Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Frascati, aber bald wol mit Neapel verbinden wird. Nirgend auf der be¬
kannten Erde ist ein so unaufhörlicher Kampf des Lebens mit dem Tode ficht'
bar als hier, wo trotz unaufhaltsamer Verödung des Bewohnten sich immer
wieder im Laufe der Jahrhunderte frische Versuche zeigen, neue Mittelpunkte
des städtischen Lebens zu bilden, ja wo selbst der Umfang der Kaiserstadt auf
dem rechten Tiberufer im Mittelalter und in der neuern Zeit noch erweitert
worden ist.

Hier sei nur von dem Geschick die Rede, welches auf Rom seit dem
Ausgang der alten Welt, das ist seit dem Beginn der christlichen Zeit gelastet
hat. Denn wie furchtbar auch immer z. B. der große Neronische Brand in
Rom gewüthet haben mag, welcher ununterbrochen sechs Tage währte, und
als man ihn eben gelöscht glaubte, von neuem ausbrach, und dann wahr'
schcinlich noch drei Tage gedauert hat, und in welchem von den damalige"
vierzehn Regionen Roms drei bis auf den Grund zerstört, sieben andere so voll-
ständig verwüstet wurden, daß von ihnen nur wenige halbverbrannte Häuser
stehen blieben, während nur vier Regionen größtentheils erhalten wurden
so war damit freilich die Vernichtung manches ehrwürdigen republikanischen
Denkmals verbunden; doch im Großen und Ganzen führte dies nur zu einer
prächtigeren und glänzenderen Wiederherstellung der Stadt. --

Bekanntlich ist Rom im fünften und sechsten Jahrhundert wiederholt von
germanischen Völkern erobert und geplündert worden, viele neuere, namentlich
italienische Schriftsteller haben die Gothen und Vandalen lange als die eigene'
liehen Zerstörer der Herrlichkeit Roms angegeben, so daß Vandalismus eine
allgemeine Benennung geworden ist, um fühllose Vernichtung von MonU'
merken und Alterthümern zu bezeichnen. Allein eine unbefangene Betrachtung
zeigt, daß die Römer selbst viel größeren Vandalismus geübt haben, als jene
Scharen des Manch und Genscrich. Der Schaden, den die sogenannte"
Barbaren Rom zufügten, bestand nicht sowol in Zerstörung von Gebäude"
und öffentlichen Denkmälern, und nicht in der Wegschleppung von Kunstwerke"
und Statuen, für die sie in der That wenig Sinn und Geschmack habe"
mochten, als vielmehr in Plünderungen der Gcldschätze und Kostbarkeiten.
Die erste Eroberung Roms durch germanische Völker geschah durch den gro'
ßer König der Westgothen. Als Manch zuerst im Jahr 408 vor Roms M""
am erschien, glückte es für diesmal den Einwohnern, die längst des römisch^
Namens unwürdig waren, ihn durch eine Contribution zum. Rückzug j" be'
wegen, die außer einigen anderweitigen Lieferungen aus 5000 Pfd.
und 30,000 Pfd. Silber bestand. Um aber bei dem erschöpften Zustand de
öffentlichen Schatzes diese Summe aufzubringen, wurden goldene und silbern^
Götterbilder und das Gold und Silber von den Zierrathen der bronzenen u"
marmornen Tempelstatucn eingeschmolzen, wie der heidnische Zosimus rür


Frascati, aber bald wol mit Neapel verbinden wird. Nirgend auf der be¬
kannten Erde ist ein so unaufhörlicher Kampf des Lebens mit dem Tode ficht'
bar als hier, wo trotz unaufhaltsamer Verödung des Bewohnten sich immer
wieder im Laufe der Jahrhunderte frische Versuche zeigen, neue Mittelpunkte
des städtischen Lebens zu bilden, ja wo selbst der Umfang der Kaiserstadt auf
dem rechten Tiberufer im Mittelalter und in der neuern Zeit noch erweitert
worden ist.

Hier sei nur von dem Geschick die Rede, welches auf Rom seit dem
Ausgang der alten Welt, das ist seit dem Beginn der christlichen Zeit gelastet
hat. Denn wie furchtbar auch immer z. B. der große Neronische Brand in
Rom gewüthet haben mag, welcher ununterbrochen sechs Tage währte, und
als man ihn eben gelöscht glaubte, von neuem ausbrach, und dann wahr'
schcinlich noch drei Tage gedauert hat, und in welchem von den damalige»
vierzehn Regionen Roms drei bis auf den Grund zerstört, sieben andere so voll-
ständig verwüstet wurden, daß von ihnen nur wenige halbverbrannte Häuser
stehen blieben, während nur vier Regionen größtentheils erhalten wurden
so war damit freilich die Vernichtung manches ehrwürdigen republikanischen
Denkmals verbunden; doch im Großen und Ganzen führte dies nur zu einer
prächtigeren und glänzenderen Wiederherstellung der Stadt. —

Bekanntlich ist Rom im fünften und sechsten Jahrhundert wiederholt von
germanischen Völkern erobert und geplündert worden, viele neuere, namentlich
italienische Schriftsteller haben die Gothen und Vandalen lange als die eigene'
liehen Zerstörer der Herrlichkeit Roms angegeben, so daß Vandalismus eine
allgemeine Benennung geworden ist, um fühllose Vernichtung von MonU'
merken und Alterthümern zu bezeichnen. Allein eine unbefangene Betrachtung
zeigt, daß die Römer selbst viel größeren Vandalismus geübt haben, als jene
Scharen des Manch und Genscrich. Der Schaden, den die sogenannte»
Barbaren Rom zufügten, bestand nicht sowol in Zerstörung von Gebäude"
und öffentlichen Denkmälern, und nicht in der Wegschleppung von Kunstwerke»
und Statuen, für die sie in der That wenig Sinn und Geschmack habe»
mochten, als vielmehr in Plünderungen der Gcldschätze und Kostbarkeiten.
Die erste Eroberung Roms durch germanische Völker geschah durch den gro'
ßer König der Westgothen. Als Manch zuerst im Jahr 408 vor Roms M«"
am erschien, glückte es für diesmal den Einwohnern, die längst des römisch^
Namens unwürdig waren, ihn durch eine Contribution zum. Rückzug j» be'
wegen, die außer einigen anderweitigen Lieferungen aus 5000 Pfd.
und 30,000 Pfd. Silber bestand. Um aber bei dem erschöpften Zustand de
öffentlichen Schatzes diese Summe aufzubringen, wurden goldene und silbern^
Götterbilder und das Gold und Silber von den Zierrathen der bronzenen u»
marmornen Tempelstatucn eingeschmolzen, wie der heidnische Zosimus rür


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187176"/>
          <p xml:id="ID_653" prev="#ID_652"> Frascati, aber bald wol mit Neapel verbinden wird. Nirgend auf der be¬<lb/>
kannten Erde ist ein so unaufhörlicher Kampf des Lebens mit dem Tode ficht'<lb/>
bar als hier, wo trotz unaufhaltsamer Verödung des Bewohnten sich immer<lb/>
wieder im Laufe der Jahrhunderte frische Versuche zeigen, neue Mittelpunkte<lb/>
des städtischen Lebens zu bilden, ja wo selbst der Umfang der Kaiserstadt auf<lb/>
dem rechten Tiberufer im Mittelalter und in der neuern Zeit noch erweitert<lb/>
worden ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_654"> Hier sei nur von dem Geschick die Rede, welches auf Rom seit dem<lb/>
Ausgang der alten Welt, das ist seit dem Beginn der christlichen Zeit gelastet<lb/>
hat. Denn wie furchtbar auch immer z. B. der große Neronische Brand in<lb/>
Rom gewüthet haben mag, welcher ununterbrochen sechs Tage währte, und<lb/>
als man ihn eben gelöscht glaubte, von neuem ausbrach, und dann wahr'<lb/>
schcinlich noch drei Tage gedauert hat, und in welchem von den damalige»<lb/>
vierzehn Regionen Roms drei bis auf den Grund zerstört, sieben andere so voll-<lb/>
ständig verwüstet wurden, daß von ihnen nur wenige halbverbrannte Häuser<lb/>
stehen blieben, während nur vier Regionen größtentheils erhalten wurden<lb/>
so war damit freilich die Vernichtung manches ehrwürdigen republikanischen<lb/>
Denkmals verbunden; doch im Großen und Ganzen führte dies nur zu einer<lb/>
prächtigeren und glänzenderen Wiederherstellung der Stadt. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_655" next="#ID_656"> Bekanntlich ist Rom im fünften und sechsten Jahrhundert wiederholt von<lb/>
germanischen Völkern erobert und geplündert worden, viele neuere, namentlich<lb/>
italienische Schriftsteller haben die Gothen und Vandalen lange als die eigene'<lb/>
liehen Zerstörer der Herrlichkeit Roms angegeben, so daß Vandalismus eine<lb/>
allgemeine Benennung geworden ist, um fühllose Vernichtung von MonU'<lb/>
merken und Alterthümern zu bezeichnen.  Allein eine unbefangene Betrachtung<lb/>
zeigt, daß die Römer selbst viel größeren Vandalismus geübt haben, als jene<lb/>
Scharen des Manch und Genscrich.  Der Schaden, den die sogenannte»<lb/>
Barbaren Rom zufügten, bestand nicht sowol in Zerstörung von Gebäude"<lb/>
und öffentlichen Denkmälern, und nicht in der Wegschleppung von Kunstwerke»<lb/>
und Statuen, für die sie in der That wenig Sinn und Geschmack habe»<lb/>
mochten, als vielmehr in Plünderungen der Gcldschätze und Kostbarkeiten.<lb/>
Die erste Eroberung Roms durch germanische Völker geschah durch den gro'<lb/>
ßer König der Westgothen.  Als Manch zuerst im Jahr 408 vor Roms M«"<lb/>
am erschien, glückte es für diesmal den Einwohnern, die längst des römisch^<lb/>
Namens unwürdig waren, ihn durch eine Contribution zum. Rückzug j» be'<lb/>
wegen, die außer einigen anderweitigen Lieferungen aus 5000 Pfd.<lb/>
und 30,000 Pfd. Silber bestand. Um aber bei dem erschöpften Zustand de<lb/>
öffentlichen Schatzes diese Summe aufzubringen, wurden goldene und silbern^<lb/>
Götterbilder und das Gold und Silber von den Zierrathen der bronzenen u»<lb/>
marmornen Tempelstatucn eingeschmolzen, wie der heidnische Zosimus rür</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0224] Frascati, aber bald wol mit Neapel verbinden wird. Nirgend auf der be¬ kannten Erde ist ein so unaufhörlicher Kampf des Lebens mit dem Tode ficht' bar als hier, wo trotz unaufhaltsamer Verödung des Bewohnten sich immer wieder im Laufe der Jahrhunderte frische Versuche zeigen, neue Mittelpunkte des städtischen Lebens zu bilden, ja wo selbst der Umfang der Kaiserstadt auf dem rechten Tiberufer im Mittelalter und in der neuern Zeit noch erweitert worden ist. Hier sei nur von dem Geschick die Rede, welches auf Rom seit dem Ausgang der alten Welt, das ist seit dem Beginn der christlichen Zeit gelastet hat. Denn wie furchtbar auch immer z. B. der große Neronische Brand in Rom gewüthet haben mag, welcher ununterbrochen sechs Tage währte, und als man ihn eben gelöscht glaubte, von neuem ausbrach, und dann wahr' schcinlich noch drei Tage gedauert hat, und in welchem von den damalige» vierzehn Regionen Roms drei bis auf den Grund zerstört, sieben andere so voll- ständig verwüstet wurden, daß von ihnen nur wenige halbverbrannte Häuser stehen blieben, während nur vier Regionen größtentheils erhalten wurden so war damit freilich die Vernichtung manches ehrwürdigen republikanischen Denkmals verbunden; doch im Großen und Ganzen führte dies nur zu einer prächtigeren und glänzenderen Wiederherstellung der Stadt. — Bekanntlich ist Rom im fünften und sechsten Jahrhundert wiederholt von germanischen Völkern erobert und geplündert worden, viele neuere, namentlich italienische Schriftsteller haben die Gothen und Vandalen lange als die eigene' liehen Zerstörer der Herrlichkeit Roms angegeben, so daß Vandalismus eine allgemeine Benennung geworden ist, um fühllose Vernichtung von MonU' merken und Alterthümern zu bezeichnen. Allein eine unbefangene Betrachtung zeigt, daß die Römer selbst viel größeren Vandalismus geübt haben, als jene Scharen des Manch und Genscrich. Der Schaden, den die sogenannte» Barbaren Rom zufügten, bestand nicht sowol in Zerstörung von Gebäude" und öffentlichen Denkmälern, und nicht in der Wegschleppung von Kunstwerke» und Statuen, für die sie in der That wenig Sinn und Geschmack habe» mochten, als vielmehr in Plünderungen der Gcldschätze und Kostbarkeiten. Die erste Eroberung Roms durch germanische Völker geschah durch den gro' ßer König der Westgothen. Als Manch zuerst im Jahr 408 vor Roms M«" am erschien, glückte es für diesmal den Einwohnern, die längst des römisch^ Namens unwürdig waren, ihn durch eine Contribution zum. Rückzug j» be' wegen, die außer einigen anderweitigen Lieferungen aus 5000 Pfd. und 30,000 Pfd. Silber bestand. Um aber bei dem erschöpften Zustand de öffentlichen Schatzes diese Summe aufzubringen, wurden goldene und silbern^ Götterbilder und das Gold und Silber von den Zierrathen der bronzenen u» marmornen Tempelstatucn eingeschmolzen, wie der heidnische Zosimus rür

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/224
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/224>, abgerufen am 24.07.2024.