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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Trotz alledem ist ein nicht geringer Theil des Volks in Ocstreichisch-Jta-
Uen der Regierung feindlich gesinnt, und die Stellung der letztem unsicher.
Oestreich kann gegenwärtig in Italien bedroht werden, entweder blos durch
eine revolutionäre Erhebung, die entweder ganz Italien umfaßt oder sich
"in auf Oestreichisch-Jtalien beschränkt; oder durch einen Angriff Sardiniens,
der eine nationale Erhebung in der Lombardei unterstützte, ohne eine solche
kaum recht möglich wäre; endlich drittens durch Frankreich mit Sardinien
verbunden, wenn das französische Cabinet sich zu einer Einmischung in die
italienischen Angelegenheiten entschlösse, in welchem Falle auch ein Theil der
italienischen Nation mitzubekämpfen sein dürfte.

Gegen eine Erhebung der Bevölkerung allein, wozu diese infolge des leicht
^baren. sanguinischen Nationalcharakters, der die Italiener zu schlcchtrech-
uenden Politikern macht, geneigter ist. als man glauben sollte, und welche,
begünstigt von Piemont. durch die italienische Emigration angezettelt würde,
ist die in Italien befindliche Militärmacht, besonders nach der soeben erfolg¬
en Verstärkung der Armee mehr als genügend. Die Festungen sind mit star¬
rn Garnisonen versehen, die meisten offnen Städte, wie Mailand. Brescia.
^rgamo. Pavia haben überdies feste Citadellen, aus frühern Zeiten stam¬
mende Schlösser, jetzt zu dem Zwecke hergerichtet, den Truppen ein Neduit
et°gen etwaige Aufruhrsversuche der Bevölkerung zu verschaffen, um die Stadt
°Ah ihnen ' wirksam zu beherrschen, selbst, wenn die Garnison sür einige
Zeit weggezogen werden müßte und nur eine kleine Besatzung zurückbleiben
könnte. An der Spitze der Militär- und Civilbehördcn stehen Männer, welche
^ Gefahr kennen, auf selbe vorbereitet sind, und ihr zu begegnen wissen
werden. Die ackerbautreibende Bevölkerung (die Colonen) hat Oestreich nicht
^gen sich. Nur der Adel und der Bürgerstand, überhaupt die Städtebewohner
^'d gegen die Negierung entschieden feindlich gesinnt, und diese Classen allein
Ziegen nicht schwer genug, um ernste Befürchtungen einzuflößen. Jsolirt. ohne
°'ner Unterstützung von außen sicher zu sein, werden sie gewiß auch nicht den Ver¬
buch eines Krawalls machen; denn gegen die starke militärische Stellung
Oestreichs hätte ein Aufstand nicht die geringste Aussicht auf Erfolg, und
jenem Ueberfluß von Muth, der die Vorsicht aus den Augen läßt, leidet
Italiener durchaus nicht

Anders stellt sich die Frage, wenn Sardinien, der erklärte Gegner Oest¬
reichs, die Stütze und Hoffnung aller die Befreiung von den Deutschen hoffen¬
de" Lombarden, abermals einen Versuch macht, Oestreich aus Italien hinaus¬
drängen, wobei wir den für Piemont günstigern und in der That auch
^brscheinlichern Fall annehmen, daß dieser Versuch von Sardinien eben-
nicht isolirr, sondern in Uebereinstimmung mit der nationalen Partei in
Oestreichisch-Jtalien und in einem sür die Ausführung geeigneten Moment


,8*

Trotz alledem ist ein nicht geringer Theil des Volks in Ocstreichisch-Jta-
Uen der Regierung feindlich gesinnt, und die Stellung der letztem unsicher.
Oestreich kann gegenwärtig in Italien bedroht werden, entweder blos durch
eine revolutionäre Erhebung, die entweder ganz Italien umfaßt oder sich
"in auf Oestreichisch-Jtalien beschränkt; oder durch einen Angriff Sardiniens,
der eine nationale Erhebung in der Lombardei unterstützte, ohne eine solche
kaum recht möglich wäre; endlich drittens durch Frankreich mit Sardinien
verbunden, wenn das französische Cabinet sich zu einer Einmischung in die
italienischen Angelegenheiten entschlösse, in welchem Falle auch ein Theil der
italienischen Nation mitzubekämpfen sein dürfte.

Gegen eine Erhebung der Bevölkerung allein, wozu diese infolge des leicht
^baren. sanguinischen Nationalcharakters, der die Italiener zu schlcchtrech-
uenden Politikern macht, geneigter ist. als man glauben sollte, und welche,
begünstigt von Piemont. durch die italienische Emigration angezettelt würde,
ist die in Italien befindliche Militärmacht, besonders nach der soeben erfolg¬
en Verstärkung der Armee mehr als genügend. Die Festungen sind mit star¬
rn Garnisonen versehen, die meisten offnen Städte, wie Mailand. Brescia.
^rgamo. Pavia haben überdies feste Citadellen, aus frühern Zeiten stam¬
mende Schlösser, jetzt zu dem Zwecke hergerichtet, den Truppen ein Neduit
et°gen etwaige Aufruhrsversuche der Bevölkerung zu verschaffen, um die Stadt
°Ah ihnen ' wirksam zu beherrschen, selbst, wenn die Garnison sür einige
Zeit weggezogen werden müßte und nur eine kleine Besatzung zurückbleiben
könnte. An der Spitze der Militär- und Civilbehördcn stehen Männer, welche
^ Gefahr kennen, auf selbe vorbereitet sind, und ihr zu begegnen wissen
werden. Die ackerbautreibende Bevölkerung (die Colonen) hat Oestreich nicht
^gen sich. Nur der Adel und der Bürgerstand, überhaupt die Städtebewohner
^'d gegen die Negierung entschieden feindlich gesinnt, und diese Classen allein
Ziegen nicht schwer genug, um ernste Befürchtungen einzuflößen. Jsolirt. ohne
°'ner Unterstützung von außen sicher zu sein, werden sie gewiß auch nicht den Ver¬
buch eines Krawalls machen; denn gegen die starke militärische Stellung
Oestreichs hätte ein Aufstand nicht die geringste Aussicht auf Erfolg, und
jenem Ueberfluß von Muth, der die Vorsicht aus den Augen läßt, leidet
Italiener durchaus nicht

Anders stellt sich die Frage, wenn Sardinien, der erklärte Gegner Oest¬
reichs, die Stütze und Hoffnung aller die Befreiung von den Deutschen hoffen¬
de» Lombarden, abermals einen Versuch macht, Oestreich aus Italien hinaus¬
drängen, wobei wir den für Piemont günstigern und in der That auch
^brscheinlichern Fall annehmen, daß dieser Versuch von Sardinien eben-
nicht isolirr, sondern in Uebereinstimmung mit der nationalen Partei in
Oestreichisch-Jtalien und in einem sür die Ausführung geeigneten Moment


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[0149] Trotz alledem ist ein nicht geringer Theil des Volks in Ocstreichisch-Jta- Uen der Regierung feindlich gesinnt, und die Stellung der letztem unsicher. Oestreich kann gegenwärtig in Italien bedroht werden, entweder blos durch eine revolutionäre Erhebung, die entweder ganz Italien umfaßt oder sich "in auf Oestreichisch-Jtalien beschränkt; oder durch einen Angriff Sardiniens, der eine nationale Erhebung in der Lombardei unterstützte, ohne eine solche kaum recht möglich wäre; endlich drittens durch Frankreich mit Sardinien verbunden, wenn das französische Cabinet sich zu einer Einmischung in die italienischen Angelegenheiten entschlösse, in welchem Falle auch ein Theil der italienischen Nation mitzubekämpfen sein dürfte. Gegen eine Erhebung der Bevölkerung allein, wozu diese infolge des leicht ^baren. sanguinischen Nationalcharakters, der die Italiener zu schlcchtrech- uenden Politikern macht, geneigter ist. als man glauben sollte, und welche, begünstigt von Piemont. durch die italienische Emigration angezettelt würde, ist die in Italien befindliche Militärmacht, besonders nach der soeben erfolg¬ en Verstärkung der Armee mehr als genügend. Die Festungen sind mit star¬ rn Garnisonen versehen, die meisten offnen Städte, wie Mailand. Brescia. ^rgamo. Pavia haben überdies feste Citadellen, aus frühern Zeiten stam¬ mende Schlösser, jetzt zu dem Zwecke hergerichtet, den Truppen ein Neduit et°gen etwaige Aufruhrsversuche der Bevölkerung zu verschaffen, um die Stadt °Ah ihnen ' wirksam zu beherrschen, selbst, wenn die Garnison sür einige Zeit weggezogen werden müßte und nur eine kleine Besatzung zurückbleiben könnte. An der Spitze der Militär- und Civilbehördcn stehen Männer, welche ^ Gefahr kennen, auf selbe vorbereitet sind, und ihr zu begegnen wissen werden. Die ackerbautreibende Bevölkerung (die Colonen) hat Oestreich nicht ^gen sich. Nur der Adel und der Bürgerstand, überhaupt die Städtebewohner ^'d gegen die Negierung entschieden feindlich gesinnt, und diese Classen allein Ziegen nicht schwer genug, um ernste Befürchtungen einzuflößen. Jsolirt. ohne °'ner Unterstützung von außen sicher zu sein, werden sie gewiß auch nicht den Ver¬ buch eines Krawalls machen; denn gegen die starke militärische Stellung Oestreichs hätte ein Aufstand nicht die geringste Aussicht auf Erfolg, und jenem Ueberfluß von Muth, der die Vorsicht aus den Augen läßt, leidet Italiener durchaus nicht Anders stellt sich die Frage, wenn Sardinien, der erklärte Gegner Oest¬ reichs, die Stütze und Hoffnung aller die Befreiung von den Deutschen hoffen¬ de» Lombarden, abermals einen Versuch macht, Oestreich aus Italien hinaus¬ drängen, wobei wir den für Piemont günstigern und in der That auch ^brscheinlichern Fall annehmen, daß dieser Versuch von Sardinien eben- nicht isolirr, sondern in Uebereinstimmung mit der nationalen Partei in Oestreichisch-Jtalien und in einem sür die Ausführung geeigneten Moment ,8*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/149>, abgerufen am 24.07.2024.