Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

weite Ebene der Campagna, die sich bis ans Meer erstreckt. Einst
^igte sich hier dein Blick des stolzen Römers ein unübersehbarer, von dem
Abhang der Berge bis zum Meer hinlaufender Kranz bebauter Hügel und
Thäler, die Wiege weltcrobcrnder Krieger und Feldherrn, die Heimath glück¬
licher Bürger, die Erholung reicher Städter, der Spielraum für die Baulust
"ud Prachtliebe der Großen und der Kaiser, denen alle Schönheiten der
Mischen Natur offen standen. Die Villen unter den tusculanischcn Höhen
Frascati) stießen vor 1800 Jahren an die Häuserreihen, welche nach
der kaum erkennbaren Grenze der Stadt hinliefen, während sie sich fast gleich
Ununterbrochen auf der andern Seite bis zum Meere hinzogen; zum Theil
^'baut auf den Trümmern uralter Städte, die einst Roms Nebenbuhlerinnen
^arcu. Die zerstreuten Landhäuser gleichsam durchschneidend waren längs
°er von Schiffen wimmelnden Tiber ähnliche Linien von Häusern mit reich-
gebauten Feldern, Gütern und prächtigen Denkmalen der Gestorbenen um-
K^en. Und was sieht das Auge jetzt an der Stelle dieses regen Lebens?
^>n Morgen die schönen natürlichen Linien einer ungeheuern leishügeligcn
^bene. die im Sommer aus dem Nebel wie der Grund eines Landsces aus
dem Wasser hervorsteigt. am Tage den Rauch und am Abend den Glanz rings
Sucher angezündeter Feuer, die wie hohe Opferflammen auf diesem großen
^klar brennen, die spärlichen Bewohner gegen die verderbliche Fieberluft
^ schützen. Mit geringen Ausnahmen ist die ganze vom Meer und Gebirg
grenzte Ebene um Nom nur von Hirten in Kleidern aus rohen Schaffellen
^d von Herden herrlichen Viehes- durchzogen und spärlich von siebcrbleichcn
tuschen bewohnt, die sich meistens in die Neste der Warten und Naubburgen
^ Mittelalters oder in die thurmartigen Massen der alten Grüber eingenistet
^l>en. Ja oft- sind in langen Strecken, z. B. ans der via ^Vnpia selbst, die
^Nvertilgbaren Trümmer der ehemaligen Weltstraße, die an derselben entlang
'-Senden Gräber und die noch in ihrer Zerstörung Staunen erregenden malerisch
^'es die Campagna zerstreuten Bogen der alten Wasserleitungen die einzigen
puren, daß je menschliches Leben hier gewaltet habe. Und doch ist Rom
He, wie andere einst blühende Weltstädte, wie Ninive und Babylon, nnr
^Ne Stätte des Todes und der Verwüstung. Zerstört und neu auflebend steht
da. eine versunkene Weltstadt und ein glänzender Fürstensitz und Mittelpunkt
^ katholischen Christenheit; neben Augusteischen Tempelsäulen und Hallen die
> ^bee und gcschmücktcste Kirche der Welt, die reichen Trümmer antiker Kunst neben
°u herrlichen Schöpfungen eines Raphael und Michel Angelo. Die riesen-
ltcn Bogen des Colosseums sind mit üppiger Vegetation überwuchert, aber
"n? ^ sich der elektrische Drath, der die Verbindung zwischen Nom
^ Neapel vermittelt; neben den Trümmern der alten aqua (AauÄnr, braust
° Locomotive aus dem Schienenweg hin, der jetzt freilich erst Nom mit


weite Ebene der Campagna, die sich bis ans Meer erstreckt. Einst
^igte sich hier dein Blick des stolzen Römers ein unübersehbarer, von dem
Abhang der Berge bis zum Meer hinlaufender Kranz bebauter Hügel und
Thäler, die Wiege weltcrobcrnder Krieger und Feldherrn, die Heimath glück¬
licher Bürger, die Erholung reicher Städter, der Spielraum für die Baulust
"ud Prachtliebe der Großen und der Kaiser, denen alle Schönheiten der
Mischen Natur offen standen. Die Villen unter den tusculanischcn Höhen
Frascati) stießen vor 1800 Jahren an die Häuserreihen, welche nach
der kaum erkennbaren Grenze der Stadt hinliefen, während sie sich fast gleich
Ununterbrochen auf der andern Seite bis zum Meere hinzogen; zum Theil
^'baut auf den Trümmern uralter Städte, die einst Roms Nebenbuhlerinnen
^arcu. Die zerstreuten Landhäuser gleichsam durchschneidend waren längs
°er von Schiffen wimmelnden Tiber ähnliche Linien von Häusern mit reich-
gebauten Feldern, Gütern und prächtigen Denkmalen der Gestorbenen um-
K^en. Und was sieht das Auge jetzt an der Stelle dieses regen Lebens?
^>n Morgen die schönen natürlichen Linien einer ungeheuern leishügeligcn
^bene. die im Sommer aus dem Nebel wie der Grund eines Landsces aus
dem Wasser hervorsteigt. am Tage den Rauch und am Abend den Glanz rings
Sucher angezündeter Feuer, die wie hohe Opferflammen auf diesem großen
^klar brennen, die spärlichen Bewohner gegen die verderbliche Fieberluft
^ schützen. Mit geringen Ausnahmen ist die ganze vom Meer und Gebirg
grenzte Ebene um Nom nur von Hirten in Kleidern aus rohen Schaffellen
^d von Herden herrlichen Viehes- durchzogen und spärlich von siebcrbleichcn
tuschen bewohnt, die sich meistens in die Neste der Warten und Naubburgen
^ Mittelalters oder in die thurmartigen Massen der alten Grüber eingenistet
^l>en. Ja oft- sind in langen Strecken, z. B. ans der via ^Vnpia selbst, die
^Nvertilgbaren Trümmer der ehemaligen Weltstraße, die an derselben entlang
'-Senden Gräber und die noch in ihrer Zerstörung Staunen erregenden malerisch
^'es die Campagna zerstreuten Bogen der alten Wasserleitungen die einzigen
puren, daß je menschliches Leben hier gewaltet habe. Und doch ist Rom
He, wie andere einst blühende Weltstädte, wie Ninive und Babylon, nnr
^Ne Stätte des Todes und der Verwüstung. Zerstört und neu auflebend steht
da. eine versunkene Weltstadt und ein glänzender Fürstensitz und Mittelpunkt
^ katholischen Christenheit; neben Augusteischen Tempelsäulen und Hallen die
> ^bee und gcschmücktcste Kirche der Welt, die reichen Trümmer antiker Kunst neben
°u herrlichen Schöpfungen eines Raphael und Michel Angelo. Die riesen-
ltcn Bogen des Colosseums sind mit üppiger Vegetation überwuchert, aber
»n? ^ sich der elektrische Drath, der die Verbindung zwischen Nom
^ Neapel vermittelt; neben den Trümmern der alten aqua (AauÄnr, braust
° Locomotive aus dem Schienenweg hin, der jetzt freilich erst Nom mit


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187175"/>
          <p xml:id="ID_652" prev="#ID_651" next="#ID_653"> weite Ebene der Campagna, die sich bis ans Meer erstreckt. Einst<lb/>
^igte sich hier dein Blick des stolzen Römers ein unübersehbarer, von dem<lb/>
Abhang der Berge bis zum Meer hinlaufender Kranz bebauter Hügel und<lb/>
Thäler, die Wiege weltcrobcrnder Krieger und Feldherrn, die Heimath glück¬<lb/>
licher Bürger, die Erholung reicher Städter, der Spielraum für die Baulust<lb/>
"ud Prachtliebe der Großen und der Kaiser, denen alle Schönheiten der<lb/>
Mischen Natur offen standen.  Die Villen unter den tusculanischcn Höhen<lb/>
Frascati) stießen vor 1800 Jahren an die Häuserreihen, welche nach<lb/>
der kaum erkennbaren Grenze der Stadt hinliefen, während sie sich fast gleich<lb/>
Ununterbrochen auf der andern Seite bis zum Meere hinzogen; zum Theil<lb/>
^'baut auf den Trümmern uralter Städte, die einst Roms Nebenbuhlerinnen<lb/>
^arcu.  Die zerstreuten Landhäuser gleichsam durchschneidend waren längs<lb/>
°er von Schiffen wimmelnden Tiber ähnliche Linien von Häusern mit reich-<lb/>
gebauten Feldern, Gütern und prächtigen Denkmalen der Gestorbenen um-<lb/>
K^en.  Und was sieht das Auge jetzt an der Stelle dieses regen Lebens?<lb/>
^&gt;n Morgen die schönen natürlichen Linien einer ungeheuern leishügeligcn<lb/>
^bene. die im Sommer aus dem Nebel wie der Grund eines Landsces aus<lb/>
dem Wasser hervorsteigt. am Tage den Rauch und am Abend den Glanz rings<lb/>
Sucher angezündeter Feuer, die wie hohe Opferflammen auf diesem großen<lb/>
^klar brennen, die spärlichen Bewohner gegen die verderbliche Fieberluft<lb/>
^ schützen.  Mit geringen Ausnahmen ist die ganze vom Meer und Gebirg<lb/>
grenzte Ebene um Nom nur von Hirten in Kleidern aus rohen Schaffellen<lb/>
^d von Herden herrlichen Viehes- durchzogen und spärlich von siebcrbleichcn<lb/>
tuschen bewohnt, die sich meistens in die Neste der Warten und Naubburgen<lb/>
^ Mittelalters oder in die thurmartigen Massen der alten Grüber eingenistet<lb/>
^l&gt;en.  Ja oft- sind in langen Strecken, z. B. ans der via ^Vnpia selbst, die<lb/>
^Nvertilgbaren Trümmer der ehemaligen Weltstraße, die an derselben entlang<lb/>
'-Senden Gräber und die noch in ihrer Zerstörung Staunen erregenden malerisch<lb/>
^'es die Campagna zerstreuten Bogen der alten Wasserleitungen die einzigen<lb/>
puren, daß je menschliches Leben hier gewaltet habe.  Und doch ist Rom<lb/>
He, wie andere einst blühende Weltstädte, wie Ninive und Babylon, nnr<lb/>
^Ne Stätte des Todes und der Verwüstung.  Zerstört und neu auflebend steht<lb/>
da. eine versunkene Weltstadt und ein glänzender Fürstensitz und Mittelpunkt<lb/>
^ katholischen Christenheit; neben Augusteischen Tempelsäulen und Hallen die<lb/>
&gt; ^bee und gcschmücktcste Kirche der Welt, die reichen Trümmer antiker Kunst neben<lb/>
°u herrlichen Schöpfungen eines Raphael und Michel Angelo.  Die riesen-<lb/>
ltcn Bogen des Colosseums sind mit üppiger Vegetation überwuchert, aber<lb/>
»n? ^    sich der elektrische Drath, der die Verbindung zwischen Nom<lb/>
^ Neapel vermittelt; neben den Trümmern der alten aqua (AauÄnr, braust<lb/>
° Locomotive aus dem Schienenweg hin, der jetzt freilich erst Nom mit</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0223] weite Ebene der Campagna, die sich bis ans Meer erstreckt. Einst ^igte sich hier dein Blick des stolzen Römers ein unübersehbarer, von dem Abhang der Berge bis zum Meer hinlaufender Kranz bebauter Hügel und Thäler, die Wiege weltcrobcrnder Krieger und Feldherrn, die Heimath glück¬ licher Bürger, die Erholung reicher Städter, der Spielraum für die Baulust "ud Prachtliebe der Großen und der Kaiser, denen alle Schönheiten der Mischen Natur offen standen. Die Villen unter den tusculanischcn Höhen Frascati) stießen vor 1800 Jahren an die Häuserreihen, welche nach der kaum erkennbaren Grenze der Stadt hinliefen, während sie sich fast gleich Ununterbrochen auf der andern Seite bis zum Meere hinzogen; zum Theil ^'baut auf den Trümmern uralter Städte, die einst Roms Nebenbuhlerinnen ^arcu. Die zerstreuten Landhäuser gleichsam durchschneidend waren längs °er von Schiffen wimmelnden Tiber ähnliche Linien von Häusern mit reich- gebauten Feldern, Gütern und prächtigen Denkmalen der Gestorbenen um- K^en. Und was sieht das Auge jetzt an der Stelle dieses regen Lebens? ^>n Morgen die schönen natürlichen Linien einer ungeheuern leishügeligcn ^bene. die im Sommer aus dem Nebel wie der Grund eines Landsces aus dem Wasser hervorsteigt. am Tage den Rauch und am Abend den Glanz rings Sucher angezündeter Feuer, die wie hohe Opferflammen auf diesem großen ^klar brennen, die spärlichen Bewohner gegen die verderbliche Fieberluft ^ schützen. Mit geringen Ausnahmen ist die ganze vom Meer und Gebirg grenzte Ebene um Nom nur von Hirten in Kleidern aus rohen Schaffellen ^d von Herden herrlichen Viehes- durchzogen und spärlich von siebcrbleichcn tuschen bewohnt, die sich meistens in die Neste der Warten und Naubburgen ^ Mittelalters oder in die thurmartigen Massen der alten Grüber eingenistet ^l>en. Ja oft- sind in langen Strecken, z. B. ans der via ^Vnpia selbst, die ^Nvertilgbaren Trümmer der ehemaligen Weltstraße, die an derselben entlang '-Senden Gräber und die noch in ihrer Zerstörung Staunen erregenden malerisch ^'es die Campagna zerstreuten Bogen der alten Wasserleitungen die einzigen puren, daß je menschliches Leben hier gewaltet habe. Und doch ist Rom He, wie andere einst blühende Weltstädte, wie Ninive und Babylon, nnr ^Ne Stätte des Todes und der Verwüstung. Zerstört und neu auflebend steht da. eine versunkene Weltstadt und ein glänzender Fürstensitz und Mittelpunkt ^ katholischen Christenheit; neben Augusteischen Tempelsäulen und Hallen die > ^bee und gcschmücktcste Kirche der Welt, die reichen Trümmer antiker Kunst neben °u herrlichen Schöpfungen eines Raphael und Michel Angelo. Die riesen- ltcn Bogen des Colosseums sind mit üppiger Vegetation überwuchert, aber »n? ^ sich der elektrische Drath, der die Verbindung zwischen Nom ^ Neapel vermittelt; neben den Trümmern der alten aqua (AauÄnr, braust ° Locomotive aus dem Schienenweg hin, der jetzt freilich erst Nom mit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/223
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/223>, abgerufen am 24.07.2024.