur insofern von Bedeutung,<lb/> uls sie erklärt, wie man nun. da das Mißtrauen einmal erregt war. eme<lb/> Unterscheidung in dem Jndigenat festzustellen suchte, welche in ihrer Corse-<lb/> n>uenz die vielleicht noch in den Besitz von Gütern gelangenden Bürgerlichen<lb/> von der Ausübung wesentlicher Vorrechte ausschloß. Indem man diese Unter¬<lb/> scheidung feststellte, mußte man sich damals in den Bestrebungen, welche rem<lb/> udlige Gerechtsame umfaßten, genügend gesichert glauben. Im Jahre 1703<lb/> ^"nee vernünftigerweise niemand ahnen, daß 150 Jahre später die Mehr-<lb/> öuhl der mecklenburgischen Gutsbesitzer aus Bürgerlichen bestehen werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_725" next="#ID_726"> Das sogenannte Jndigenat. welches in dieser Weise kein anderer deutscher Adel<lb/> ^sitzt. entstand auf Anregung des hannoverschen Ministers von Bernstorf und<lb/> dänischen Ministers von Plessen. welche beide in Mecklenburg begütert<lb/> ^'en. nach dem Muster des dänischen Jndigenats. Es wird durch dasselbe<lb/> ^ alter eingeborner Adel festgestellt, welcher das Recht besitzen soll, aus dem<lb/> lväter eingewanderten und mit Gütern ansässig gewordenen Adel nach seiner<lb/> Willkür solche Familien, welche die Ahnenprobe bestehen, in seine Zahl auf¬<lb/> nehmen (das Reccptionsrecht). Damit der alte Adel dann auch etwas Reelles<lb/> voraus habe, was zum Eintritt in ihn reize, beschloß man aus dem Landtage<lb/> daß er das ausschließliche Recht an die 1572 der gesammten Ritterschaft<lb/> "berlassencn Landesklöster habe, „weil er dieselben acquiriret, gestiftet und<lb/> "enesicirt habe." Anfänglich mag das Reccptionsrecht in den gleich folgenden<lb/> turbulenter Zeiten') unter Karl Leopold wenig geübt worden sein; indessen ist es<lb/> °°es ins Leben getreten und die dadurch hervorgerufene Unterscheidung fand auch<lb/> 'dren Weg in den L G G. Erbvergleich, wo der §. 10? wörtlich lautet:<lb/> erledigten Landrathsstellen wollen Wir der Ritter- und Landschaft und</p><lb/> <note xml:id="FID_25" place="foot"> ') Dies soll nur heißen. daß die voraufgehenden Zeiten verhältnißmäßig ruhiger waren;<lb/> und fir sich betrachtet sind sie immerhin rechtlos genug gewesen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0255]
sicher nickt entweder zum eingebornen Adel gehöre, oder in das Corps
desselben recipirt sei." Und hier treten denn auch die Begriffe eures ein¬
gebornen und recipirten Adels, welcher ein Corps bilde, zum ersten Mal in
unsrer Landesgeschichte auf. Jener Antrag selbst war von vornherein ganz
unhaltbar; denn so wie ein Bürgerlicher in den Besitz eines Gutes trat (alle
""altenburgischen Güter sind ursprünglich Lehne oder werden doch als solche
^trachtet), so hatte er damit die am Gute haftenden Rechte gewonnen, und
de>b das Recht der Landstandschast an dem freien Gute, nicht aber an der
Person des Besitzers haste, das weiß seit ältester Zeit niemand so gewiß und
baar hält niemand so fest, als eben der Adel selbst, wenn er es auch immer¬
hin hinsichtlich andrer Rechte (z. B. der Immunität) nicht zugesteht. Sogar
einem fast ausschließlich adligen Landtage konnte also jene Forderung nicht
unerkannt werden; aber wäre sie es auch, es hätte sie niemals em Fürst
bestätigt. Indessen ist diese Frage hier an sich nur insofern von Bedeutung,
uls sie erklärt, wie man nun. da das Mißtrauen einmal erregt war. eme
Unterscheidung in dem Jndigenat festzustellen suchte, welche in ihrer Corse-
n>uenz die vielleicht noch in den Besitz von Gütern gelangenden Bürgerlichen
von der Ausübung wesentlicher Vorrechte ausschloß. Indem man diese Unter¬
scheidung feststellte, mußte man sich damals in den Bestrebungen, welche rem
udlige Gerechtsame umfaßten, genügend gesichert glauben. Im Jahre 1703
^"nee vernünftigerweise niemand ahnen, daß 150 Jahre später die Mehr-
öuhl der mecklenburgischen Gutsbesitzer aus Bürgerlichen bestehen werde.
Das sogenannte Jndigenat. welches in dieser Weise kein anderer deutscher Adel
^sitzt. entstand auf Anregung des hannoverschen Ministers von Bernstorf und
dänischen Ministers von Plessen. welche beide in Mecklenburg begütert
^'en. nach dem Muster des dänischen Jndigenats. Es wird durch dasselbe
^ alter eingeborner Adel festgestellt, welcher das Recht besitzen soll, aus dem
lväter eingewanderten und mit Gütern ansässig gewordenen Adel nach seiner
Willkür solche Familien, welche die Ahnenprobe bestehen, in seine Zahl auf¬
nehmen (das Reccptionsrecht). Damit der alte Adel dann auch etwas Reelles
voraus habe, was zum Eintritt in ihn reize, beschloß man aus dem Landtage
daß er das ausschließliche Recht an die 1572 der gesammten Ritterschaft
"berlassencn Landesklöster habe, „weil er dieselben acquiriret, gestiftet und
"enesicirt habe." Anfänglich mag das Reccptionsrecht in den gleich folgenden
turbulenter Zeiten') unter Karl Leopold wenig geübt worden sein; indessen ist es
°°es ins Leben getreten und die dadurch hervorgerufene Unterscheidung fand auch
'dren Weg in den L G G. Erbvergleich, wo der §. 10? wörtlich lautet:
erledigten Landrathsstellen wollen Wir der Ritter- und Landschaft und
') Dies soll nur heißen. daß die voraufgehenden Zeiten verhältnißmäßig ruhiger waren;
und fir sich betrachtet sind sie immerhin rechtlos genug gewesen.
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