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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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anderer Truppen nicht nur gegen jeden Handstreich sichern, sondern, wie bemerkt,
auch Ausstandsversuche der Bevölkerung zu unterdrücken im Stande sein.

Will der östreichische Feldherr sich mit einem Theil seiner Truppen
nicht der Gefahr aussetzen, am Ticinv geschlagen zu werden, und dann
den Rückzug über Mailand nehmen zu müssen, sondern zieht er es vor. dem
Feind einiges Terrain einzuräumen, um ihn dann mit vollkommner Aussicht
auf Erfolg anzugreifen; oder treten andere Umstände ein, welche Oestreich
Zwingen, die Lombardei aufzugeben, oder wird endlich die Ticinolinie von der
piemontesischen Armee forcirt, und die östreichische Armee zurückgedrängt, so
findet diese noch eine zweite bessere, d. i. jene Aufstellung. in welcher sie schon
einmal ganz Italien Widerstand leistete. Gegen eine von dem Süden etwa
ausgehende Bewegung ist Oestreich durch die Besatzungen einiger Punkte
der päpstlichen Staaten wie Ferrara. Bologna gedeckt, weiche hauptsächlich
dadurch die Stellung Oestreichs zu verstärken geeignet sind. weil sie den Herd
der revolutionären Umtriebe aus dieser Seite von der Grenze mehr entfernt
halten. Venedig, von einem Gürtel in weitem Umfang angelegter Werke um¬
geben, unter denen nur eine mäßige Zahl bedeutender ist. hat einen hohen
strategischen Werth für die Operationen einer Landarmee, welche dort ihre
Verbindung mit dem Meere, ihre Magazine, Depots und Marineetablissements ge¬
sicherter hat, als es in einem gewöhnlichen Seeplatz der Fall wäre, der nicht
so wie Venedig durch die Lage auf den Lagunen fast unnahbar ist. Venedig
Un feindlichen Besitz, würde die Verbindungen der in Italien stehenden Armee
auf das höchste gefährden, und diese zu einer langwierigen Blockade auf der
Landseite zwingen; es darf daher unter keiner Bedingung der Jnsurrection
"der einem von der Seeseite angreifenden Feind überlassen werden. Der
letzte in der Reihe der festen Plätze des lombardisch-venetianischen Königrei¬
ches ist endlich Palmanuova. eine kleine Festung, auf der Straße von Görz
'n das Veneticurische gelegen. Zwischcnpunkt und Dcpotplatz ans der Straße
aus den innern Provinzen, welche von dem Nachschub an Ergänzungen, Ver¬
stärkungen u. s. f. meist eingeschlagen zu werden pflegt.

Fassen wir die Bedeutung der Festungsgruppe näher in das Auge, von
welcher wir sagten, daß sie der Hauptstützpunkt der östreichischen Stellung in
Italien sei. so werden wir finden, daß dieselbe auch einer schwächeren Armee
d'e Möglichkeit bietet, in ihrem Schutze einen Angriff, der von Westen oder
Süden kommen sollte, abzuwarten und den Feind hier so lange aufzu¬
halten, bis es die Verhältnisse wieder möglich machen, aus der Defensive in
^ne kräftige Offensive überzugehen, um den Feind aus dein eigenen Gebiet
hinauszuwerfen. Eine Armee, welche zwischen den Flüssen Etsch und Mincio auf
d'e Festungen gestützt eine Stellung einnimmt, versperrt einer sardinischen oder
^nzösischm Armee nicht nur den directen Weg aus Italien nach den deutschen


anderer Truppen nicht nur gegen jeden Handstreich sichern, sondern, wie bemerkt,
auch Ausstandsversuche der Bevölkerung zu unterdrücken im Stande sein.

Will der östreichische Feldherr sich mit einem Theil seiner Truppen
nicht der Gefahr aussetzen, am Ticinv geschlagen zu werden, und dann
den Rückzug über Mailand nehmen zu müssen, sondern zieht er es vor. dem
Feind einiges Terrain einzuräumen, um ihn dann mit vollkommner Aussicht
auf Erfolg anzugreifen; oder treten andere Umstände ein, welche Oestreich
Zwingen, die Lombardei aufzugeben, oder wird endlich die Ticinolinie von der
piemontesischen Armee forcirt, und die östreichische Armee zurückgedrängt, so
findet diese noch eine zweite bessere, d. i. jene Aufstellung. in welcher sie schon
einmal ganz Italien Widerstand leistete. Gegen eine von dem Süden etwa
ausgehende Bewegung ist Oestreich durch die Besatzungen einiger Punkte
der päpstlichen Staaten wie Ferrara. Bologna gedeckt, weiche hauptsächlich
dadurch die Stellung Oestreichs zu verstärken geeignet sind. weil sie den Herd
der revolutionären Umtriebe aus dieser Seite von der Grenze mehr entfernt
halten. Venedig, von einem Gürtel in weitem Umfang angelegter Werke um¬
geben, unter denen nur eine mäßige Zahl bedeutender ist. hat einen hohen
strategischen Werth für die Operationen einer Landarmee, welche dort ihre
Verbindung mit dem Meere, ihre Magazine, Depots und Marineetablissements ge¬
sicherter hat, als es in einem gewöhnlichen Seeplatz der Fall wäre, der nicht
so wie Venedig durch die Lage auf den Lagunen fast unnahbar ist. Venedig
Un feindlichen Besitz, würde die Verbindungen der in Italien stehenden Armee
auf das höchste gefährden, und diese zu einer langwierigen Blockade auf der
Landseite zwingen; es darf daher unter keiner Bedingung der Jnsurrection
"der einem von der Seeseite angreifenden Feind überlassen werden. Der
letzte in der Reihe der festen Plätze des lombardisch-venetianischen Königrei¬
ches ist endlich Palmanuova. eine kleine Festung, auf der Straße von Görz
'n das Veneticurische gelegen. Zwischcnpunkt und Dcpotplatz ans der Straße
aus den innern Provinzen, welche von dem Nachschub an Ergänzungen, Ver¬
stärkungen u. s. f. meist eingeschlagen zu werden pflegt.

Fassen wir die Bedeutung der Festungsgruppe näher in das Auge, von
welcher wir sagten, daß sie der Hauptstützpunkt der östreichischen Stellung in
Italien sei. so werden wir finden, daß dieselbe auch einer schwächeren Armee
d'e Möglichkeit bietet, in ihrem Schutze einen Angriff, der von Westen oder
Süden kommen sollte, abzuwarten und den Feind hier so lange aufzu¬
halten, bis es die Verhältnisse wieder möglich machen, aus der Defensive in
^ne kräftige Offensive überzugehen, um den Feind aus dein eigenen Gebiet
hinauszuwerfen. Eine Armee, welche zwischen den Flüssen Etsch und Mincio auf
d'e Festungen gestützt eine Stellung einnimmt, versperrt einer sardinischen oder
^nzösischm Armee nicht nur den directen Weg aus Italien nach den deutschen


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[0153] anderer Truppen nicht nur gegen jeden Handstreich sichern, sondern, wie bemerkt, auch Ausstandsversuche der Bevölkerung zu unterdrücken im Stande sein. Will der östreichische Feldherr sich mit einem Theil seiner Truppen nicht der Gefahr aussetzen, am Ticinv geschlagen zu werden, und dann den Rückzug über Mailand nehmen zu müssen, sondern zieht er es vor. dem Feind einiges Terrain einzuräumen, um ihn dann mit vollkommner Aussicht auf Erfolg anzugreifen; oder treten andere Umstände ein, welche Oestreich Zwingen, die Lombardei aufzugeben, oder wird endlich die Ticinolinie von der piemontesischen Armee forcirt, und die östreichische Armee zurückgedrängt, so findet diese noch eine zweite bessere, d. i. jene Aufstellung. in welcher sie schon einmal ganz Italien Widerstand leistete. Gegen eine von dem Süden etwa ausgehende Bewegung ist Oestreich durch die Besatzungen einiger Punkte der päpstlichen Staaten wie Ferrara. Bologna gedeckt, weiche hauptsächlich dadurch die Stellung Oestreichs zu verstärken geeignet sind. weil sie den Herd der revolutionären Umtriebe aus dieser Seite von der Grenze mehr entfernt halten. Venedig, von einem Gürtel in weitem Umfang angelegter Werke um¬ geben, unter denen nur eine mäßige Zahl bedeutender ist. hat einen hohen strategischen Werth für die Operationen einer Landarmee, welche dort ihre Verbindung mit dem Meere, ihre Magazine, Depots und Marineetablissements ge¬ sicherter hat, als es in einem gewöhnlichen Seeplatz der Fall wäre, der nicht so wie Venedig durch die Lage auf den Lagunen fast unnahbar ist. Venedig Un feindlichen Besitz, würde die Verbindungen der in Italien stehenden Armee auf das höchste gefährden, und diese zu einer langwierigen Blockade auf der Landseite zwingen; es darf daher unter keiner Bedingung der Jnsurrection "der einem von der Seeseite angreifenden Feind überlassen werden. Der letzte in der Reihe der festen Plätze des lombardisch-venetianischen Königrei¬ ches ist endlich Palmanuova. eine kleine Festung, auf der Straße von Görz 'n das Veneticurische gelegen. Zwischcnpunkt und Dcpotplatz ans der Straße aus den innern Provinzen, welche von dem Nachschub an Ergänzungen, Ver¬ stärkungen u. s. f. meist eingeschlagen zu werden pflegt. Fassen wir die Bedeutung der Festungsgruppe näher in das Auge, von welcher wir sagten, daß sie der Hauptstützpunkt der östreichischen Stellung in Italien sei. so werden wir finden, daß dieselbe auch einer schwächeren Armee d'e Möglichkeit bietet, in ihrem Schutze einen Angriff, der von Westen oder Süden kommen sollte, abzuwarten und den Feind hier so lange aufzu¬ halten, bis es die Verhältnisse wieder möglich machen, aus der Defensive in ^ne kräftige Offensive überzugehen, um den Feind aus dein eigenen Gebiet hinauszuwerfen. Eine Armee, welche zwischen den Flüssen Etsch und Mincio auf d'e Festungen gestützt eine Stellung einnimmt, versperrt einer sardinischen oder ^nzösischm Armee nicht nur den directen Weg aus Italien nach den deutschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/153>, abgerufen am 24.07.2024.